In städti­schen Parks und Grünan­la­gen stapelt sich der Müll von To-go-Verpa­ckun­gen. Beson­ders an den sperri­gen Pizza­kar­tons stören sich viele Kommu­nen. Kann eine Pfand­re­ge­lung helfen?

Meist wird die belieb­te Pizza in sperri­gen Kartons trans­por­tiert, die dann oft sämtli­che Müllei­mer in den Grünan­la­gen verstop­fen oder sich zusam­men mit anderem Verpa­ckungs­müll bei den Abfall­be­häl­tern stapeln. Viele Kommu­nen schla­gen Alarm, denn für die Entsor­gung von Verpa­ckungs- und Plastik­müll aus Abfall­ei­mern und Umwelt müssen sie jährlich Millio­nen­be­trä­ge aufwen­den. Kann eine Pfand­re­ge­lung helfen?

Die Pizza­kar­ton-Flut sei «zu einem Symbol für den Anstieg beim Müllauf­kom­men in der Corona-Zeit gewor­den», teilt die Stadt Nürnberg mit. In den inner­städ­ti­schen Grünan­la­gen habe es in der Pande­mie eine deutli­che Zunah­me an Verpa­ckungs­müll gegeben — neben den Pizza­kar­tons vor allem auch To-go-Kaffee­be­cher und Flaschen. Ähnli­che Beschwer­den gab es zuletzt unter anderem aus Hamburg und Magdeburg.

Antonio Furnari, Mitglied der Pizza-Natio­nal­mann­schaft, nimmt im Zuge der Corona-Pande­mie bundes­weit ein steigen­des, wenn auch schwan­ken­des Mitnah­me­ge­schäft wahr. Furnari betreibt eine Pizze­ria in Greven in Nordrhein-Westfa­len und zählt seit einigen Monaten zum Kader der Natio­nal­mann­schaft. Zu dem Team, welches das deutsche Pizza­hand­werk reprä­sen­tie­ren soll, gehören knapp 20 der renom­mier­tes­ten Pizzabäcker.

Die Menge der täglich in Deutsch­land in Umlauf gebrach­ten Pizza­kar­tons lasse sich konkret nicht abschät­zen, sagt Furnari. Es seien aber mutmaß­lich mehr als im Pizza-Mutter­land Itali­en selbst, weil die Italie­ner ihre Pizza meist in den Lokalen genössen.

Einer bundes­wei­ten Studie zufol­ge machten Verpa­ckungs- und Plastik­müll zuletzt fast die Hälfte des gesam­ten Straßen­keh­richts aus — wohl auch wegen der Fülle an To-go-Verpa­ckun­gen. Weil ihre Zerset­zung oft Jahrzehn­te dauert, gelten Einweg­pro­duk­te und kunst­stoff­hal­ti­ge Verpa­ckun­gen als beson­ders umweltschädlich.

Umwelt­mi­nis­te­rin Svenja Schul­ze (SPD) hat vor diesem Hinter­grund kürzlich betont, die Inver­kehr­brin­ger solcher Verpa­ckun­gen stärker zur Kasse bitten zu wollen bei der Sammlung und Verwer­tung der Abfäl­le. Zustim­mung kommt etwa vom Deutschen Städte- und Gemein­de­bund und vom Deutschen Städtetag.

Aller­dings reicht die Kosten­um­ver­tei­lung Schul­ze zufol­ge zum Umwelt­schutz nicht aus. Auch das reine Erset­zen von Plastik- durch Pappver­pa­ckun­gen sei nicht zielfüh­rend: «Die Alter­na­ti­ve muss Mehrweg sein», forder­te die Minis­te­rin. Die Deutsche Umwelt­hil­fe (DUH) fordert konkret eine verbind­li­che Mehrwegquote.

Auf kommu­na­ler Ebene wird die Forde­rung nach einer Pfand­pflicht für Pizza­kar­tons und andere To-go-Verpa­ckun­gen laut. Dies verspre­che eine klare Entlas­tung bei der Reini­gung öffent­li­cher Plätze, heißt es von der Stadt Nürnberg. «Hier sollte es eine einheit­li­che Regelung für alle Städte und Kommu­nen geben», sagt der Dritte Bürger­meis­ter Chris­ti­an Vogel (SPD). Eine Änderung des Verpa­ckungs­ge­set­zes und die Auswei­tung einer Pfand­pflicht über Flaschen hinaus wäre Sache des Bundes.

Aus Sicht des Bundes­um­welt­mi­nis­te­ri­ums ist eine Pfand­pflicht für Pizza­kar­tons und Co. nicht sinnvoll. Beson­ders in der Corona-Pande­mie gebe es durch die oft starken Verschmut­zun­gen der Behäl­ter hygie­ni­sche Einwän­de, sagt ein Ministeriumssprecher.

Auch Pizza­bä­cker Furnari hält eine Pfand­re­ge­lung für hygie­nisch bedenk­lich. «Es ist weniger appetit­lich, da es ja doch immer Essens­rück­stän­de in den Kartons gibt.» Auch für das Geschäft sei ein Pizza­kar­ton-Pfand schlecht, befürch­tet Furnari: «Ich bin der Meinung, dass eine Pfand­re­ge­lung weniger Kunden besche­ren würde.» Das Mitnah­me- und Liefer­ge­schäft sei vor allem ein Bequemlichkeitsfaktor.

Die Idee einer Pizza-Mehrweg­ver­pa­ckung sei zwar grund­sätz­lich inter­es­sant, aber schwer umsetz­bar, sagt der Pizza­bä­cker: «Da müsste man sich Gedan­ken über das Materi­al machen.» Karton sei kurzle­big und könne durch Hitze aufwei­chen. Am Ende blieben die Gastro­no­men mit der Entsor­gung der Verpa­ckungs­mas­sen allein.

Lassen sich die Kartons denn faltba­rer gestal­ten, damit sie besser in die Müllei­mer passen? Nur schwer, sagt Furnari. Weil die Pizza­kar­tons eine Grund­sta­bi­li­tät bräuch­ten, lasse sich das bewähr­te Format nicht einfach ändern. «Aller­dings lassen sich die Kartons mit zwei, drei Handgrif­fen wieder ausein­an­der­neh­men und sind platzsparender.»

Verbind­li­che Vorga­ben für eine entspre­chen­de Herstel­lung kann das Bundes­um­welt­mi­nis­te­ri­um dem Sprecher zufol­ge nicht erlas­sen. Natio­na­le Gestal­tungs­an­for­de­run­gen dieser Art würden den europäi­schen Binnen­markt einschrän­ken und seien europa­recht­lich nicht zulässig.

Ökolo­gi­sche Vorstö­ße beobach­te man in der Pizza-Branche trotz Pfand-Skepsis mit Inter­es­se, sagt Furnari. Eine Firma für Servi­et­ten­her­stel­lung habe beispiels­wei­se kürzlich einen biolo­gisch abbau­ba­ren Pizza­kar­ton entwi­ckelt — noch seien derar­ti­ge Verpa­ckungs­ma­te­ria­li­en aber für die Gastro­no­men einfach zu teuer. «In der Hinsicht müsste noch einiges passie­ren. Wenn dann der Preis passt, werden wir gerne mithel­fen, auf solche Kartons umzustellen.»