GÜTERSLOH/STUTTGART (dpa/lsw) — Menschen ohne Abschluss landen oft auf prekä­ren Stellen im Arbeits­markt — und fehlen als Fachkraft. Beson­ders gefähr­de­te Gruppen: Jungen, Auslän­der, Förder­schü­ler. Eine Studie zeigt, dass sich in dem Bereich zuletzt wenig getan hat.

Jahr für Jahr beenden in Baden-Württem­berg Tausen­de Jugend­li­che die Schule, ohne zumin­dest den Haupt­schul­ab­schluss zu bekom­men. Das geht aus einer Auswer­tung hervor, die die Bertels­mann-Stiftung in Auftrag gegeben hat. Demnach machten 2021 in Baden-Württem­berg 6209 Jugend­li­che keinen Abschluss. Das waren 5,8 Prozent der gleich­alt­ri­gen Bevöl­ke­rung im Land.

Wie der Zehn-Jahres-Vergleich zeigt, hat die Quote der Jugend­li­chen ohne Schul­ab­schluss zugenom­men, sie schwankt aber auch stark. Im Südwes­ten lag sie im Jahr 2011 bei 5,1 Prozent, sechs Jahre später aller­dings zwischen­zeit­lich auch bei 6,5 Prozent. Im Jahr 2020 waren es noch deutlich weniger als im Jahr darauf (2020: 5612 oder 5,2 Prozent).

In den Bundes­län­dern gibt es deutli­che Unter­schie­de beim Anteil der Schul­ab­gän­ger ohne Abschluss. Bayern (5,1) und Hessen (5,3 Prozent) haben die niedrigs­te Quote, Baden-Württem­berg folgt danach. Die meisten jungen Menschen ohne Abschluss gab es zuletzt in Bremen, wo das auf jeden zehnten Schul­ab­gän­ger zutraf. Einige Bundes­län­der konnten ihre vergleichs­wei­se hohen Quoten im Unter­su­chungs­zeit­raum nach unten drücken, etwa Mecklen­burg-Vorpom­mern (von 13,3 auf 8,1 Prozent), Sachsen-Anhalt (von 12,1 auf 9,6 Prozent) und Berlin (von 9,7 auf 6,7 Prozent). Bundes­weit lag der Anteil bei 6,2 Prozent.

Laut Studie stehen Jungen am Ende ihrer Schul­lauf­bahn viel häufi­ger ohne Abschluss da als Mädchen. Auslän­der sind überpro­por­tio­nal betrof­fen. «Jeder junge Mensch ohne Schul­ab­schluss ist einer zu viel», sagte der Bildungs­for­scher Klaus Klemm, einer der Autoren der Studie. «Unsere Gesell­schaft kann es sich angesichts des wachsen­den Fachkräf­te­man­gels nicht leisten, diese Perso­nen durchs Raster fallen zu lassen.»

Denn Menschen ohne Abschluss haben ein höheres Risiko, in prekä­ren Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis­sen zu landen. Laut der Studie droht vielen der jetzi­gen Abgän­ger ohne Abschluss, als «Nachwuchs» zu den rund 1,7 Millio­nen jungen Erwach­se­nen im Alter von 20 bis 30 ohne Ausbil­dung zu stoßen, die Stand 2021 in Deutsch­land lebten.

Angesichts der «erschre­ckend hohen Zahlen» seien Maßnah­men zum Abbau der Quote unver­zicht­bar, im Mittel­punkt der Anstren­gun­gen sollten Jungen sowie Schüle­rin­nen und Schüler mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund stehen, heißt es in der Studie. Die Bertels­mann-Stiftung empfahl zudem, über das klassi­sche Abschluss­zeug­nis hinaus zu dokumen­tie­ren, welche Kompe­ten­zen die Jugend­li­chen erlernt haben. Das würde die Chance auf eine Ausbil­dung auch ohne forma­len Abschluss erhöhen. Ein weite­rer Hebel sei die Ausbil­dungs­ga­ran­tie. Die Ampel­par­tei­en haben diese in ihrem Koali­ti­ons­ver­trag verankert.