BERLIN (dpa) — Inner­halb der kommen­den Wochen sollen Corona-Maßnah­men nach und nach gelockert werden. Aber dazu, was nach dem 19. März passie­ren soll, gehen die Meinun­gen ausein­an­der — auch in der Ampel-Regierung.

In der Corona-Pande­mie rückt die Frage in den Mittel­punkt, welche Schutz­maß­nah­men nach dem 19. März noch möglich sein sollen. Bund und Länder beschlos­sen am Mittwoch einen Fahrplan für schritt­wei­se Locke­run­gen inner­halb der nächs­ten vier Wochen.

Auch danach soll ein «Basis­schutz» mit Masken­pflich­ten in Innen­räu­men, Bussen und Bahnen sowie mit Tests möglich bleiben. Dafür wird eine bundes­wei­te Rechts­grund­la­ge angestrebt. Die im Bund mitre­gie­ren­de FDP will aber nur eine Verlän­ge­rung der Masken­pflicht mittragen.

FDP-Bundes­tags­frak­ti­ons­chef Chris­ti­an Dürr sagte direkt nach der Minis­ter­prä­si­den­ten­kon­fe­renz: «Denkbar ist für uns, Regelun­gen zu treffen, die eine Verlän­ge­rung der Masken­pflicht erlau­ben.» Aber nachdem sich die breite Mehrheit der Menschen über zwei Jahre an eine Vielzahl von Corona-Aufla­gen gehal­ten habe, sehe er es als Pflicht und Aufga­be der Politik, Einschrän­kun­gen zurück­zu­neh­men, wenn sie der Virus­be­kämp­fung nicht länger dienten.

Scholz verspricht Einsatz

Bundes­kanz­ler Olaf Scholz (SPD) hatte den Ländern zugesi­chert, er werde sich dafür einset­zen, dass auch nach dem Auslau­fen des Infek­ti­ons­schutz­ge­set­zes am 19. März Regelun­gen zu Masken, Abstand und anderen Schutz­maß­nah­men aufge­grif­fen werden könnten. Sachsen und Baden-Württem­berg forder­ten in geson­der­ten Erklä­run­gen zum Bund-Länder-Beschluss, weiter­ge­hen­de Regeln recht­lich zu verlängern.

Auch der Grünen-Gesund­heits­exper­te Janosch Dahmen dringt auf weiter nötige Schutz­vor­keh­run­gen. «Die aktuel­le Lage erlaubt Locke­run­gen, aber keinen Leicht­sinn. Eine Trend­um­kehr ist jeder­zeit möglich», sagte der Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­te der Deutschen Presse-Agentur. «Dem Virus ist unser Kalen­der egal.» Die Länder bräuch­ten für den Frühling einen flexi­blen Maßnah­men­ka­ta­log für eine mögli­che Verschlech­te­rung der Lage. Dafür müssten im Bundes­tag die recht­li­chen Grund­la­gen bis zum 20. März geschaf­fen werden.

Der Präsi­dent des Deutschen Städte­ta­ges, Markus Lewe (CDU), sagte den Zeitun­gen der Funke-Medien­grup­pe, es sei nicht zu verant­wor­ten, die Instru­men­te für notwen­di­ge Schutz­maß­nah­men komplett aus der Hand geben. «Es muss jetzt schnell geklärt, dass der gesam­te Instru­men­ten­kas­ten auch nach dem 19. März zu Verfü­gung steht.» Die recht­li­chen Grund­la­gen für Schutz­maß­nah­men wie Masken tragen, Testen und Hygie­ne­re­geln müssten zügig verlän­gert werden. «Die Impflü­cke ist noch zu groß als dass wir unbeschwert die nächs­te Welle abwar­ten können», sagte er mit Blick auf die Corona-Impfungen.

Verletz­li­che Gruppen weiter schützen

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patien­ten­schutz, Eugen Brysch, forder­te, verletz­li­che Bevöl­ke­rungs­grup­pen müssten auch über den 19. März hinaus vor dem Corona­vi­rus geschützt sein. Er sagte dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land (RND): «Für staat­li­che Maßnah­men braucht es deshalb weiter­hin eine wirksa­me gesetz­li­che Ermäch­ti­gung anstel­le eines libera­len Aktio­nis­mus und dem Ausru­fen eines Freedom Days.» Bund und Länder stünden weiter­hin in der Pflicht, für die Menschen den Gesund­heits­schutz zu gewähr­leis­ten, die dazu selbst nicht in der Lage seien. «Das betrifft zwei Millio­nen ambulant und statio­när versorg­te Pflege­be­dürf­ti­ge», sagte Brysch. «Aber auch die halbe Milli­on Kranken­haus­pa­ti­en­ten dürfen nicht verges­sen werden.»

Auch die Gewerk­schaft Erzie­hung und Wissen­schaft (GEW) warnte vor zu schnel­len Öffnungs­schrit­ten in Schulen und Kitas. GEW-Chefin Maike Finnern sagte dem RND: «Es ist richtig, dass auch diese Einrich­tun­gen in die gesell­schaft­li­che Entwick­lung mitein­be­zo­gen werden — das muss aber mit Augen­maß gesche­hen, um den bestmög­li­chen Gesund­heits­schutz der Lehrkräf­te, Schüle­rin­nen und Schüler, Kinder sowie deren Eltern zu gewährleisten».

Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach (SPD) lehnt den Ausdruck «Freedom Day» für die beschlos­se­nen weitrei­chen­den Corona-Locke­run­gen bis zum 20. März ab. «Ich benut­ze diesen Begriff überhaupt nicht und finde auch nicht, dass er angemes­sen ist», sagte er am Mittwoch­abend in der ARD-Sendung «maisch­ber­ger. die woche». Auch künftig gebe es noch immer Perso­nen, die das Corona­vi­rus gefähr­de — etwa ältere Menschen, bei denen die Impfun­gen nicht so gut wirkten. «Für diese Menschen wird es nie eine wirklich volle Freiheit geben.