KARLSRUHE (dpa/lsw) — Der Südwes­ten bleibt Top-Adres­se für Feinschme­cker — und hat noch einige neue Gourmet-Lokale hinzu­be­kom­men. Bei der Verlei­hung der Miche­lin-Sterne schnei­det Baden-Württem­berg beson­ders gut ab.

Klassi­sches Mittags­me­nü, querbeet oder lieber Grünzeug? Hinter manch prosa­ischer Speise­kar­te verbirgt sich eine raffi­nier­te Küche. Beim Karls­ru­her Restau­rant «sein» ist das so. Es gehört wie die «Mühle» in Schluch­see zu den neuen Zwei-Sterne-Lokalen im «Guide Miche­lin». Bei der Verlei­hung am Diens­tag­abend in Karls­ru­he wurden elf Häuser im Südwes­ten neu ausge­zeich­net, davon neun mit einem Stern.

Insge­samt gibt es nun im Südwes­ten 64 Ein-Sterne-Lokale, 10 Zwei-Sterne-Lokale und 2 Gourmet­tem­pel der höchs­ten Drei-Sterne-Katego­rie im Schwarz­wald­ort Baier­s­bronn: das «Restau­rant Bareiss» und die «Schwarz­wald­stu­be». Zwei Lokale auf Weltklas­se-Niveau in einem so kleinen Ort sei schon mehr als beacht­lich, sagte Ralf Flinken­flü­gel, Direk­tor des «Guide Miche­lin» für Deutsch­land und die Schweiz. «Baier­s­bronn ist ein Highlight der inter­na­tio­na­len Gastro­no­mie.» Zumal auch die Ein-Sterne-Lokale «Schloss­berg» und das «1789» in dem Ort im Kreis Freuden­stadt sind.

Beacht­lich ist der Zuwachs an Sternen in Freiburg: Hier gibt es mit dem «Colom­bi Restau­rant», der «Eichhal­de» und der «Wolfs­höh­le» gleich drei neue Ein-Sterne-Restau­rants. Mit einem Stern schmü­cken sich nun auch «die burg» in Donau­eschin­gen, «Das garbo im Löwen» in Eggen­stein-Leopolds­hafen, das «Esszim­mer im Oberschwä­bi­schen Hof» in Schwen­di, das «Hegel Eins» in Stutt­gart, das «MARKOS» in Weingar­ten bei Ravens­burg und das «bi:braud» in Ulm, dessen Küchen­che­fin Alina Meiss­ner-Bebrout (32) zugleich mit dem «Young Chef Award» geehrt wurde. Als Somme­lier wurde Chris­to­phe Meyer aus dem «Le Pavil­lon» in Bad Peter­s­tal-Gries­bach ausge­zeich­net. Bei der Gelegen­heit verriet er am Diens­tag­abend den Party­trend: «Das ist Champagner.»

Gestri­chen wurden von der Sterne-Liste drei Adres­sen in Fellbach, Herren­berg und Mannheim — die Häuser sind geschlossen.

Bevor Thors­ten Bender vom Karls­ru­her «sein» den zweiten Stern im Empfang nehmen konnte, gab es einen Herzschlag-Moment. Der Modera­tor sagte: «Du wurdest von der Liste der Ein-Sterne genom­men.» Um dann zu verra­ten, dass Bender nun zwei Sterne hat. Da kam selbst ein hartge­sot­te­ner Koch ins Schwitzen.

Erstaunt regis­trier­ten die Tester die Entwick­lung seines Restau­rants «sein». Das Erfolgs­re­zept könnte damit zusam­men­hän­gen, dass Thors­ten Bender die Corona-Zeit genutzt habe, um sich in inter­na­tio­na­len Top-Adres­sen weiter­zu­bil­den, neue Ideen zu entwi­ckeln und seine eigene Handschrift zu verfei­nern, meinte Flinken­flü­gel. Um Spitzen­koch zu werden, braucht es ihm zufol­ge gewis­se Voraus­set­zun­gen: «Man muss neugie­rig sein und ein bisschen verrückt — nach guten Produkten.»

Bundes­weit wurden dieses Mal 334 Sterne verge­ben — so viel wie nie. In Deutsch­land gibt es nun 10 Restau­rants mit drei Sternen. Aufstei­ger des Jahres ist Jan Hartwig, der mit seinem Münch­ner Restau­rant «Jan» aus dem Stand in den Drei-Sterne-Olymp sprang. Bevor er seinen dritten Stern unter viel Applaus bekam, kamen alle bishe­ri­gen Drei-Sterne-Köche auf die Bühne. «Ich bin sprach­los», sagte Hartwig und dankte seinem Team, seiner Lebens­ge­fähr­tin und seiner Familie. Man gebe jeden Tag sein Bestes. «Aber das kommt einem Traum gleich.» Außer­dem gibt es in Deutsch­land nun 50 Restau­rants mit zwei Sternen und 274 Restau­rants mit einem Stern.

Insge­samt lobten die Tester angesichts von schwie­ri­gen wirtschaft­li­chen Zeiten und Fachkräf­te­man­gel die bestän­di­ge Quali­tät der deutschen Gastro­no­mie. Sie waren angetan vom Mut und von der Flexi­bi­li­tät, mit der Gastro­no­men den verschie­de­nen Krisen trotzten.

Erfreu­lich sei auch das zuneh­men­de Bewusst­sein der Gastro­no­men für eine nachhal­ti­ge­re Arbeits­wei­se in den Restau­rants. «Viele machen sich für Nachhal­tig­keit stark und setzen in ihrer Küche auf Regio­na­li­tät und Saiso­na­li­tät.» Dies wurde im «Guide Miche­lin» mit dem «Grünen Stern» honoriert, allein in Baden-Württem­berg gibt es 15 Adres­sen, wobei 4 neu dazu kamen. Unter den bundes­weit 28 neuen Restau­rants mit dem besten Preis-Leistungs-Verhält­nis waren 10 aus Baden-Württemberg.

«Der Genuss-Süden bleibt die erste Adres­se für Feinschme­cker in Deutsch­land und der Welt», freute sich Baden-Württem­bergs Wirtschafts­staats­se­kre­tär Patrick Rapp über die neuen Sterne an Edel-Restau­rants in Baden-Württem­berg. Ein Miche­lin-Stern bedeu­tet für die Gastro­no­men eine große Anerken­nung, sagte Heiner Finkbei­ner, Senior­chef der «Traube Tonbach» in Baier­s­bronn. «Ich bin außer­or­dent­lich froh, wenn unsere Aufga­be gewür­digt wird.»

Der Miche­lin-Guide erscheint inzwi­schen in 41 Ländern, neben Europa auch in den USA und Asien. Hinter dem renom­mier­ten roten Restau­rant­füh­rer steht der gleich­na­mi­ge franzö­si­sche Reifen­her­stel­ler. In Deutsch­land erschien der erste «Guide Miche­lin» 1910, damals aber noch «den Herren Automo­bi­lis­ten» gewid­met und vor allem mit Straßen­rou­ten verse­hen. Die ersten Miche­lin-Sterne in Deutsch­land wurden 1966 verliehen.

Neben dem «Guide Miche­lin» erscheint auch der Restau­rant­füh­rer «Gault&Millau» regel­mä­ßig als wichti­ger inter­na­tio­na­ler Gourmet-Ratge­ber. Er vergibt 0 bis 20 Punkte für die Restaurants.

Von Susan­ne Kupke, dpa