MONTE CARLO (dpa) — Max Verst­ap­pen schnappt sich in Monaco die WM-Führung in der Formel 1. Der Red-Bull-Pilot profi­tiert vom Pech bei Charles Leclerc und der verpatz­ten Taktik bei Titel­ver­tei­di­ger Lewis Hamilton.

Die riesi­gen Privat­jach­ten vor Monte Carlo stimm­ten das tradi­tio­nel­le Hupkon­zert an, der neue WM-Spitzen­rei­ter genoss auch in der Fürsten-Loge die Glück­wün­sche für seinen ersten Triumph beim Klassi­ker der Formel 1.

«Es ist der Grand Prix, den du einfach gewin­nen willst», sagte Max Verst­ap­pen. Noch nie hatte es der 23 Jahre alte Nieder­län­der in Monte Carlo aufs Podium geschafft, in seinem Red Bull profi­tier­te er am Sonntag beim Großen Preis von Monaco auch vom Fiasko für Lokal­ma­ta­dor Charles Leclerc.

Der Pole-Mann konnte wegen eines Getrie­be­de­fekts nicht mitfah­ren und holte sich noch vor dem Start Trost bei Prinz Albert II. In der Loge überreich­te der monegas­si­sche Regent gut zwei Stunden später mit weißen Handschu­hen und weißem Mundschutz Verst­ap­pen die Trophäe für den Gewin­ner der 67. Aufla­ge. Auf Platz zwei kam Leclercs Ferra­ri-Teamkol­le­ge Carlos Sainz aus Spani­en, Dritter wurde der Brite Lando Norris aus Großbritannien.

Keine Spur auch danach von Lewis Hamil­ton, dafür aber schaff­te es Sebas­ti­an Vettel so nah an sein erstes Podium seit Novem­ber 2020 wie noch nie in diesem Jahr. Der vierma­li­ge Weltmeis­ter wurde im Aston Martin Fünfter. «Irgend­wie wussten wir, dass man in Monaco mehr rausho­len kann als üblich», sagte er. «Wir hatten ein sehr kleines Update, das hat mit Sicher­heit nicht gescha­det. Wenn du rausfährst und gleich ein gutes Gefühl hast, kannst du darauf aufbau­en», beton­te Vettel nach dem «besten Wochen­en­de» in diesem Jahr.

Erst zwei Ränge hinter dem gebür­ti­gen Heppen­hei­mer reihte sich Hamil­ton ein. Der 36 Jahre Brite musste nach einem verkorks­ten Wochen­en­de an der Côte d’Azur völlig frustriert seine WM-Führung abgeben. Mit vier Punkten Vorsprung liegt Verst­ap­pen nun vorn.

Und als wäre das für Branchen­füh­rer Merce­des nicht enttäu­schend genug gewesen: Valtte­ri Bottas ging sogar komplett leer aus. Auf Platz zwei liegend löste sich das rechte Vorder­rad wegen eines Problems mit der Radmut­ter nicht beim Boxen­stopp — Rennen­de für den Finnen. «Das ist enttäu­schend, als Team müssen wir daraus lernen», sagte er.

Eine lehrrei­che Erfah­rung waren die Monaco-Runden auch für Mick Schuma­cher, der sich im Training zwei empfind­li­che Leitplan­ken-Berüh­run­gen geleis­tet hatte. Im Rennen kam er als 18. ins Ziel — von 18 Piloten. Geschla­gen diesmal auch vom eigenen Teamkol­le­gen Nikita Masepin. «Wir haben generell wieder viel gelernt und können viel mitneh­men nach Baku», sagte er mit Blick auf Saison­ren­nen Nummer sechs in Aserbai­dschan in zwei Wochen.

Immer­hin bot Schuma­cher eines der äußerst wenigen Überhol­ma­nö­ver, als er Masepin in der ersten Runde passier­te und kurz nicht mehr Letzter war. Er hatte das 67. Formel-1-Gastspiel im Fürsten­tum von ganz hin begin­nen müssen nach einem peinli­chen Trainings­un­fall mit größe­rem Schaden an seinem Haas-Rennwa­gen und einer verpass­ten Qualifikation.

Schon in der K.o.-Ausscheidung hatte Verst­ap­pen im Pole-Kampf gezeigt, wie schnell er auf dem nur 3,337 Kilome­ter langen Kurs auf einer Runde war. Im Rennen bestä­tig­te er es auf 78 Runden. «Das war brillant, das war dein Nachmit­tag», funkte Red-Bull-Teamchef dem nun elfma­li­gen Grand-Prix-Gewin­ner in den Wagen. Verst­ap­pen leiste­te sich keine Fehler und nutzte seine Gelegen­heit, nachdem am Start der Platz für den Schnells­ten der Quali­fi­ka­ti­on leer geblie­ben war.

Leclerc konnte bei seinem Heimspiel nicht von der Pole Positi­on starten, Grund war ein Schaden an der linken Antriebs­wel­le seines Ferra­ris. Bei der Start­platz­jagd am Samstag hatte sich der Monegas­se zunächst Platz eins geschnappt, war dann aber in die Begren­zung gekracht. Noch am Sonntag­mor­gen hatte Ferra­ri versi­chert, der befürch­te­te Getrie­be­wech­sel sei nicht nötig. «Das ist wirklich schwer zu verdau­en», bekann­te Leclerc: «Ich habe hier noch kein Rennen beendet.»

Für Verst­ap­pen wurde Start­platz zwei so fast zur Pole Positi­on. Er kam zwar schlecht vom Fleck, machte aber die Lücke für Merce­des-Rivale Bottas zu und übernahm die Führung. Er kontrol­lier­te das Rennen und konnte sich von Bottas abset­zen. Nun kam alles auf die Reifen­wech­sel an — und da ging es für Merce­des mächtig schief. Es klemm­te bei Bottas. Und bei Hamil­ton patzte die Taktik­ab­tei­lung, als dieser zu früh zur Garage kam. So konnten Perez und Vettel vorbei­zie­hen. Wütend funkte der Weltmeis­ter seinen Unmut an die Mercedes-Ingenieure.

Viel mehr Action wurde den 7500 Zuschau­ern an der Strecke nicht geboten. Immer­hin: War der Klassi­ker in Monte Carlo im Vorjahr noch wegen der Pande­mie abgesagt worden, durften diesmal sogar einige Fans auf die Tribü­nen. Mit den Jachten im Hafen und Promi­nenz wie Tennis-Super­star Serena Williams, Bundes­li­ga-Torjä­ger Erling Haaland und Ex-Natio­nal­spie­ler Max Kruse als Zaungäs­te erinner­te der Ausflug nach Monaco wieder ein bisschen an Formel-1-Glamour vor Corona.

Von Jens Marx und Chris­ti­an Hollmann, dpa