STUTTGART (dpa) — Erdbe­ben­op­fer aus der Türkei sollen sich bei Verwand­ten in Deutsch­land nach der Katastro­phe erholen dürfen. Doch sie dürfen nur kommen, wenn sie eng mit dem Gastge­bern verwandt sind. Die Türki­sche Gemein­de hält nichts von dieser Limitierung.

Die Türki­sche Gemein­de in Deutsch­land wünscht sich eine großzü­gi­ge­re Aufnah­me von Opfern des Erdbe­bens in der Türkei. «Dass nur sehr nahe Verwand­te einge­la­den werden dürfen, ist unver­ständ­lich», sagte Verbands­chef Gökay Sofuo­g­lu der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart.

Die Regelung sollte auch für Freun­de und Bekann­te gelten und nicht nur für Angehö­ri­ge ersten und zweiten Verwandt­schafts­gra­des. Er selbst würde gerne seinen Cousin einla­den, der aber nicht unter die berech­tig­te Perso­nen­grup­pe falle. «Die Menschen wollen nicht auf Dauer bleiben, sondern sich nur zeitlich begrenzt von den Strapa­zen der Katastro­phe mit über 50 000 Todes­op­fern erholen.» Die Visa gelten für 90 Tage.

Deutsch­land hat nach den schwe­ren Erdbe­ben in der Türkei und Syrien am 6. Febru­ar bisher 2658 Visa für eine Einrei­se ausge­stellt. Von dem verein­fach­ten Verfah­ren dafür profi­tier­ten bisher vor allem türki­sche Staats­an­ge­hö­ri­ge. 2300 der Einrei­se­er­laub­nis­se sind nach Angaben des Auswär­ti­gen Amtes vom Freitag Schen­gen­vi­sa nach dem verein­fach­ten Verfah­ren. 358 waren demnach Visa zum Dauer­auf­ent­halt im Rahmen des Famili­en­nach­zugs. Davon wieder­um waren 268 für syrische Staatsangehörige.

Sofuo­g­lu lobte die Visaan­nah­me-Busse der Deutschen Botschaft im Erdbe­ben­ge­biet, wo Anträ­ge auf ein Visum gestellt werden können, ohne dass der beschwer­li­che Weg zur Deutschen Botschaft in der Haupt­stadt Ankara angetre­ten werden müsse. Er warb für Verständ­nis dafür, dass die Antrags­stel­ler nicht immer einen gülti­gen Reise­pass und ein biome­tri­sches Foto parat haben. Oft seien die Dokumen­te in den Trümmern verlo­ren gegan­gen. Die Türki­sche Gemein­de hat bundes­weit 60 000 Mitglieder.

Er könne sich vorstel­len, so Sofuo­g­lu, dass die Kommu­nen Besuchern aus den Erdbe­ben­ge­bie­ten Angebo­te wie freien Eintritt in Museen oder in Schwimm­bä­dern machten. Er hob das Engage­ment der baden-württem­ber­gi­schen Stadt Aalen hervor, die bereits einen Tag nach dem Beben 14 Lastwa­gen mit warmer Kleidung und Decken, Hygie­ne­ar­ti­keln und haltba­ren Lebens­mit­teln in ihre zerstör­te Partner­stadt Antak­ya schick­te. Ein Spenden­auf­ruf für die Partner hat laut der Stadt Aalen 500 000 Euro für länger­fris­ti­ge Hilfe ergeben.

Für türkisch­stäm­mi­ge Aalener, die Angehö­ri­ge nach Deutsch­land holen wollten, wurde vorüber­ge­hend ein zusätz­li­cher Service­schal­ter mit einem türkisch­spra­chi­gen Mitar­bei­ter in der Auslän­der­be­hör­de einge­rich­tet. Er übernahm die Beratung der Antrags­stel­ler und händig­te die sogenann­ten Verpflich­tungs­er­klä­run­gen aus. Damit versi­chern die Antrag­stel­ler, dass sie für ihre Besucher aufkom­men. Dafür sind Angaben zu Verdienst und Wohnver­hält­nis­sen erfor­der­lich. Für die Besucher muss auch eine Kranken­ver­si­che­rung abgeschlos­sen werden.