Mit einem Appell zum Mitma­chen hat das Bundes­amt für Bevöl­ke­rungs­schutz und Katastro­phen­hil­fe (BBK) die Menschen in Deutsch­land auf den bundes­wei­ten Warntag am 8. Dezem­ber einge­stimmt. BBK-Präsi­dent Ralph Tiesler bat am Montag alle Handy­nut­zer, bis Donners­tag die für den Empfang von Warnnach­rich­ten über das neue Cell-Broad­cast-System notwen­di­gen Updates durch­zu­füh­ren. Um Warnnach­rich­ten zu erhal­ten, müssten Handys zudem einge­schal­tet sein und dürften sich nicht im Flugmo­dus befin­den. Wer ein älteres Handy­mo­dell nutze, solle auf der Website der Behör­de nachse­hen, ob dieses Warnnach­rich­ten empfan­gen könne, bat Tiesler. Viele ältere Handys können das seinen Angaben zufol­ge nicht.

Mit der Probe­war­nung, die vom BBK am 8. Dezem­ber um 11 Uhr ausge­löst wird, soll überprüft werden, wie gut die techni­sche Infra­struk­tur funktio­niert. Die Entwar­nung ist für 11.45 Uhr vorgesehen.

Gewarnt wird auf verschie­de­nen Kanälen. Die Idee hinter dem sogenann­ten Warn-Mix: wird die Warnung vor einer Gefahr auf verschie­de­nen Wegen ausge­sandt, steigt die Wahrschein­lich­keit, dass sie auch tatsäch­lich möglichst alle Menschen erreicht.

Erstmals wird das Cell-Broad­cast-Verfah­ren genutzt

Die Warnung­mit­tei­lung kommt über Radio und Fernse­hen, über Warn-Apps wie NINA, sie wird auf Stadt­in­for­ma­ti­ons­ta­feln zu lesen sein. Zusätz­lich werden Sirenen, Lautspre­cher­wa­gen, die Infosys­te­me der Deutschen Bahn und erstmals auch das Cell-Broad­cast-Verfah­ren genutzt. Dabei geht eine Benach­rich­ti­gung an jedes Handy, das zu diesem Zeitpunkt Empfang hat.

Wie wichtig die Warnung im Ernst­fall sein kann, hatte sich etwa während der Stark­re­gen-Katastro­phe im Sommer 2021 auf tragi­sche Weise gezeigt. Damals waren einige Menschen in Nordrhein-Westfa­len und in Rhein­land-Pfalz nicht recht­zei­tig vor den heran­na­hen­den Fluten gewarnt worden. Teilwei­se wurde zu spät evaku­iert, teils weiger­ten sich Bewoh­ner, ihre Häuser zu verlas­sen, da sie das Ausmaß der Katastro­phe unterschätzten.

Die Warnung vor lokalen oder regio­na­len Gefah­ren in Friedens­zei­ten wird nicht vom BBK veran­lasst, sondern vor Ort. Das Bundes­amt stellt den Ländern und Kommu­nen dafür ledig­lich seine techni­sche Infra­struk­tur zur Verfü­gung, über die der Bund im Kriegs­fall auch — wie jetzt am Warntag — bundes­weit warnen kann.

Was nach dem Ende des Kalten Krieges vor allem Fachleu­te inter­es­sier­te, ist durch den russi­schen Angriffs­krieg auf die Ukrai­ne stärker ins Bewusst­sein der Öffent­lich­keit gerückt. In der Ukrai­ne gibt es beispiels­wei­se sowohl die Warnung vor Luftan­grif­fen per Sirene als auch über eine Warn-App, die anzeigt, in welchen Gebie­ten womög­lich mit einem Raketen­ein­schlag zu rechnen ist.

So wird die Bevöl­ke­rung gewarnt:

- Sirenen gibt es nicht überall in Deutsch­land. Vieler­orts waren sie nach dem Ende des Kalten Krieges abgebaut worden, weil man glaub­te, sie nicht mehr zu benöti­gen. Da hat inzwi­schen ein Umden­ken statt­ge­fun­den. Der Bund unter­stützt die Länder bei der Aufstel­lung neuer Sirenen und der Moder­ni­sie­rung alter Sirenen mit einem Förder­pro­gramm. Die Abdeckung ist jedoch noch lücken­haft, so dass am Warntag nicht überall Sirenen heulen werden.

