BERLIN (dpa) — Nach langem Streit sind sich Ampel und Union über ein Bürger­geld einig. Im Vermitt­lungs­aus­schuss von Bundes­tag und Bundes­rat dürfte es keine Proble­me mehr geben. Zum Jahres­wech­sel soll das Gesetz in Kraft treten.

Der Vermitt­lungs­aus­schuss von Bundes­tag und Bundes­rat befasst sich an diesem Mittwoch (19.00 Uhr) mit dem zwischen Ampel­ko­ali­ti­on und CDU/C­SU-Opposi­ti­on ausge­han­del­ten Kompro­miss für ein neues Bürger­geld. Die Einigung soll am Abend besie­gelt und dann noch diese Woche in beiden Häusern verab­schie­det werden. Damit könnte das Gesetz wie geplant zum 1. Januar in Kraft treten. Das Bürger­geld soll an die Stelle der bishe­ri­gen Hartz-IV-Regelun­gen treten.

In den vergan­ge­nen Wochen hatte sich die Union gegen zentra­le Punkte des Vorha­bens der Bundes­re­gie­rung aus SPD, Grünen und FDP gestellt. Länder mit einer Regie­rungs­be­tei­li­gung von CDU oder CSU blockier­ten die Reform am 14. Novem­ber im Bundes­rat. Deshalb ist nun der Vermitt­lungs­aus­schuss an der Reihe. Unions-Frakti­ons­chef Fried­rich Merz (CDU) hatte nach der grund­sätz­li­chen Verstän­di­gung am Diens­tag aber schon gesagt, dass er nun mit einer Zustim­mung der unions­re­gier­ten Länder rechne.

502 statt 449 Euro für Alleinstehende

Vorge­se­hen ist die mit Abstand höchs­te Anhebung der Regel­sät­ze seit dem Hartz-Start vor mehr als 17 Jahren. Allein­ste­hen­de sollen zum 1. Januar 502 statt 449 Euro bekom­men. In den Gesprä­chen mit der Koali­ti­on hatte die Union stren­ge­re Regeln für Kürzun­gen des Leistungs­be­zugs und gerin­ge­re Sätze beim sogenann­ten Schon­ver­mö­gen erreicht — also Vermö­gen, das beim Bezug von Bürger­geld unange­tas­tet bleibt. Beide Seiten sprachen dann von einem tragfä­hi­gen Kompromiss.

Die Grünen setzen darauf, dass Bundes­tag und Bundes­rat der Sozial­re­form grünes Licht geben. «Das Bürger­geld kann kommen und Hartz IV beenden», sagte Frakti­ons­vi­ze Andre­as Audretsch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Die größte Sozial­re­form seit 20 Jahren bedeu­tet eine Weiter­bil­dungs­of­fen­si­ve, ein Perspek­tiv­wech­sel in den Jobcen­tern und Sanktio­nen nur in maßvol­len Stufen statt unsach­li­che Härte», sagte Audretsch. Die Regie­rung setze auf Vertrau­en und Zusam­men­ar­beit. Gemein­sam mit Jobcen­ter und Arbeits­lo­sen werde ein «Koope­ra­ti­ons­plan» erarbei­tet. Bei Konflik­ten greife ein Schlich­tungs­me­cha­nis­mus, ähnlich einer Mediation.

Deutscher Städte­tag zufrieden

Der Deutsche Städte­tag zeigte sich mit der erziel­ten Einigung zufrie­den. «Das Bürger­geld verbes­sert die Instru­men­te, um arbeits­lo­se Menschen zu quali­fi­zie­ren und weiter­zu­bil­den», sagte der Oberbür­ger­meis­ter von Münster und Städte­tags-Präsi­dent, Markus Lewe (CDU), dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land (RND). Das Gesetz veran­ke­re stärker als bisher die Teilha­be am Arbeitsmarkt.

Der Chef des CDU-Arbeit­neh­mer­flü­gels, Nordrhein-Westfa­lens Gesund­heits­mi­nis­ter Karl-Josef Laumann, äußer­te Zweifel, ob mit dem Bürger­geld eine besse­re Vermitt­lung von Langzeit­ar­beits­lo­sen gelingt. Das Gesetz sei eine «gute Grund­la­ge», sagte er dem RND. Er fürch­te jedoch, «dass die Angestell­ten in den Jobcen­tern nicht genug Ressour­cen haben werden, den Geist des Geset­zes auch umzusetzen».