DÜSSELDORF (dpa) — Viele Menschen müssen zurzeit den Gürtel enger schnal­len. Doch bei anderen sitzt das Geld trotz des Ukrai­ne-Krieges und drasti­scher Preis­stei­ge­run­gen bei Energie und Lebens­mit­teln nach wie vor locker.

Wegen der drama­ti­schen Preis­stei­ge­run­gen bei Energie und Lebens­mit­teln müssen immer mehr Menschen in Deutsch­land den Gürtel enger schnal­len. Es wird gespart — bei Lebens­mit­teln ebenso wie bei Schmuck und Kleidung. Von allen? Nein. Dem Luxus­gü­ter­markt schei­nen Ukrai­ne-Krieg und die galop­pie­ren­de Infla­ti­on bisher nichts anhaben zu können. Das Geschäft mit dem Luxus brummt.

Gerd Müller-Thomkins vom Deutschen Mode-Insti­tut (DMI) beobach­tet im Modehan­del eine «extre­me Polari­sie­rung» des Marktes. «Je teurer, desto besser oder je billi­ger, desto besser. Aber die Mitte verschwin­det», sagte er kürzlich am Rande einer Modemes­se in Düssel­dorf. Axel Augus­tin vom Handels­ver­band Textil Schuhe Beklei­dung (BTE) beobach­tet, dass sich die Läden mit gut situier­ter Kundschaft aktuell deutlich besser schla­gen als die Konkur­renz. Es gebe eben zahlrei­che Kunden, die auch jetzt nicht auf ihr Geld achten müssten.

Auch die Elektronik­ket­ten Media Markt und Saturn klagen zwar über eine insge­samt sinken­de Kauflust der Kunden, beobach­ten aber markan­te Unter­schie­de je nach Preis­la­ge. «Die Kaufzu­rück­hal­tung betrifft eher das untere und mittle­re Segment», sagte Finanz­vor­stand Flori­an Wieser. Der Premi­um­be­reich entwi­cke­le sich dagegen weiter positiv.

Tatsäch­lich zeigt sich die Luxus­bran­che bislang weltweit weitge­hend immun, was die Heraus­for­de­run­gen durch Pande­mie, Krieg und Infla­ti­on angeht. Luxus­gü­ter­kon­zer­ne wie LVMH (Louis Vuitton Moet Hennes­sy), Kering (Gucci, Yves Saint Laurent, Balen­cia­ga), Hermes oder Prada glänz­ten im ersten Halbjahr allesamt mit hohen Umsatz­zu­wäch­sen und üppigen Gewin­nen. Vor allem in Europa und den USA liefen die Geschäf­te hervorragend.

Zweistel­lig bei Umsatz und Gewinn

LVMH berich­te­te, die Erträ­ge bei den hausei­ge­nen Modemar­ken wie Luis Vuitton, Dior oder Fendi hätten neue Rekord­hö­hen erreicht. Aber auch das Geschäft mit Champa­gner, Cognac und Uhren sei hervor­ra­gend gelau­fen. Der Umsatz des Luxus­kon­zerns stieg in den ersten sechs Monaten dieses Jahres gegen­über dem Vorjahr um 28 Prozent auf fast 37 Milli­ar­den Euro. Der opera­ti­ve Gewinn wuchs um 34 Prozent auf mehr als 10 Milli­ar­den Euro. Auch Wettbe­wer­ber wie Kering, Hermes oder Prada wuchsen bei Umsatz und Gewinn deutlich zweistellig.

Dabei hatte die Corona-Krise der Luxus­gü­ter­in­dus­trie im Jahr 2020 noch den größten Einbruch ihrer Geschich­te beschert. Doch war das ein eher kurzes Zwischen­spiel. Nach einer Studie der Unter­neh­mens­be­ra­tung Bain übertraf der weltwei­te Markt für persön­li­che Luxus­gü­ter wie Kleidung und Schmuck schon 2021 mit 288 Milli­ar­den Euro wieder das Vor-Corona-Niveau. Und der Aufwärts­trend scheint aktuell ungebrochen.

«Bislang kaum Auswir­kun­gen auf die Edelmarken»

«Der Krieg Russlands gegen die Ukrai­ne sowie die daraus resul­tie­ren­de hohe Infla­ti­ons­ra­te samt Konjunk­tur­ab­schwä­chung haben bislang kaum Auswir­kun­gen auf die Edelmar­ken», stellen die Exper­ten von Bain in ihrer zusam­men mit dem italie­ni­schen Luxus­gü­ter­ver­band Fonda­zio­ne Altag­am­ma erstell­ten aktuel­len Studie zum Luxus­gü­ter­markt fest.

«Die Luxus­gü­ter­in­dus­trie zeigt einmal mehr hohe Resili­enz, was Krisen angeht», beton­te die Bain-Branchen­ex­per­tin Marie-There­se Marek. In diesem Jahr könne der Gesamt­um­satz der Luxus­gü­ter­in­dus­trie trotz Ukrai­ne-Krieg und Infla­ti­on sogar auf 320 bis 330 Milli­ar­den Euro ansteigen.

Von Erich Reimann, dpa