Tübin­gen hat mit einem Öffnungs­pro­jekt in Corona-Zeiten viel Aufse­hen erregt. Das soll eigent­lich am Sonntag enden. Nun geht es um die Frage, ob es in Zeiten von Bundes-Notbrem­se weiter­ge­hen kann.

TÜBINGEN (dpa/lsw) — Tübin­gen will den Modell­ver­such für mehr Öffnun­gen in Corona-Zeiten infol­ge zahlrei­cher Tests verlän­gern. Die Stadt schlägt ein klares Abbruch­kri­te­ri­um vor: Wenn die Sieben-Tage-Inzidenz in der Stadt drei Tage über 125 steigt, soll das Modell beendet werden und die Bundes­not­brem­se greifen, heißt es in einem von Oberbür­ger­meis­ter Boris Palmer (Grüne) unter­zeich­ne­ten Antrag. Dass die Zahl höher als die bundes­weit gülti­ge 100er-Marke liegt, wird mit den zahlrei­chen Tests in der Univer­si­täts­stadt begrün­det. Die «Ausleuch­tung des Dunkel­felds» entspre­che einer Erhöhung der gemes­se­nen Inzidenz um 25 Prozent.

Der Modell­ver­such wurde zuletzt bis zum 18. April verlän­gert. Entschei­den darüber muss die Landes­re­gie­rung. Das Sozial­mi­nis­te­ri­um tendiert nach Angaben einer Spreche­rin vom Mittwoch wegen der wichti­gen Erkennt­nis­se und Erfah­run­gen, die aus dem Öffnungs­kon­zept gezogen werden sollen, dazu, es zunächst weiter laufen zu lassen — wenn die Inzidenz­la­ge vor Ort stabil bleibe. «Spätes­tens aber, wenn das neue Infek­ti­ons­schutz­ge­setz des Bundes offizi­ell in Kraft ist und die Inzidenz in Tübin­gen bis dahin nicht entspre­chend gesun­ken ist, werden wir das Projekt abbre­chen müssen.» Zuerst hatte der «Reutlin­ger General-Anzei­ger» (Mittwoch) über den Antrag berichtet.

Tübin­gen hatte mit dem Corona-Modell­pro­jekt «Öffnen mit Sicher­heit» bundes­weit für Schlag­zei­len gesorgt. Seit dem 16. März können sich Menschen in Tübin­gen an mehre­ren Statio­nen kosten­los testen lassen — mit den Beschei­ni­gung der Ergeb­nis­se, den Tages­ti­ckets, können sie dann in Läden, zum Friseur oder auch in Theater und Museen gehen. Die Stadt sah den Erfolg des Versuchs aller­dings durch eine wachsen­de Zahl an Tages­gäs­ten zuneh­mend gefähr­det und Kritik wurde laut.

Auch im Fall einer Verlän­ge­rung soll die Ausga­be von Tages­ti­ckets auf Bewoh­ner und Arbeit­neh­mer im Landkreis Tübin­gen beschränkt bleiben, heißt es in dem Antrag. In einem Zwischen­be­richt zieht die Stadt ein positi­ves Zwischen­fa­zit des Modell­ver­suchs. «Die einzi­ge wesent­li­che Lücke betrifft die Kontakt­ver­fol­gung, die rein manuell erfolgt.»

Das Infek­ti­ons­ge­sche­hen ist nach Angaben der Stadt unter Kontrol­le. Vom 18. März bis zum 1. April seien die Infek­ti­ons­zah­len in Tübin­gen zwar stark angestie­gen, die Inzidenz kurzzei­tig über 100. «Nach den Erkennt­nis­sen der wissen­schaft­li­chen Begleit­for­schung gibt es aber keinen Hinweis, dass Infek­tio­nen, die durch Öffnun­gen im Rahmen des Modell­ver­suchs entstan­den sind, dafür die Ursache waren», hieß es. Palmer beton­te, dass seit Anfang April die Zahlen wieder sinken.