BERLIN (dpa) — Was trinken eigent­lich Leute, die derzeit beson­ders angesagt sein wollen? Die Drinks des Jahres — auch ohne Umdre­hun­gen — sind 2022 wohl aus der Agave, aus Trauben oder Hafer.

Was fließt 2022 die Kehlen runter, womit wird angesto­ßen? Der Geträn­ke­markt überrascht immer wieder mit neuen Trends und Geschmacksrichtungen.

Der Versuch einer Übersicht, welche Flüssig­kei­ten dieses Jahr angesagt sein könnten — neben Aperol Spritz, Gin Tonic, Dalgo­na Coffee, Cheese Tea und all den anderen Trends der letzten Jahre und den längst etablier­ten Getränken:

Tequi­la ist das Getränk der Stars

Ganz so weit, dass Tequi­la als der neue Gin (und damit als In-Spiri­tuo­se schlecht­hin) bezeich­net werden könnte, ist es wohl noch nicht. Doch der Trend zum Agaven­schnaps ist unüber­seh­bar. In Ameri­ka setzen Stars wie George Clooney, Rita Ora, Justin Timber­la­ke, Nick Jonas, P Diddy und Dwayne «The Rock» Johnson schon länger auf die Spiri­tuo­se und schufen eigene Marken. Tequi­la ist ein alkoho­li­sches Getränk, das aus der mexika­ni­schen blauen Weber-Agave herge­stellt wird. Die Pflan­ze wächst vor allem im Zentrum Mexikos. Nur aus den fünf Bundes­staa­ten Jalis­co, Tamau­li­pas, Michoacán, Guana­jua­to und Nayarit stammen­der Tequi­la darf mit der Herkunfts­be­zeich­nung verkauft werden. Im Jahr 2021 expor­tier­te Mexiko laut der zustän­di­gen Regulie­rungs­be­hör­de so viel Tequi­la wie nie zuvor. Gut 339 Millio­nen Liter gingen ins Ausland. Das Export­plus gegen­über 2020 habe bei 18 Prozent gelegen, Deutsch­land war nach den USA zweit­größ­ter Abnehmer.

Verju­sist ein ganz beson­de­rer Saft

Wer Trauben liebt, muss nicht unbedingt Wein oder Most trinken. Ein uraltes Kultur­ge­tränk namens Verjus — vom franzö­si­schen «vert jus» (grüner Saft) — erlebt derzeit eine kleine Renais­sance. Dafür werden unrei­fe Trauben — sowohl weiße als auch rote — lange vor der regulä­ren Lese vom Rebstock geschnit­ten, gepresst, pasteu­ri­siert, gefil­tert und abgefüllt. Der Schnitt passiert eh, um den Ertrag zu regulie­ren, doch statt wegge­wor­fen werden bei Verjus diese Trauben genutzt. Das passt also auch zum Antiver­schwen­dungs- und Nachhal­tig­keits­trend (Too Good To Waste). Mit dem Sieges­zug der Zitro­ne sei Verjus in Mittel­eu­ro­pa weitge­hend verschwun­den, in Frank­reich finde er noch etwa im Dijon-Senf Verwen­dung, schrieb die «Welt». «Im Iran und der Türkei hinge­gen ist Agrest, wie der Saft auch heißt, damals wie heute essen­zi­el­ler Bestand­teil vieler Speisen.» Verjus sei die regio­na­le Antwort auf Limet­ten- und Zitro­nen­saft, finden auch die Start-up-Gründer Jakob Karberg und Benja­min Müller. Ihren Verjus «Avaa» bewarb in Berlin kürzlich auch das KaDeWe (Kaufhaus des Westens) in einem Newslet­ter als «ideale Zutat für Cocktails und Erfri­schungs­ge­trän­ke» und empfahl zum Beispiel Avaa Tonic. Die Binger Weinkel­le­rei Reh Kender­mann bietet unter dem Namen «Good Grapes» einen verjus-halti­gen Durst­lö­scher an.