- Fernseh- und Radio­sen­der sollen im Katastro­phen- oder Vertei­di­gungs­fall ihr Programm für eine Warnung unter­bre­chen. Das ist auch deshalb wichtig, weil Bürge­rin­nen und Bürger, wenn sie einen Sirenen­alarm hören, konkre­te Infor­ma­tio­nen brauchen, damit sie wissen, wie sie sich in Sicher­heit bringen können. Beispiels­wei­se kann es in einer Situa­ti­on angezeigt sein, im Keller Schutz zu suchen. Bei einer Überschwem­mung wird der Keller aber oftmals zur tödli­chen Falle. Ihre Teilnah­me am Warntag haben mehre­re Dutzend öffent­lich-recht­li­che und priva­te Sender zugesagt.

- Stadt­in­for­ma­ti­ons­ta­feln, wie sie beispiels­wei­se in Berlin an vielen Orten zu finden sind, weisen im Alltag auf Demons­tra­tio­nen oder Staus hin, ermah­nen dazu, mehr Rücksicht auf Radfah­rer zu nehmen. Im Katastro­phen­fall oder bei einem Probe­alarm soll auf den Leucht­ta­feln eine Warnung angezeigt werden.

- Warn-Apps wie NINA oder KATWARN ermög­li­chen eine passge­naue Warnung, bei der auch gleich Handlungs­emp­feh­lun­gen mitge­lie­fert werden. Aller­dings nützt das nichts, wenn jemand kein Smart­phone hat, um sich die App herun­ter­zu­la­den. Auch wenn das Smart­phone in der Nacht stumm- oder leise­ge­stellt ist, ist nicht sicher­ge­stellt, dass alle App-Nutzer die Warnung auch mitbekommen.

- Cell Broad­cast soll diese Lücke schlie­ßen. Das Verfah­ren, das in etlichen europäi­schen Ländern bereits genutzt wird, schickt allen Handy­nut­zern, die sich in einer bestimm­ten Funkzel­le aufhal­ten, eine Warnung. Auch dieje­ni­gen, die kein Smart­phone verwen­den, sollen die Nachricht sehen, die wie eine SMS aussieht und von einem schril­len Alarm­ton angekün­digt wird. Das Handy soll außer­dem vibrie­ren, das Display blinken. In Deutsch­land ist dieser Warntag der erste bundes­wei­te Test für Cell Broadcast.

Ersten Probe­alarm als «fehlge­schla­gen» bezeichnet

Beim ersten bundes­wei­ten Warntag am 10. Septem­ber 2020 war einiges schief gelau­fen. Unter anderem kam die Meldung der Warn-Apps Nina und Katwarn erst mit einer guten halben Stunde Verspä­tung auf den Smart­phones an. Wäre es tatsäch­lich ein Ernst­fall gewesen, hätten viele Bürger nichts mitbe­kom­men. Das Bundes­in­nen­mi­nis­te­ri­um hatte den Probe­alarm deshalb damals als «fehlge­schla­gen» bezeich­net. Ein ursprüng­lich für Septem­ber 2021 geplan­ter Warntag war abgesagt worden. Zur Begrün­dung hieß es damals, das BBK baue erst noch eine «umfas­sen­de Testland­schaft auf».

«Das BBK ist auf diesen Warntag sehr gut vorbe­rei­tet», sagte Julia­ne Seifert, Staats­se­kre­tä­rin im Bundes­in­nen­mi­nis­te­ri­um, am Montag in Berlin. Tiesler forder­te die Bürge­rin­nen und Bürger auf, seiner Behör­de nach der Probe­war­nung online zu melden, ob und auf welchem Wege sie eine Warnung empfan­gen haben. Dadurch könne jeder zum Gelin­gen des Probe­alarms beitra­gen, sagte er.

Von Anne-Beatri­ce Clasmann, dpa