OFFENBACH (dpa) — «Ein Tief drückt dem nächs­ten Tief quasi die Klinke in die Hand», heißt es beim Deutschen Wetter­dienst. Und schon der Freitag ist vieler­orts sehr ungemüt­lich — bis gefährlich.

Ein Regen­guss nach dem anderen, Unwet­ter und Überschwem­mun­gen: Insbe­son­de­re im Süden Deutsch­lands ist es am Freitag zu zahlrei­chen wetter­be­ding­ten Notfäl­len und Einsät­zen von Polizei und Feuer­wehr gekommen.

Schwer betrof­fen war der fränki­sche Landkreis Neustadt an der Aisch-Bad Winds­heim: Dort wurde der Katastro­phen­fall ausge­ru­fen. Der Unter­richt an den Schulen sei einge­stellt worden, teilte das Landrats­amt mit. Und: Auch in den kommen­den Tagen soll es vieler­orts nass und ungemüt­lich bleiben. Der Deutsche Wetter­dienst (DWD) kündig­te wechsel­haf­tes Wetter an.

Baden-Württem­berg und Bayern beson­ders betroffen

Am Freitag ließen die Unwet­ter mit Stark­re­gen auch in Baden-Württem­berg die Flüsse anschwel­len. Vor allem im Osten des Landes waren Straßen und Keller überflu­tet. Im Kreis Ravens­burg am Boden­see wurden Straßen gesperrt, Aquapla­ning führte zu Unfäl­len, Autos steck­ten im Wasser fest. In mehre­ren Orten rutsch­ten Hänge ab.

Die Hochwas­ser­vor­her­sa­ge­zen­tra­le (HVZ) Baden-Württem­berg melde­te Hochwas­ser unter anderem bei Riß, Rems, Kocher und Jagst. Am Riß-Pegel Nieder­kirch südlich von Ulm wurde am Freitag­mit­tag ein Wasser­stand von 2,77 Meter gemes­sen, normal ist dort ein Meter. In den vergan­ge­nen Wochen sei es dort somit zum dritten Mal zu einem solch selte­nen Ereig­nis durch Stark­re­gen gekom­men, sagte ein HVZ-Experte.

Hochwas­ser­war­nun­gen im Norden Bayerns

Im Norden Bayerns wurden für mehre­re Gebie­te Hochwas­ser­war­nun­gen ausge­ru­fen. In Wilherms­dorf (Landkreis Fürth) waren viele Menschen ohne Strom. Es habe einen komplet­ten Strom­aus­fall im Ortskern gegeben, sagte Kreis­brand­rat Frank Bauer. Er rechne aber damit, dass der Schaden noch am Abend behoben werden könne.

Nicht nur im Landkreis Neustadt an der Aisch-Bad Winds­heim sondern auch in der Stadt Ansbach wurde der Katastro­phen­fall ausge­ru­fen. Zum Teil seien ganze Ortschaf­ten des Kreises von der Außen­welt abgeschnit­ten gewesen, sagte Matthi­as Hirsch, Sprecher des Landkrei­ses Neustadt an der Aisch-Bad Winds­heim. Verletzt sei aber niemand worden — das melde­ten am Freitag auch die Leitstel­len der anderen betrof­fe­nen Gebie­te in Franken. Die Regen­fäl­le ließen am Abend nach.

Allzeit-Pegel­hoch inner­halb weniger Stunden

Nach Angaben des Hochwas­ser­nach­rich­ten­diens­tes Bayern stiegen die Pegel­stän­de in der Gegend rasant. Die Zenn stieg bei Stöck­ach inner­halb weniger Stunden um rund 2,50 Meter auf ein Allzeit-Pegel­hoch an. Auch Sulzach oder Altmühl verzeich­ne­ten teils meter­ho­he Anstie­ge. Vor allem in Mittel­fran­ken, aber auch in anderen Regio­nen wurden Überschrei­tun­gen bis zu Melde­stu­fe 4 angege­ben, bei der bebau­te Gebie­te in größe­rem Umfang überflu­tet sind oder der Einsatz der Wasser- oder Dammwehr in großem Umfang erfor­der­lich ist. In Unter­fran­ken war die A3 nach Angaben des Landkrei­ses Kitzin­gen zwischen Wiesen­t­heid und Schwarz­ach gesperrt.

Im Westen Deutsch­lands gab es einen nassen Rekord: Nie zuvor waren die Talsper­ren des Ruhrver­bands an einem 9. Juli so voll wie am Freitag. Dies teilte der Wasser­wirt­schafts­ver­band in Essen mit. Der Füllstand der acht Talsper­ren lag bei 113 Prozent vom langjäh­ri­gen Mittel. Im Schnitt waren die Talsper­ren zu knapp 96 Prozent gefüllt.

Feuch­te Aussichten

«Ein Tief drückt dem nächs­ten Tief quasi die Klinke in die Hand», sagte ein DWD-Meteo­ro­lo­ge mit Blick auf die kommen­den Tage. Am Samstag sorge ein kurzes Zwischen­hoch für eine Wetter­be­ru­hi­gung mit etwas Sonne, bevor am Nachmit­tag von Westen her die nächs­te Gewit­ter­zo­ne heran­zie­he. Vom Emsland bis zum Schwarz­wald und am Alpen­rand drohen dann wieder starke Gewit­ter, Hagel, Stark­re­gen und Sturm­bö­en. In der Nordost­hälf­te betra­gen die Tempe­ra­tu­ren 20 bis 25 Grad, in der Südost­hälf­te steigen sie bis auf 28 Grad. Dort bleibt es länger trocken.

Am Sonntag soll es vom Emsland bis zum Erzge­bir­ge zeitwei­se schau­er­ar­tig regnen. Lokale Gewit­ter sind laut DWD ebenfalls möglich. Während im Nordos­ten ebenfalls einzel­ne Schau­er drohen, gibt es im Süden und im Westen länge­re sonni­ge Abschnit­te und es bleibt meist trocken. Die Tempe­ra­tu­ren steigen auf bis zu 29 Grad. Im Westen und Nordwes­ten ist es mit bis zu 24 Grad etwas kühler.

Der Wochen­start wird dann wieder ungemüt­lich. Ein Tief über Westeu­ro­pa führt in Schüben feucht­war­me Luft nach Deutsch­land. Es drohen weite­re Stark­re­gen­fäl­le, Schau­er und Gewitter.