BERLIN (dpa) — Der Kreml reagiert bisher verhal­ten auf Fragen nach einem mögli­chen Einsatz von Atomwaf­fen gegen die Ukrai­ne. Das deutsche Strah­len­schutz-Amt beobach­tet die Lage vor Ort seit Kriegs­be­ginn genau.

Das deutsche Bundes­amt für Strah­len­schutz (BfS) hat nach eigenen Angaben auch das Szena­rio eines russi­schen Atomwaf­fen-Einsat­zes in der Ukrai­ne im Blick.

«Wir unter­su­chen alle mögli­chen Szena­ri­en, und Kernwaf­fen sind natür­lich auch ein mögli­ches radio­lo­gi­sches Szena­rio, auch wenn wir natür­lich hoffen, dass es dazu niemals kommt», sagte BfS-Präsi­den­tin Inge Pauli­ni der Deutschen Presse-Agentur. Ihre Behör­de sei seit dem Angriff Russlands auf die Ukrai­ne am 24. Febru­ar «in Dauer­be­ob­ach­tung» der Lage vor Ort, das Amt beobach­te die Gefahr eines Austritts von radio­ak­ti­ver Strah­lung sehr genau. Einen solchen Austritt habe es aber in der Ukrai­ne — trotz hefti­ger Kämpfe auch in der Nähe von Atomkraft­wer­ken — bislang noch nicht gegeben.

Unter­schied zwischen AKW-Unfall und Atomwaffen

Pauli­ni erklär­te, dass bei einem Kernwaf­fen-Einsatz auch radio­ak­ti­ve Stoffe freige­setzt würden, die sich aber anders verhiel­ten als die Stoffe, die bei einem AKW-Unfall austre­ten würden. Es gebe «einen grund­sätz­li­chen Unter­schied zwischen einem großen Reaktor­un­fall in der Ukrai­ne oder einem Austritt von Radio­ak­ti­vi­tät über eine Kernwaf­fe», erklär­te Pauli­ni. Denn bei einem Atomwaf­fen­ein­satz hätten die Stoffe eine andere Zusam­men­set­zung und würden mehr «kurzle­bi­ge Radio­nu­kli­de» enthal­ten. Das bedeu­tet, dass sie sehr wahrschein­lich schnel­ler zerfallen.

Folglich wäre in Deutsch­land bei einem Atomwaf­fen­ein­satz in der Ukrai­ne die Strah­len­be­las­tung laut Pauli­ni voraus­sicht­lich gerin­ger als nach einem großen Unfall in einem ukrai­ni­schen AKW. «Vor Ort wären die Folgen je nach Szena­rio aber verhee­rend», mahnte Paulini.

Der Sprecher des russi­schen Regie­rung, Dimit­ri Peskow, hatte seit Ausbruch des Krieges mehrfach auswei­chend auf die Frage reagiert, ob Präsi­dent Wladi­mir Putin den Einsatz von Atomwaf­fen in der Ukrai­ne ausschlie­ße. Vor zwei Tagen verwies er auf Nachfra­ge einer Journa­lis­tin auf die russi­sche Sicher­heits­dok­trin, wonach Nukle­ar­waf­fen einge­setzt würden, wenn eine «existen­zi­el­le Bedro­hung» für Russland bestehe. Das US-Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um hatte die Äußerun­gen als gefähr­lich bezeichnet.