STUTTGART (dpa/lsw) — Häusle­bau­er werden schon sehr bald zur Solar­an­la­ge auf dem Dach gezwun­gen. Das koste erst einmal, zahle sich aber irgend­wann aus, sagt die neue Umwelt­mi­nis­te­rin. Der Eigen­tü­mer­ver­band sieht das ganz anders.

Die geplan­te Solar­pflicht für Häusle­bau­er im Südwes­ten wird das Wohnen aus Sicht der neuen baden-württem­ber­gi­schen Umwelt­mi­nis­te­rin Thekla Walker (Grüne) nicht zwangs­läu­fig teurer machen. «Wenn Sie ein Haus neu bauen oder wenn Sie ein Dach grund­sa­nie­ren, dann nehmen Sie schon Geld in die Hand», sagte Walker der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart.

Das sei der richti­ge Zeitpunkt, in erneu­er­ba­re Energien zu inves­tie­ren. «Wenn man das mal durch­rech­net und überlegt, dann stellt man fest: Das lohnt sich», sagte die 52-Jähri­ge. «Damit spare ich mittel- bis langfris­tig sogar Geld.» Die Solar­pflicht sei eines der ersten Projek­te, die man nun angehe. Walker rechnet damit, dass sie bereits Anfang 2022 in Kraft tritt.

Grüne und CDU planen unter anderem die Einfüh­rung einer Solar­pflicht. Häusle­bau­er sollen künftig auf priva­ten Neubau­ten und bei grund­le­gen­den Sanie­run­gen eine Solar­an­la­ge instal­lie­ren müssen. Auf eine Solar­pflicht für gewerb­lich genutz­te Gebäu­de hatten sich Grüne und CDU bereits in der vergan­ge­nen Legis­la­tur­pe­ri­ode geeinigt, also etwa für Einkaufs­märk­te, Büroge­bäu­de und Schulen. Bei den Wohnge­bäu­den hatte die CDU aber blockiert. Nun sollen auch Häusle­bau­er verpflich­tet werden. Sie selbst lebe in einer Wohnung, sagte die Umwelt­mi­nis­te­rin. Aber: «Wenn ich ein Haus hätte, würde ich es natür­lich machen.»

Die 52-jähri­ge Stutt­gar­te­rin und bishe­ri­ge Grünen-Frakti­ons­vi­ze Walker folgt auf Minis­ter Franz Unter­stel­ler — und sie muss Minis­ter­prä­si­dent Winfried Kretsch­manns (Grüne) Verspre­chen in die Tat umset­zen, Baden-Württem­berg zum «Klima­schutz­land Nummer eins in Deutsch­land und Europa» zu machen. Walker fordert mehr Tempo beim Klima­schutz, bezeich­net sich selbst als «Klima­schutz-Minis­te­rin» und ihr Minis­te­ri­um als «eines der wichtigs­ten Ressorts in dieser Legislaturperiode».

Walker pocht etwa auf einen massi­ve Ausbau der Windener­gie: «Was wir in der letzten Legis­la­tur­pe­ri­ode erreicht haben, war deutlich zu wenig.» Man sei wegen der CDU «mit angezo­ge­ner Handbrem­se gefah­ren» beim Klima­schutz. «Ich habe das Gefühl, diese Handbrem­se ist jetzt gelöst worden und wir können das, was wir uns vorge­nom­men haben, auch umsetzen.»

Aller­dings stehen alle Vorha­ben im Koali­ti­ons­ver­trag — auch die zum Klima­schutz — angesichts großer Haushalts­lü­cken unter Finan­zie­rungs­vor­be­halt. Walker war zuletzt finanz­po­li­ti­sche Spreche­rin der Grünen im Landtag und weiß daher um den Geldman­gel in der Landes­kas­se. Sie sprach sich aber dagegen aus, die Schul­den­brem­se, zu deren Einhal­tung sich die Koali­ti­ons­part­ner verpflich­tet haben, gegen den Klima­schutz auszuspielen.

«Es geht in beiden Fällen um eine genera­tio­nen­ge­rech­te Politik. Es geht darum, sorgsam mit den vorhan­de­nen Ressour­cen umzuge­hen», sagte die Minis­te­rin. Für den Klima­schutz müsse man Geld in die Hand nehmen, das müsse höchs­te Priori­tät haben. «Die Schul­den­brem­se heißt ja nicht, dass man nie Schul­den aufneh­men darf.» Bei einem konjunk­tu­rel­len Abschwung gebe es etwa Spiel­raum. «Insofern sehe ich da erst einmal jetzt kein Hindernis.»

Bei der geplan­ten Solar­pflicht muss der Staat jeden­falls vorerst kein Geld in die Hand nehmen, sondern die Häusle­bau­er. Das Umwelt­mi­nis­te­ri­en schätzt die Kosten für eine durch­schnitt­li­che Anlage mit sieben sogenann­ten Kilowatt­peak auf knapp 10 000 Euro.

Die Eigen­tü­mer im Land können den Optimis­mus der neuen Minis­te­rin indes nicht ganz teilen. «Natür­lich wird Wohnen dadurch insge­samt auch teurer», entgeg­ne­te der Sprecher des Landes­ver­ban­des Haus und Grund Württem­berg, Ottmar Werni­cke. Für den Neubau eines durch­schnitt­li­chen Einfa­mi­li­en­haus schätzt der Verband die Kosten für eine Solar­an­la­ge plus Strom­spei­cher auf mindes­tens 13 000 bis 15 000 Euro.

Auf 15 bis 20 Jahre würden sich diese Kosten zwar amorti­sie­ren, sagte Werni­cke. Ob man mit einer solchen Anlage aber irgend­wann, etwa nach 25 oder 30 Jahren, Gewinn mache — da ist er skeptisch. «Wir haben die Erfah­rung, dass die Anlagen gar nicht so lange halten.»

Beson­ders kritisch sieht der Verband die Solar­pflicht für Altbau­ten, wo man es laut Werni­cke mit Dachgau­ben, mit Satel­li­ten­schüs­seln, mit Fenstern zu tun hat und wo man schlicht schlecht planen könne. Keiner wisse zudem bislang, was die Regie­rung unter einer «grund­le­gen­den» Sanie­rung verstehe.

Statt einer Solar­pflicht sollte man dem Verbands­spre­cher zufol­ge für den Bestand die Förde­rung ausbau­en. Das Land sei grund­sätz­lich der größte Preis­trei­ber beim Wohnen und wunde­re sich, dass das Wohnen immer teurer werde. Werni­cke führte etwa das neue Grund­steu­er-Modell an und die hohe Grund­er­werbs­steu­er, die nun nicht — wie von der CDU im Wahlkampf gefor­dert — gesenkt wird.