BERLIN (dpa) — Der Bau der Berli­ner Mauer vor 60 Jahren brach­te vielen Menschen Leid, manchen den Tod. Zum Jahres­tag erinnert der Bundes­prä­si­dent an die Opfer — und verbin­det das mit einer Mahnung.

60 Jahre nach dem Bau der Berli­ner Mauer hat Bundes­prä­si­dent Frank-Walter Stein­mei­er an die Opfer der jahrzehn­te­lan­gen Teilung erinnert und das einsti­ge Bollwerk als «Zeugnis eines hoffnungs­lo­sen Schei­terns» bezeichnet.

«Die Mauer war das unüber­seh­ba­re Zeichen eines Unrechts­staa­tes, der in den Augen seiner eigenen Bürge­rin­nen und Bürger weder souve­rän noch legitim war. Im Grunde der Anfang vom Ende — das aller­dings noch allzu lange auf sich warten ließ», sagte Stein­mei­er am Freitag beim zentra­len Geden­ken in Berlin.

«Der 13. August 1961 war ein Schick­sals­tag für uns Deutsche und für die Welt — und ein Tag, der Träume und Hoffnun­gen zerstör­te, der Kinder von Eltern, Enkel von Großel­tern trenn­te, der schmerz­lich und leidvoll in das Leben ungezähl­ter einzel­ner Menschen eingriff», sagte er weiter. «Wenn wir heute an den Mauer­bau erinnern, dann erinnern wir uns auch an die Toten und Verletz­ten und an die Verhaf­te­ten — an alle, die ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben um der Freiheit willen.»

Bundes­kanz­le­rin Angela Merkel (CDU) lenkte ebenso das Augen­merk auf die Mauer­to­ten. «Wir denken auch an jene, die nach einem geschei­ter­ten Flucht­ver­such in Gefäng­nis­sen wie Berlin- Hohen­schön­hau­sen Haft, Misshand­lung, Entwür­di­gung erlei­den mussten», sagte Regie­rungs­spre­cher Steffen Seibert. Die Aufar­bei­tung der Dikta­tur in der DDR und die Erinne­rung an ihre Opfer «ist unsere Aufga­be und Pflicht für die Zukunft», beton­te er. Dafür werde sich der Bund auch weiter­hin mit erheb­li­chen Mitteln einsetzen.

Der Bundes­prä­si­dent rief ebenfalls dazu auf, es nicht beim Rückblick zu belas­sen. Die Erinne­rung an Mauer und Teilung sei eine bleiben­de Heraus­for­de­rung. «Freiheit und Demokra­tie sind nie natur­ge­ge­ben und nie ein für alle Mal erreicht. Freiheit und Demokra­tie müssen erkämpft, dann aber auch geschützt, vertei­digt und erhal­ten werden.» Das fange mit der Betei­li­gung an demokra­ti­schen Wahlen an, «Wahlen, die die Mauer und das, wofür sie stand, so lange so vielen verwehr­te. Denken Sie alle daran, wenn bald ein neuer Bundes­tag gewählt wird.»

28 Jahre hielt die Mauer um Berlin

Am 13. August 1961 hatte der Bau der Berli­ner Mauer begon­nen, der die deutsche Teilung besie­gel­te. Das Bollwerk war rund 155 Kilome­ter lang und umschloss den Westteil Berlins. 45 Kilome­ter lang verlief die Mauer quer durch die Stadt. Erst nach mehr als 28 Jahren ging die Teilung mit dem Mauer­fall am 9. Novem­ber 1989 zu Ende. Allein in Berlin starben nach dem Mauer­bau nach wissen­schaft­li­chen Erkennt­nis­sen mindes­tens 140 Menschen durch das DDR-Grenz­re­gime. An der inner­deut­schen Grenze waren laut Bundes­re­gie­rung mindes­tens 260 Todes­op­fer zu beklagen.

«Nirgend­wo sonst hat sich der menschen­ver­ach­ten­de Charak­ter der SED-Dikta­tur so offen­sicht­lich gezeigt wie bei der Mauer», sagte Berlins Regie­ren­der Bürger­meis­ter Micha­el Müller (SPD) bei der Gedenk­stun­de. «Bis in die 80er Jahre hinein perfek­tio­nier­te die DDR-Führung die inner­ber­li­ner Grenze zu einem Bauwerk von schier unüber­wind­li­cher Monstro­si­tät.» Trotz­dem hätten viele versucht, die Mauer zu überwin­den, viele hätten das mit ihrem Leben bezahlt.

«Dass die Wieder­ver­ei­ni­gung Berlins an der Nahtstel­le von Ost und West so wunder­bar gelun­gen sei, ist ein großer Triumph über Jahrzehn­te der Teilung», so Müller. Dies sei aber auch ein großer Triumph für jene Ostdeut­schen, die 1989 mutig auf der Straße für ihre Freiheit demons­triert und die Mauer zu Fall gebracht hätten.

Auch SPD-Kanzler­kan­di­dat Olaf Scholz würdig­te die Leistung der DDR-Bürger bei der Überwin­dung der deutschen Teilung. «Das ist von den Bürge­rin­nen und Bürgern zustan­de gebracht worden — die haben die Mauer einge­ris­sen», sagte er bei einer Gedenk­ver­an­stal­tung in Potsdam. FDP-General­se­kre­tär Volker Wissing erklär­te, der Jahres­tag des Mauer­baus sei «Mahnung und Verpflich­tung zugleich, unermüd­lich für die Freiheit einzutreten».

Grünen-Kanzler­kan­di­da­tin Annale­na Baerbock sagte in Berlin, der Jahres­tag sei «immer auch eine Mahnung für den Kampf für Freiheit, für Demokra­tie und für Menschen­rech­te» und zeige, dass Mauern auch heute keine Proble­me lösen können.

Foto-Aktion zur Erinnerung

CDU-General­se­kre­tär Paul Ziemi­ak sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Die Mauer war zemen­tier­te Menschen­ver­ach­tung. Sie ist noch heute das sicht­bars­te Symbol für das Unrecht der SED-Dikta­tur, für das Regime der alten SED-Greise, der gefälsch­ten Wahlen, der Unfrei­heit, der Verfol­gung, der Schika­ne. Und auch für die wirtschaft­li­che Misere der Planwirt­schaft.» Die Erinne­rung an dieses Unrecht müsse wachge­hal­ten werden und fester Bestand­teil der Erinne­rungs­kul­tur bleiben.

An mehr als 300 Orten in Berlin erinnern seit Freitag Plaka­te an den Mauer­bau. Sie zeigten bekann­te und weniger bekann­te histo­ri­sche Motive, auf denen die Bedeu­tung des Mauer­baus in ihrer ganzen Tragik deutlich werde, teilte die Kultur­pro­jek­te GmbH mit. Es gehe um Stachel­draht, zerris­se­ne Famili­en, Flucht, Protest, Militär und die Opfer des DDR-Grenzregimes.