Eine Soap-Opera im Vorabend­pro­gramm hätte es nicht schöner angerich­tet. Ein Vater strei­tet vor Gericht gegen den eigenen Sohn, es geht um Kunst­wer­ke, Antiqui­tä­ten, Grund­stü­cke — und ein Märchenschloss.

Konkret: Das Oberhaupt der Welfen, Ernst August Prinz von Hanno­ver, fordert die Marien­burg südlich von Hanno­ver von seinem Sohn, Ernst August Erbprinz von Hanno­ver, zurück — wegen «groben Undanks». Die mündli­che Verhand­lung am Landge­richt Hanno­ver wird erst um mehre­re Monate verscho­ben, dann kommt sie doch. Und dann zieht der Ehemann von Prinzes­sin Caroli­ne von Monaco die Klage zurück — kurz vor der mündli­chen Verhand­lung. Die Entschei­dung soll am 3. Juni bekannt­ge­ge­ben werden.

Denn erledigt ist das Verfah­ren nicht: Seine Forde­run­gen hat Ernst August Senior an die Salzbur­ger EAH Betrei­bungs­gmbH verkauft, deren Klage wird verhan­delt. Der Vorsit­zen­de Richter der zustän­di­gen Zivil­kam­mer, Stefan Heuer, äußer­te aller­dings recht­li­che Beden­ken zu dieser Abtre­tung: «Stand heute würden wir die Klage abwei­sen», beton­te er. Auch sei «kein grober Undank gegeben».

Denn genau darum geht es: Das Oberhaupt der Welfen hatte die Rücküber­eig­nung des Schlos­ses, des Hausguts Calen­berg in der Gemein­de Patten­sen-Schulen­burg und des Fürsten­hau­ses Herren­hau­sen in Hanno­ver verlangt. Der 68-Jähri­ge stütz­te seinen Anspruch auf den Wider­ruf einer Schen­kung infol­ge «groben Undanks», ungerecht­fer­tig­te Berei­che­rung und den Wegfall der Geschäfts­grund­la­ge. Seinem Sohn hatte der 68-Jähri­ge den Grund­be­sitz 2004 und 2007 in vorweg­ge­nom­me­ner Erbfol­ge geschenkt.

Doch der Richter stellt in seiner recht­li­chen Bewer­tung fest: Der 38 Jahre alte Sohn des Welfen-Oberhaupts habe Grund­stü­cke des Hausguts Calen­berg verkau­fen dürfen — zumal die Verkäu­fe «wirtschaft­lich vorteil­haft» waren. Eine Schädi­gung des Vermö­gens des Hauses Hanno­ver sei nicht feststell­bar. Vorwür­fe, der Erbprinz habe sich nicht ausrei­chend um den schwer erkrank­ten Vater geküm­mert, habe ihn nicht am Kranken­bett besucht, seien «viel zu pauschal». Angesichts der jahre­lan­gen Strei­tig­kei­ten habe der 68-Jähri­ge «kaum noch Besuche erwar­ten» können. Und: Der Welfen-Chef sei «kein Kind mehr».

Der Anwalt der Betrei­bungs­gmbH, Volker Römer­mann, konter­te: Man habe Ernst August Prinz von Hanno­ver in seiner Rolle als Kläger nicht als Zeugen benen­nen können — «jetzt werden wir ihn benen­nen». Die Einschät­zung des Gerichts, die Verkäu­fe von Grund­stü­cken des Hausguts Calen­berg hätten keinen Schaden angerich­tet, sei «zu leicht». Die Verträ­ge seien darauf ausge­rich­tet, dass der Chef des Hauses Hanno­ver entschei­de — und das sei der 68-Jähri­ge. Die Entschei­dung stehe dem Sohn nicht zu, wie auch im Falle der Marien­burg. Prof. Andre­as Frieser, Anwalt des Erbprin­zen, sah in der Benen­nung eines Zeugen zu «nicht substan­zi­ier­ten Vorwür­fen» keine Lösung.

Weit mehr als ein Familienzwist

Schon im Vorfeld erklär­te der Erbprinz, die Klage des Vaters sei «substanz­los und die darin enthal­te­nen Behaup­tun­gen sind falsch». Dass sein Vater seine Klage zurück­zie­he, begrü­ße er — wie auch die «Einsicht in die Tatsa­che, dass seine Klage aussichts­los war», sagte der 38-Jähri­ge nun. Die Ausein­an­der­set­zung ist aber weit mehr als ein Famili­en­zwist — es geht um die Zukunft des Schlos­ses Marien­burg. 2019 war die Familie in die Schlag­zei­len geraten, weil Ernst August junior das marode Schloss für einen Euro an die öffent­li­che Hand verkau­fen wollte — gegen den Willen seines Vaters.

Doch nach dem Einspruch des 68-Jähri­gen schei­ter­te der mit der nieder­säch­si­schen Landes­re­gie­rung ausge­han­del­te Deal. Schloss und Inven­tar kamen in eine Stiftung. Nach Einschät­zung des Richters schütz­te der 38-Jähri­ge damit das Vermö­gen des Hauses Hanno­ver, denn die «Sanie­rungs­last» des Schlos­ses sei mit 24 Millio­nen Euro hoch. Römer­mann beton­te, es sei ausge­schlos­sen, im Falle des Schlos­ses davon auszu­ge­hen, dass es keinen «Substanz­wert» gebe — das Schloss also für einen Euro verkauft werden könne. Ziel des Vaters sei es gewesen, das Vermö­gen für die kommen­den Jahrhun­der­te zu erhalten.

Wie auch immer, der Erbprinz machte nach der Verhand­lung klar: «Mit Blick auf die Stiftung Schloss Marien­burg ist die Rechts­la­ge ohnehin eindeu­tig und klar: Die Marien­burg steht auf einem starken und zukunfts­si­che­ren Funda­ment.» Die mit dem Land Nieder­sach­sen gefun­de­ne Stiftungs­lö­sung sei «rechts­si­cher abgeschlos­sen», beton­te er. «Die Stiftung selbst kann sich auch weiter­hin mit aller Kraft darauf konzen­trie­ren, den langfris­ti­gen Erhalt der Marien­burg als zentra­les Kultur­denk­mal Nieder­sach­sens zu absichern, das für alle öffent­lich zugäng­lich bleibt.» Und der für Juni anberaum­ten Urteils­ver­kün­dung sehe er zuver­sicht­lich entgegen.

Von Thomas Strün­keln­berg, dpa