BERLIN (dpa) — Die Forde­run­gen an die Adres­se von Kanzler Scholz nehmen zu, auch schwe­re Waffen in die Ukrai­ne zu liefern. Kiew macht Druck, aber auch in der eigenen Koali­ti­on nehmen die Kontro­ver­sen an Schär­fe zu.

Der ukrai­ni­sche Außen­mi­nis­ter Dmytro Kuleba fordert von Bundes­kanz­ler Olaf Scholz eine schnel­le Zusage für weite­re deutsche Waffenlieferungen.

«Ich hoffe, dass Scholz eine positi­ve Entschei­dung fällt», sagte Kuleba in den ARD-«Tagesthemen». Argumen­te gegen eine Liefe­rung der gefor­der­ten Waffen seien nicht stich­hal­tig. Aus Sicht Kulebas hätte der Krieg vermie­den werden können, «wenn Deutsch­land früher Waffen­lie­fe­run­gen zugelas­sen hätte».

Deutsch­land hat bisher — soweit es bekannt ist — vor allem Panzer­fäus­te, Maschi­nen­ge­weh­re und Luftab­wehr­ra­ke­ten sowie Stahl­hel­me in die Ukrai­ne geschickt. Bei der Frage nach schwe­ren Waffen — dazu gehören etwa Panzer — reagier­te Scholz bisher ausweichend.

Habeck: «Putin darf nicht gewinnen»

Weite­re Waffen­lie­fe­run­gen hält auch Vizekanz­ler Robert Habeck für notwen­dig. «Es müssen mehr Waffen kommen», sagte der Grünen-Politi­ker den Zeitun­gen der Funke Medien­grup­pe. «Wir können die Ukrai­ne in dem Krieg nicht allei­ne lassen. Sie kämpft auch für uns. Die Ukrai­ne darf nicht verlie­ren, Putin darf nicht gewin­nen.» Auf die Frage nach Liefe­rung schwe­rer Waffen verwies Habeck aber auch auf «eine Verant­wor­tung dafür, nicht selbst zum Angriffs­ziel zu werden. Das ist der Rahmen, inner­halb dessen wir alles liefern, was möglich ist.» Dieser Rahmen «schließt große Panzer oder Kampf­flug­zeu­ge bisher nicht ein», fügte Habeck hinzu.

«Natür­lich bedeu­tet eine Bruta­li­sie­rung des Krieges auch, dass man in Quanti­tät und Quali­tät der Waffen­lie­fe­run­gen zulegen muss. Aber das bespre­chen wir mit unseren europäi­schen Partnern und den Nato-Partnern», sagte der Wirtschafts­mi­nis­ter weiter.

Scholz unter Druck

Zügige Entschei­dun­gen über die Liefe­rung auch schwe­rer Waffen für die Ukrai­ne forder­te die CSU im Bundes­tag. «Die Zeit für langwie­ri­ge Ampelei­en ist vorbei», sagte CSU-Landes­grup­pen­chef Alexan­der Dobrindt der Deutschen Presse-Agentur. «Deutsch­land kann und muss deutlich mehr militä­ri­sche Unter­stüt­zung leisten.» Dobrindt sagte: «Es braucht eine weite­re Stärkung der Vertei­di­gungs­fä­hig­keit der Ukrai­ne auch mit schwe­ren Waffen, geschütz­ten Fahrzeu­gen und Aufklä­rungs­tech­nik mit Drohnen.» Diese müssten nicht nur von der Bundes­wehr, sondern vor allem auch aus der Indus­trie heraus gelie­fert werden.

Vor allem Politi­ker von FDP und Grünen hatten Druck auf Scholz gemacht. Die Vorsit­zen­de des Vertei­di­gungs­aus­schus­ses, Marie-Agnes Strack-Zimmer­mann (FDP) war am Diens­tag zusam­men mit den Vorsit­zen­den des Auswär­ti­gen Ausschus­ses und des Europa­aus­schus­ses, Micha­el Roth (SPD) und Anton Hofrei­ter (Grüne), in die Ukrai­ne gereist. Alle drei sprachen sich im Anschluss für weite­re Waffen­lie­fe­run­gen aus. Hofrei­ter kriti­sier­te zudem bei RTL: «Das Problem ist im Kanzler­amt.» Habeck und die Grünen-Spitze distan­zier­ten sich von der Kritik.

Der Parla­men­ta­ri­sche Geschäfts­füh­rer Jan Korte rügte, der «insbe­son­de­re von Grünen und FDP beför­der­te Weg der von Tag zu Tag stärke­ren militä­ri­schen Einmi­schung» nehme immer bedroh­li­che­re Ausma­ße an. Scholz müsse «den Waffen­ex­zess­for­de­run­gen von Grünen und FDP Einhalt» gebie­ten, sagte Korte der dpa.

Disput zwischen Mützenich und Strack-Zimmermann

Zu einer hefti­gen Kontro­ver­se kam es unter­des­sen zwischen SPD-Frakti­ons­chef Rolf Mützenich und Strack-Zimmer­mann. Mützenich hatte sich auch mit Hinweis auf die Reise der drei Ausschuss­vor­sit­zen­den kritisch zu Forde­run­gen nach weite­ren Waffen­lie­fe­run­gen geäußert: «Einfa­che Antwor­ten, auch bei der Liefe­rung von schwe­rem Kriegs­ge­rät an die Ukrai­ne, gibt es nicht. Wer das behaup­tet, handelt verant­wor­tungs­los.» Die Bilder und Berich­te über den Krieg in der Ukrai­ne seien schreck­lich und verstö­rend. Unter dem Eindruck von Besuchen vor Ort «bisher beispiel­lo­se Entschei­dun­gen zu fordern, ohne sie selbst verant­wor­ten zu müssen, ist falsch — zumal diese weitge­hen­de Konse­quen­zen für die Sicher­heit unseres Landes und der Nato haben könnten», erklär­te Mützenich.

Strack-Zimmer­mann entgeg­ne­te am Donners­tag­abend: «Rolf Mützenich gehört leider zu denen, die die Notwen­dig­keit der Zeiten­wen­de ihres eigenen Kanzlers weder verstan­den haben noch verste­hen wollen. Er kann nicht akzep­tie­ren, dass sein altes, starres Weltbild zusam­men­ge­bro­chen ist.» Die Reise sei ein notwen­di­ges Signal gewesen. «Kanzler Scholz hat für seine Zeiten­wen­de unsere volle Unter­stüt­zung. Dafür ist es jetzt Zeit, zu führen und dabei gemein­sam als Ampel voran­zu­ge­hen», beton­te die FDP-Politikerin.

Von Micha­el Fischer, dpa