Die Zahl der neuen Corona-Fälle in Deutsch­land steigt wieder deutlich schnel­ler. Erst am Mittwoch war ein neuer Höchst­wert der täglich gemel­de­ten Neuin­fek­tio­nen seit April erreicht worden. Diese Marke wurde nun abermals weit übertroffen.

Das sind über 1200 mehr als am Mittwoch, als mit 2828 Neuin­fek­tio­nen ein neuer Höchst­wert seit April gemel­det worden war. Ein höherer als der nun gemel­de­te Wert war zuletzt in der ersten April­wo­che erreicht worden.

Der Anstieg gehe sehr wahrschein­lich nicht auf Nachmel­dun­gen oder derglei­chen zurück, sondern spiege­le das Infek­ti­ons­ge­sche­hen wider, sagte Marie­ke Degen, stell­ver­tre­ten­de RKI-Presse­spre­che­rin, der Deutschen Presse-Agentur. Exper­ten des RKI prüften die Daten derzeit noch im Detail.

Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn (CDU) mahnte die Menschen angesichts des deutli­chen Anstiegs bei den Corona­in­fek­tio­nen sich nicht für unver­letz­lich zu halten. Die Zahlen seien besorg­nis­er­re­gend, sagte Spahn am Donners­tag in Berlin. Dies gelte beson­ders für die aktuel­le, sprung­haf­te Steige­rung auf mehr als 4000 Neuin­fek­tio­nen binnen eines Tages. «Sie besor­gen mich sehr», sagte Spahn mit Blick auf diese Zahlen. Vor allem jünge­re Menschen steck­ten sich an — aber nicht nur. Gerade die Jünge­ren hielten sich oft für unver­letz­lich. «Das sind sie aber nicht.» Bei Covid-19 hande­le es sich im Übrigen weiter um eine ernst­haf­te Erkran­kung. Die Zahlen an Todes­fäl­len und Inten­siv­pa­ti­en­ten seien aber derzeit vergleichs­wei­se niedrig.

Auch der Präsi­dent des Robert Koch-Insti­tuts (RKI), Lothar Wieler, äußer­te sich besorgt. «Die aktuel­le Situa­ti­on beunru­higt mich sehr», sagte er in Berlin. «Wir wissen nicht, wie sich die Lage in Deutsch­land in den nächs­ten Wochen entwi­ckeln wird. Es ist möglich, dass wir mehr als 10.000 neue Fälle pro Tag sehen. Es ist möglich, dass sich das Virus unkon­trol­liert verbrei­tet.» Er hoffe, dass die Infek­tio­nen auf einem Level gehal­ten werden, mit dem man umgehen könne, sagte Wieler. «Unser Ziel ist, so wenig wie möglich Infek­tio­nen zuzulas­sen.» Nur dann werde das Gesund­heits­sys­tem nicht überlas­tet, und nur dann verhin­de­re man viele schwe­re Verläu­fe und Todesfälle.

Nach Einschät­zung des RKI-Chefs ist Deutsch­land bisher wegen der Schutz­maß­nah­men gut durch die Krise gekom­men. «Es sind nicht so viele Menschen erkrankt und gestor­ben, weil wir gemein­sam Maßnah­men ergrif­fen haben und uns daran gehal­ten haben.» Er rief dazu auf, weiter die Hygie­ne- und Abstands­re­geln einzu­hal­ten. So könne man einen großen Teil der Infek­tio­nen verhindern.

Nach der RKI-Übersicht vom Donners­tag­mor­gen gibt es bundes­weit rund zehn Kreise oder Bezir­ke, bei denen der Wert von 50 Neuin­fek­tio­nen je 100.000 Einwoh­ner binnen einer Woche überschrit­ten wurde. Da in den Behör­den der einzel­nen Bundes­län­der aktuel­le­re Zahlen vorlie­gen können, kann die tatsäch­li­che Zahl höher oder auch niedri­ger sein.

Die Rate der positi­ven Tests stieg zuletzt nach RKI-Daten stark an und lag in der 40. Kalen­der­wo­che (28.9.- 2.10.) bei 1,64 Prozent. In der Woche zuvor waren es 1,22 und davor 1,16 Prozent. Die Anzahl der Tests sank dagegen leicht auf rund 1,096 Millio­nen in der 40. Woche. Zuvor waren es rund 1,168 Millio­nen gewesen.

Ein Anstieg zeich­net sich auch bei den inten­siv­me­di­zi­nisch behan­del­ten Covid-19-Patien­ten ab. Laut aktuel­lem RKI-Lagebe­richt wurden am Mittwoch 470 Corona-Infizier­te inten­siv­me­di­zi­nisch behan­delt, 233 davon wurden beatmet. Eine Woche zuvor (30.9.) hatte der Wert noch bei 355 (195 beatmet) gelegen, in der Woche davor (23.9.) bei 293 (159 beatmet). Rund 8500 Inten­siv­bet­ten sind in den deutschen Klini­ken derzeit noch frei.

Seit Beginn der Corona-Krise haben sich nach RKI-Angaben mindes­tens 310.144 Menschen in Deutsch­land nachweis­lich mit dem Virus Sars-CoV‑2 infiziert (Daten­stand 8.10., 0.00 Uhr). Die Zahl der Todes­fäl­le im Zusam­men­hang mit einer Corona-Infek­ti­on lag demnach bei 9578. Das waren 16 mehr als am Vortag. Rund 269.600 Menschen haben die Infek­ti­on nach RKI-Schät­zun­gen überstanden.

Als Reakti­on auf die steigen­den Fallzah­len hatten die Bundes­län­der am Mittwoch mehrheit­lich beschlos­sen, dass inner­deut­sche Urlau­ber aus Risiko­ge­bie­ten nur dann beher­bergt werden dürfen, wenn sie einen höchs­tens 48 Stunden alten negati­ven Corona-Test vorwei­sen können. Greifen soll dies für Reisen­de aus Gebie­ten mit mehr als 50 Neuin­fek­tio­nen je 100.000 Einwoh­nern binnen sieben Tagen.

Fünf Länder gaben zu dem Beschluss aber abwei­chen­de Erklä­run­gen ab. Thürin­gen machte deutlich, dass es ein Beher­ber­gungs­ver­bot nicht mittra­gen wolle, Berlin will zumin­dest nicht sofort einstei­gen. Nieder­sach­sen und Bremen wollen prüfen. Mecklen­burg-Vorpom­mern will bei noch stren­ge­ren Regeln bleiben.

Bürger aus Orten mit hohen Corona-Infek­ti­ons­zah­len müssen sich im Herbst also bei Urlaubs­rei­sen inner­halb Deutsch­lands auf erheb­li­che Schwie­rig­kei­ten einstel­len. Doch auch Reisen ins Ausland sind alles andere als einfach. Nach einer Aktua­li­sie­rung der Liste mit Corona-Risiko­ge­bie­ten bleiben in Europa nur noch wenige Länder übrig, von denen nicht abgera­ten wird. Dazu zählen die belieb­ten Urlaubs­län­der Itali­en, Griechen­land, Zypern und Malta.