BERLIN (dpa/tmn) — Kinder ab fünf Jahre können ab dieser Woche vieler­orts gegen das Corona­vi­rus geimpft werden. Viele Eltern freuen sich darüber, andere zögern. Was gilt es bei der Entschei­dung abzuwägen?

Der Impfstoff wird ausge­lie­fert, die Ständi­ge Impfkom­mis­si­on (Stiko) hat sich geäußert: Nun geht es in dieser Woche für Fünf- bis Elfjäh­ri­ge mit den Impfun­gen gegen das Corona­vi­rus los. Wir beant­wor­ten wichti­ge Fragen, die sich Eltern nun stellen:

Was spricht für die Impfung?

Die 7‑Tages-Inzidenz ist bei Kindern aktuell beson­ders hoch. Ohne Impfun­gen wird sich ein Großteil von ihnen mittel­fris­tig anste­cken, schreibt das Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­um (BMG). Aller­dings verlie­fen die meisten Infek­tio­nen von Kindern asympto­ma­tisch. Ohne Vorer­kran­kung sei das Risiko für schwe­re Krank­heits­ver­läu­fe sehr gering.

In Deutsch­land seien während der gesam­ten bishe­ri­gen Pande­mie bei Kindern ohne Vorer­kran­kun­gen in diesem Alter keine Todes­fäl­le wegen Covid-19 aufge­tre­ten, sagte der Stiko-Vorsit­zen­de Thomas Mertens kürzlich. Manche Fachleu­te argumen­tie­ren, dass die Impfung auch das Risiko mögli­cher Langzeit- und Spätfol­gen einer Covid-19-Erkran­kung eindämmt, darun­ter Long Covid und das Entzün­dungs­syn­drom PIMS.

Die Stiko jeden­falls spricht sich bisher nur für eine Impfung von Fünf- bis Elfjäh­ri­gen mit bestimm­ten Vorer­kran­kun­gen aus. Dazu zählen etwa starkes Überge­wicht, bestimm­te chroni­sche Lungen­er­kran­kun­gen, Tumor­er­kran­kun­gen und das Down-Syndrom. Außer­dem wird sie für Kinder angera­ten, die Kontakt mit Menschen haben, die ein Risiko für schwe­re Covid-19-Verläu­fe haben. Das sind zum Beispiel Perso­nen mit Immun­schwä­che oder sehr alte Menschen.

Eine generel­le Impfemp­feh­lung gibt es aber nicht: Alle anderen Kinder in dem Alter können laut der Stiko nach ärztli­cher Aufklä­rung geimpft werden, sofern der indivi­du­el­le Wunsch bei Kind und Eltern besteht.

Müssen Ärzte diesem «indivi­du­el­len Wunsch» nachkommen?

Nein, müssen sie nicht, wie Kinder­arzt Jakob Maske klarstellt. «Natür­lich kann ich das ableh­nen, wenn ich nicht überzeugt bin vom Sinn der Impfung bei dem vor mir sitzen­den Kind», sagt der Sprecher des Berufs­ver­ban­des der Kinder- und Jugendärzte.

Was die Stiko nach seinen Worten mit der Formu­lie­rung vor allem klarstellt, sei das Folgen­de: «Wir dürfen impfen, aber müssen die Eltern über das Restri­si­ko mögli­cher selte­ner Neben­wir­kun­gen, die wir durch bisher vorlie­gen­de Daten womög­lich noch nicht kennen, aufklä­ren.» Das gelte sowohl bei Impfun­gen in den Praxen als auch in den Impfzen­tren oder durch mobile Impfteams.

Welche Neben­wir­kun­gen können auftreten?

Letzt­lich sollte der Nutzen einer Impfung ihr Risiko überwie­gen. Sie soll also nach Möglich­keit vor (schwe­rer) Erkran­kung und mögli­chen Langzeit­fol­gen schüt­zen und auch die Gefahr reduzie­ren, Perso­nen aus einer Risiko­grup­pe anzustecken.

Dass sich die Stiko noch nicht für eine generel­le Impfung für alle Fünf- bis Elfjäh­ri­gen ausspricht, begrün­det sie auch so: Das Risiko selte­ner Neben­wir­kun­gen dieser Impfung könne «auf Grund der einge­schränk­ten Daten­la­ge» derzeit nicht einge­schätzt werden. Späte­re Anpas­sun­gen dieser Empfeh­lung sind immer möglich.

In den USA haben bisher nach Angaben der Gesund­heits­be­hör­de CDC von vergan­ge­ner Woche mehr als fünf Millio­nen Kinder zwischen fünf und elf Jahren mindes­tens eine und mehr als 1,5 Millio­nen bereits die zweite Impfung bekom­men. Über ernst­haf­te Neben­wir­kun­gen wurde hier bislang nichts bekannt. Gleiches gilt für Israel und Kanada, wo Zehntau­sen­de Kinder zumin­dest schon erstge­impft wurden.

Die Europäi­sche Arznei­mit­tel-Agentur (EMA) hat Ende Novem­ber bei ihrer Zulas­sung des Biontech/P­fi­zer-Impfstoffs für diese Alters­grup­pe ein positi­ves Nutzen-Risiko-Verhält­nis festgestellt.

Das BMG schreibt: Schwe­re Neben­wir­kun­gen seien bisher nicht bekannt, in der Zulas­sungs­stu­die hätten viele Kinder für ein bis zwei Tage vorüber­ge­hen­de Impfre­ak­tio­nen gezeigt. Das waren etwa Schmer­zen an der Einstich­stel­le, Kopfweh und Müdig­keit. Auch Fieber, Durch­fall sowie Muskel- und Gelenk­schmer­zen traten auf.

Was ist das Beson­de­re an dem Kindervakzin?

Es ist im Vergleich zum herkömm­li­chen Biontech/P­fi­zer-Impfstoff niedri­ger dosiert (10 statt 30 Mikro­gramm). Die zwei nötigen Dosen sollen im Abstand von drei bis sechs Wochen gegeben werden.

Was muss man nach der Impfung beachten?

Kinder­arzt Maske rät, eine Woche keinen inten­si­ven Sport zu treiben. Der Hinter­grund ist: Bei 12- bis 17-Jähri­gen wird das empfoh­len, weil man hier aus den Daten weiß, dass es in sehr selte­nen Fällen in Folge der Impfung zu Herzmus­kel­ent­zün­dun­gen kommen kann — und dann wird inten­si­ver Sport sehr gefährlich.

Für Fünf- bis Elfjäh­ri­ge liegen solche Daten noch nicht vor, sagt Maske. «Dennoch würde ich das als Vorsichts­maß­nah­me empfeh­len.» Auch mit norma­lem Schul­sport sollten Kinder in der Woche danach vorsich­tig sein. Mit dem Rad zur Schule zu fahren etwa, sei aber kein Problem.

Von Tom Nebe, dpa