Die Deutsche Post und die Gewerk­schaft Verdi haben sich nach harter Ausein­an­der­set­zung auf einen neuen Tarif­ver­trag verstän­digt. Einen drohen­der länge­rer Streik dürfte damit abgewen­det sein. Nach einem Verhand­lungs­ma­ra­thon einig­ten sich der Logis­tik­kon­zern und Verdi am Samstag auf einen neuen Tarif­ver­trag für die betrof­fe­nen 160.000 Beschäftigten.

Demnach erhal­ten die Beschäf­tig­ten eine Sonder­zah­lung zum Infla­ti­ons­aus­gleich von insge­samt 3000 Euro netto über 15 Monate. Davon sollen 1020 Euro schon im April gezahlt werden, der Rest monat­lich verteilt bis März 2024. Ab dem 1. April 2024 erhal­ten dann alle Beschäf­tig­ten monat­lich 340 Euro mehr. Dies bedeu­tet laut Post eine durch­schnitt­li­che Lohner­hö­hung um 11,5 Prozent. Die Laufzeit des neuen Tarif­ver­trags beträgt insge­samt 24 Monate.

Die Post beton­te, dass die monat­li­chen Einstiegs­ge­häl­ter in den unteren Einkom­mens­grup­pen zum Beispiel bei Paket­sor­tie­rern ab 1. April 2024 um mehr als 20 Prozent und bei Zustel­lern um 18 Prozent steigen. Verdi bezif­fer­te die Entgelt­er­hö­hung in den unteren drei Gruppen auf 11 bis 16 Prozent.

Verdi spricht von gutem Ergebnis

Mit der Einigung ist voraus­sicht­lich ein unbefris­te­ter Streik vom Tisch. Dafür hatten sich die Gewerk­schafts­mit­glie­der zuvor in einer Urabstim­mung ausge­spro­chen. In einer weite­ren Urabstim­mung werden sie nun über den jetzt erziel­ten Tarif­kom­pro­miss abstim­men. Die Gewerk­schaft empfahl die Annah­me des Verhandlungsergebnisses.

Die stell­ver­tre­ten­de Verdi-Vorsit­zen­de und Verhand­lungs­füh­re­rin Andrea Kocsis äußer­te sich zufrie­den: «Das ist ein gutes Ergeb­nis, das ohne den Druck und die hohe Streik­be­reit­schaft unserer Mitglie­der nicht hätte erreicht werden können.» Mit dem Tarif­er­geb­nis werde das wichtigs­te Ziel erreicht, einen Infla­ti­ons­aus­gleich insbe­son­de­re für die unteren Einkom­mens­grup­pen zu schaffen.

Die Post sprach von «extrem schwie­ri­gen Verhand­lun­gen». Perso­nal­vor­stand Thomas Ogilvie sagte: «Wir sind im Inter­es­se unserer Mitar­bei­te­rin­nen und Mitar­bei­ter, aber auch unserer Kunden über unsere finan­zi­el­le Schmerz­gren­ze hinaus gegan­gen. Wichtig ist, dass wir länge­re Streiks zu Lasten unserer Kunden und des Unter­neh­mens vermei­den konnten.» Obwohl auch die Post hohe Preis­stei­ge­run­gen verkraf­ten müsse, aber wegen der Regulie­rung selbst kaum Spiel­raum für Preis­er­hö­hun­gen habe, schaf­fe man mit dem Abschluss und dem zusätz­li­chen Infla­ti­ons­aus­gleich eine «deutli­che Gehaltssteigerung».

Verhand­lun­gen trotz klarem Votum in Urabstimmung

In einer Urabstim­mung hatten sich zuvor 85,9 Prozent der Verdi-Mitglie­der für einen unbefris­te­ten Streik ausge­spro­chen. Dennoch hatte Verdi sich nach Bekannt­ga­be des Abstim­mungs­er­geb­nis­ses am vergan­ge­nen Donners­tag kurzfris­tig zu Verhand­lun­gen bereit erklärt. Sie hatten am Freitag­nach­mit­tag in Düssel­dorf an einem nicht genann­ten Ort begon­nen. Nach einer nächt­li­chen Marathon­sit­zung teilten die Tarif­par­tei­en das Ergeb­nis am Samstag­nach­mit­tag mit.

Einen unbefris­te­ten Streik hatte es bei dem Logis­ti­ker zuletzt 2015 gegeben. Damals waren massen­wei­se Pakete und Briefe liegen­ge­blie­ben. Im aktuel­len Tarif­kon­flikt hatte Verdi bereits im Januar und Febru­ar zu zeitlich begrenz­ten Warnstreiks aufge­ru­fen, nachdem der vorhe­ri­ge Tarif­ver­trag zum Jahres­en­de ausge­lau­fen war.