Mehr als eine Viertel­mil­li­on Menschen aus aller Welt trieben die Natio­nal­so­zia­lis­ten im Konzen­tra­ti­ons­la­ger Buchen­wald bei Weimar zusam­men. Zehntau­sen­de starben. Vor 76 Jahren wurde das Lager befreit.

WEIMAR (dpa) — Bundes­prä­si­dent Frank-Walter Stein­mei­er und Thürin­gens Minis­ter­prä­si­dent Bodo Ramelow (Linke) haben dazu aufge­ru­fen, die Erinne­rung an die Verbre­chen und die Barba­rei der Natio­nal­so­zia­lis­ten wachzuhalten.

Das sei Aufga­be aller Demokra­ten, sagten sie am Sonntag bei einer Gedenk­fei­er zum 76. Jahres­tag der Befrei­ung des Konzen­tra­ti­ons­la­gers Buchen­wald in Weimar. «Nicht, weil wir heute Verant­wor­tung dafür tragen, was damals gesche­hen ist, sondern weil wir alle, die wir uns als Menschen begrei­fen, Verant­wor­tung dafür tragen, dass es nie wieder geschieht», erklär­te der Bundes­prä­si­dent. «Buchen­wald steht für Rassen­wahn, Folter, Mord und Vernichtung.»

Ramelow sagte: «Wir werden die Erinne­rung nicht in ein Museum überstel­len können. Sie bleibt Tages­auf­ga­be.» Thürin­gens Landtags­prä­si­den­tin Birgit Keller äußer­ten sich beunru­higt angesichts zuneh­men­der rechter Tenden­zen in Deutsch­land. «Wenn Menschen heute ehema­li­ge Häftlings­uni­for­men nutzen und damit ihre Wut und ihre populis­ti­schen Zitate in die Welt schrei­en, da dürfen wir weder zuschau­en, noch dürfen wir das alles unwider­spro­chen lassen», sagte Keller bei der Kranz­nie­der­le­gung in der KZ-Gedenk­stät­te Buchen­wald. Ramelow kriti­sier­te, dass Impfgeg­ner den David­stern benutz­ten, den Juden auf Geheiß der Nazis tragen mussten. Das sei der Anfang der Vernich­tung der Juden gewesen.

In das Konzen­tra­ti­ons­la­ger Buchen­wald bei Weimar hatten die Nazis zwischen 1937 und 1945 mehr als eine Viertel­mil­li­on Menschen aus vielen Ländern verschleppt. 56.000 Menschen wurden ermor­det oder starben an Folter, Hunger, Kälte und Zwangs­ar­beit. Am 11. April 1945 wurde das Lager mit Hilfe ameri­ka­ni­scher Truppen befreit.

Beunru­hi­gend bleibe dieser Ort ganz in der Nähe der Stadt von Goethe und Schil­ler bis heute, sagte der Bundes­prä­si­dent. Er stehe für das Neben­ein­an­der von Hochkul­tur und Barba­rei in der deutschen Geschich­te. Es sei nicht allein die Zahl der Toten, «es sind die Umstän­de, unter denen Menschen in Buchen­wald entrech­tet und ausge­beu­tet, gequält und getötet worden sind, die den Schre­cken dieses Ortes ausma­chen. Es ist die Umkehr aller Werte, die Perver­si­on des Rechts, der Moral und der Mensch­lich­keit.» Und es sei die Auswahl des Ortes, die Nachbar­schaft zu Weimar, einer Stadt, die einen Namen in der Welt habe und verbun­den sei mit der ersten demokra­ti­schen Verfas­sung in Deutschland.

Bei der im Inter­net übertra­ge­nen Gedenk­ver­an­stal­tun­gen kamen auch Überle­ben­de des Konzen­tra­ti­ons­la­gers unter anderem aus den USA, Itali­en oder Frank­reich zu Wort. Sie konnten wegen der Corona-Pande­mie nicht wie in den Vorjah­ren einge­la­den werden. Die Überle­ben­de Éva Fahidi-Pusztai wende­te sich vor allem an die junge Genera­ti­on: «Das wichtigs­te, was man für die Gesell­schaft tun kann, ist, den Hass aus dem gesell­schaft­li­chen Leben zu verban­nen», sagte Fahidi-Pusztai.

Erinnert wurde bei der Gedenk­ver­an­stal­tung auch an die Opfer des KZ Mittel­bau-Dora bei Nordhau­sen. Dort hatten die Nazis etwa 60.000 Menschen dazu gezwun­gen, in unter­ir­di­schen Stollen Raketen zu bauen. Mindes­tens 20.000 von ihnen starben.

Zur Kranz­nie­der­le­gung auf dem Appell­platz der KZ-Gedenk­stät­te Buchen­wald fanden sich trotz strik­ter Corona-Regeln auch einzel­ne Gäste zum stillen Geden­ken ein. Sie legten Blumen nieder. Am Theater­platz in Weimar gab es eine Kunstinstallation.