Bunte Cocktails heben die Stimmung

Farben­fro­he Drinks wie in den 80ern seien dieses Jahr angesagt, meinte die «New York Times» in ihrer Ernäh­rungs­pro­gno­se 2022. Auch im Zeital­ter alkohol­frei­er Cocktails (sogenann­ter Mocktails) lebe der Trend zu den Klassi­kern mit Alkohol fort. «Suchen Sie nach Blue Lagoon, Tequi­la Sunri­se, Long Island Iced Tea und Amaret­to Sour — am besten mit frischen Säften, weniger Zucker und besse­ren Spiri­tuo­sen gemixt.» Der Megatrend zu Öko-Spiri­tuo­sen mit Zutaten regio­na­ler Bauern­hö­fe oder aus Lebens­mit­tel­ab­fäl­len sowie klima­freund­li­chen Produk­ti­ons­be­din­gun­gen lasse sich hervor­ra­gend mit der Lust auf diese Misch­ge­trän­ke kombi­nie­ren. Gerade in Pande­mie­zei­ten brauch­ten wir alle «Dinge, die süß und bunt, fröhlich und verspielt sind», zitier­te die renom­mier­te Zeitung den Präsi­den­ten des Beratungs­un­ter­neh­mens AF & Co. aus San Francisco.

Hafer­k­akao ist cool

Das Geschäft mit alter­na­ti­ven Milch­pro­duk­ten — der sogenann­te Non-Dairy-Markt — boomt. Laut einer Studie von ING Research wird der Umsatz pflanz­li­cher Milch-Alter­na­tiv­pro­duk­te im Jahr 2025 in der EU (plus Verei­nig­tes König­reich Großbri­tan­ni­en und Nordir­land) bei rund fünf Milli­ar­den Euro liegen, was eine Verdopp­lung inner­halb von acht Jahren wäre. Neben dem schwe­di­schen Hafer­drink­her­stel­ler Oatley gibt es längst andere Marken. Von Münster­land-Milch gibt es etwa den «I am your Oat»-Haferdrink, zum Beispiel als Kakao. Auch das Deutsche Milch­kon­tor — die DMK Group («Milram») — als größtes deutsches Molke­rei­un­ter­neh­men steigt jetzt ein. Neben dem «Haupt­pro­dukt Milch» bringe man nun auch «pflanz­li­che Alter­na­ti­ven» in die Regale. «Anfang 2022 kommen gleich mehre­re Konzep­te, die es durch Markt­for­schung und Geschmacks­tests geschafft haben, auf den Markt: Schoko- und Vanil­le­pud­ding, veganer Kakao, ein veganes Dessert und eine vegane Käsealternative.»

Bier mit Botschaft

Unter dem Namen «Hoppy Pride» wollen der schot­ti­sche Craft­bier-Brauer Brewdog und der Berli­ner CSD-Verein (Chris­to­pher Street Day) ein Helles auf den Markt bringen. Über das finale Design der 0,33-Liter-Dose konnte bis Ende Januar online abgestimmt werden – vier Entwür­fe standen zur Auswahl. Im März soll das «Helle mit Haltung», das für Diver­si­tät stehen will, bei einem Commu­ni­ty-Event vorge­stellt werden. Laut Brewdog («Punk IPA», «Kiez Keule», «Punk AF/Alcohol Free») und dem Berli­ner CSD e.V. ist das Bier der Start­schuss für eine länge­re Zusam­men­ar­beit. Die Erlöse aus den Verkäu­fen werden zu gleichen Teilen aufge­teilt. Jeden Monat soll eine Gruppe oder Initia­ti­ve aus dem LGBTTI­QA-Bereich finan­zi­ell unter­stützt werden. Organi­sa­tio­nen können sich beim Verein bewerben.

Von Gregor Tholl, dpa