BERLIN (dpa) — Fashion, Travel, Food im neuen Jahr: das Nuller­jah­re-Revival in der Mode, Freiburg und Essen als Reise­ziel, das womög­lich nächs­te große Ding auf dem Markt der Milch­al­ter­na­ti­ven und essba­re Trinkhalme.

Essen, Trinken, Mode, Reisen, Liebe und Freizeit: Was ist im Jahr 2022 wohl angesagt? Der Versuch einer Übersicht:

Veganu­ar

Nach den Fleisch­ex­zes­sen vieler Leute in der Weihnachts­zeit werben selbst Discoun­ter für einen fleisch­lo­sen Monat Januar zum Jahres­start. Vom sogenann­ten Veganu­ary ist dann gern die Rede. Der Markt der Ersatz­pro­duk­te boomt. Neu in Deutsch­land sind zum Beispiel die sogenann­ten Steaks der Schwei­zer Marke «The Green Mountain», die mit Soja- und Weizen­pro­te­in und färben­dem Randen­saft­kon­zen­trat (also Roter Bete) Rindfleisch beson­ders echt nachvoll­zie­hen sollen. Das Wiener Start-up Revo Foods stellt dagegen Lachs­er­satz unter anderem aus Erbsen­pro­te­in und Algen­ex­trakt her, bei dem 3D-Drucker die Struk­tur von orange­far­be­nen Muskel­fa­sern und weißem Binde­ge­we­be imitie­ren. Werden vegane Steaks und veganer Lachs zum Massenphänomen?

Essba­re Trinkhalme

Nach dem Einweg-Plastik­ver­bot 2021 kürte die Stiftung Waren­test das Produkt eines Start-ups aus Regens­burg als «beste Alter­na­ti­ve zum Plastik­stroh­halm». Es geht um essba­re Halme, die eigens gebacken werden. Chris­ti­an Zippel von der Firma «Knusper­halm» in Donaus­tauf sagt, Mehrweg­stroh­hal­me seien oft schwer zu reini­gen und bei Nudeln als Halm werfe man oft wertvol­les Essen in den Müll. Die neutral schme­cken­den Trink­hal­me aus Hartwei­zen, Wasser und Rapsöl knuspe­re man dagegen nach dem Drink einfach weg. 20 Stück kosten etwa 3 Euro. Landen die alter­na­ti­ven Trink­hal­me im Laufe des Jahres im Lebens­mit­tel­ein­zel­han­del und setzen sich durch?

Robokell­ner

Roboter servie­ren Speisen und Geträn­ke schon in einigen Restau­rants in Deutsch­land, etwa im «Hafen­re­stau­rant Grömitz» (Schles­wig-Holstein) oder im Lokal «Anders» in Walsro­de (Nieder­sach­sen). In den vergan­ge­nen Monaten reagier­ten einige Gastro­no­men damit auf den Perso­nal­man­gel, der sich in der Corona-Krise noch verstärkt hat. Sie wollen ihren Gästen auch mehr Schutz vor dem Virus bieten und sorgen außer­dem für Unter­hal­tung. Werden Robokell­ner vom teuren Gag zur Alltagserfahrung?

Knalli­ge und weite Mode wie vor 20 Jahren

Kräfti­ge Farbtö­ne liegen dieses Jahr für alle Geschlech­ter im Trend. 2022 seien «Knall­far­ben, Disco-Feeling sowie das Y2K-Revival für alle, die es bei der Mode etwas lauter mögen», angesagt, schreibt das Magazin «Glamour». Das Nuller­jah­re-Revival sei im Frühling/Sommer größer als je zuvor. Das bedeu­te etwa Low-Waist-Jeans, extra weite Silhou­et­ten, Butter­fly-Tops und Mikro-Minirö­cke. Ist das Nuller-Revival dann im Jahr 2023 vorbei?

Neue Milch­al­ter­na­ti­ve

Pflan­zen­drinks aus Soja, Reis, Mandeln, Erbsen, Lupinen oder Hafer boomen. Es gibt also gute Gründe, daran zu glauben, dass pflanz­li­che Milch noch mehr an Popula­ri­tät gewinnt. Eine Marke aus Schwe­den namens Dug hat nun auch eine cremi­ge alter­na­ti­ve Milch­sor­te aus Kartof­feln im Angebot. Kommt die Kartof­fel­milch nach Deutsch­land und wird der nächs­te große Hype?

Reisen

Wo tobt die Pande­mie 2022 beson­ders stark, welche Länder schot­ten sich weiter ab, wo norma­li­siert sich das Leben mit dem Corona­vi­rus? Viele Fragen in Sachen Touris­mus sind offen, doch an Reise­tipps mangelt es trotz­dem niemals. Der «Lonely Planet» zum Beispiel empfiehlt in seinem Buch «Best in Travel 2022» als Städte Auckland (Neusee­land), Taipeh (Taiwan) und immer­hin auf Platz drei die grüne Uni-Stadt Freiburg. Und das Magazin «Natio­nal Geogra­phic» zählte zu seinen 25 erstaun­li­chen Zielen für 2022 auch das Ruhrge­biet: «Mieten Sie in Essen ein Fahrrad für eine autofreie Ruhrtal­fahrt auf Radwe­gen, von denen viele frühe­ren Bahnglei­sen folgen. Oder erkun­den Sie zu Fuß den neuen 150 Kilome­ter langen Hohe-Mark-Steig, einen Trekking­pfad.» Werden wirklich viele Leute Ziele aufsu­chen, die jenseits einge­tre­te­ner Pfade liegen?

Mobile-Dating kommt in Pubertät

Inter­net- und Mobile-Dating hat das Liebes­le­ben von Millio­nen verän­dert und erscheint heute als die wahre sexuel­le Revolu­ti­on. Zehn Jahre ist es 2022 schon her, dass die Dating-App «Tinder» den Markt umkrem­pel­te. Ab 2012 wurde mobiles Dating dank «Tinder» auch ein Hetero-Massen­phä­no­men. Zuvor hatten seit 2009 Schwu­le und Queers eine Art Vorrecht mit der App «Grindr», die das GPS-basier­te Flirten und sich zwang­los treffen können erfand. Hört nach einer Dekade nun bald das Jammern darüber auf, dass diese Art des Kennen­ler­nens Oberfläch­lich­keit statt Liebes­glück fördere?

Neue Bring­diens­te

In den USA entstan­den Pizza­ser­vices schon in den 60er Jahren und wurden Teil der Populär­kul­tur. In den 90ern wurde das auch in Deutsch­land belieb­ter. In Ameri­ka stieg man da schon vom Telefon langsam aufs Inter­net als Bestell­weg um. Seit gut zehn Jahren läuft immer mehr über Apps. Seit den ersten Pizza­ta­xis vor Jahrzehn­ten hat sich zuneh­mend eine Boten­kul­tur entwi­ckelt, die in der Corona-Zeit neue Höhepunk­te erreicht hat. «Sie tragen kein Restau­rant­essen auf ihren urbanen Schul­tern, sondern Lebens­mit­tel. Online­su­per­märk­te sind das neue große Ding der Start-up-Szene», läster­te im letzten Jahr die «taz» und meinte: «Die Dienst­bo­ti­fi­zie­rung macht vor nichts halt.» Die Frage ist, was bringen Billig­löh­ner als nächs­tes an die Tür?

Von Gregor Tholl, dpa