BARCELONA (dpa) — Führung nach der 100. Pole nach wenigen Metern futsch. Alles kein Problem für Lewis Hamil­ton. Der Formel-1-Gigant weist Wider­sa­cher Max Verst­ap­pen in die Schran­ken. Für Vettel wird’s in auch Spani­en ein Rennen zum Verges­sen. Mick Schuma­cher schlägt sich achtbar.

Max Verst­ap­pen funkte noch aus seinem Rennwa­gen das bitte­re Fazit im Kampf gegen den übermäch­ti­gen Lewis Hamilton.

«Es ist wie es ist, es war unmög­lich, ihn hinter uns zu halten», sagte der Nieder­län­der, während Hamil­ton nach einer liebe­vol­len Strei­chel­ein­heit für seinen schwarz lackier­ten Silber­pfeil die Glück­wün­sche seiner überglück­li­chen Merce­des-Crew genoss. «Ihr beein­druckt mich immer wieder», sagte der sieben­ma­li­ge Formel-1-Weltmeis­ter in Barce­lo­na: «Was für ein Tag.»

Teamchef Toto Wolff fasste die takti­sche Meister­leis­tung des Weltmeis­ter-Rennstalls gepaart mit einer famosen Leistung ihres Super­stars in zwei Worten zusam­men: «Perfek­te Kombination!»

Hamil­ton ließ sich auch von einer erfolg­rei­chen Attacke des Nieder­län­ders gleich in der ersten Kurve nicht beein­dru­cken und konter­te mit einer grandio­sen Aufhol­jagd nach einem zweiten Boxen­stopp beim Großen Preis von Spani­en. Nach seiner 100. Pole fuhr er auf dem Circuit de Barce­lo­na-Catalu­nya seinen 98. Grand-Prix-Sieg und den fünften Erfolg auf dem Schwer-Überhol­bar Kurs in Serie heraus. Dritter wurde Hamil­tons-Teamkol­le­ge Valtte­ri Bottas.

Verst­ap­pen blieb bei der Reifen­zo­cke­rei nur Rang zwei, sechs Runden vor Schluss zog Hamil­ton an dem 23-Jähri­gen in dessen 100. Rennen für Red Bull vorbei. Nichts wurde es mit dem Triumph am Ort seines ersten Formel-1-Sieges vor fünf Jahren als jüngs­ter Pilot der Motor­sport-Königs­klas­se. Im Klasse­ment wuchs Hamil­tons Vorsprung vor dem Klassi­ker in zwei Wochen in Monaco auf 14 Punkte.

Im Windschat­ten des WM-Kampfs erleb­te Sebas­ti­an Vettel ein weite­res Rennen unter den Ansprü­chen eines vierma­li­gen Weltmeis­ters — oder kurzum: Zum Verges­sen. Platz 13 und damit erneut nicht in den Punkte­rän­gen. Achtsam schlug sich dagegen auch in seinem erst vierten Rennen Mick Schuma­cher. Mehr als Rang 18 im lahmen Haas war für den 22 Jahre alten Formel-2-Champi­on aber nicht drin, nachdem er nach etwas mehr als der Hälfte überrun­det worden war.

Denn die beiden WM-Wider­sa­cher vorn machten von Beginn an mächtig Druck. Verst­ap­pen wusste es wie Hamil­ton: Am Start könnte schon eine Vorent­schei­dung fallen. Verst­ap­pen stand auf Startrang zwei auf der schmut­zi­ge­ren Innen­sei­te, kam aber super weg, schob sich kurz direkt hinter Hamil­ton, scher­te aus und attackier­te den Spani­en-Sieger der vergan­ge­nen vier Jahre in der ersten Kurve. Und es wurde knapp. Verst­ap­pen riskier­te eine Berüh­rung, Hamil­ton wich zurück. Der Heraus­for­de­rer führte nun das Feld an.

Die beiden Deutschen kamen erst weiter hinten. Vettel war in der Quali­fi­ka­ti­on schon nicht über den 13. Platz hinaus­ge­kom­men. Boden gut machen konnte der nun auch bei Aston Martin weiter kriseln­de Hesse zunächst nicht. Im Gegen­satz zu Schuma­cher, der sich erstmal um zwei Ränge verbes­ser­te und sich zwischen­zei­tig auf Platz 16 vorschob.

Verst­ap­pen konnte sich nicht abset­zen, jegli­che Vorsprün­ge wären auch dahin gewesen, als der Alpha Tauri des japani­schen Neulings Yuki Tsuno­da stehen blieb und das Safety Car raus musste. Verst­ap­pen meister­te auch den stets heiklen Moment, wenn die Fahrer wieder Gas geben dürfen, souve­rän. Hamil­ton kam nicht ran. Was tun, was nun?

Den Ruf einer Prozes­si­ons­stre­cke hat der Kurs vor den Toren Barce­lo­nas schon lange. Überho­len ist selbst mit den Hilfs­mit­teln der aktuel­len Rennwa­gen kaum möglich. Dass von 30 Rennen der Sieger 27 Mal aus der ersten Reihe starte­te, stärkt den Ruf der Strecke. Also würde es vermut­lich nur über die Strate­gie gehen. Die weichs­te Reifen­mi­schung baute ab, Hamil­ton setzte Verst­ap­pen nun unter Druck, verkürz­te den Rückstand auf unter eine Sekun­de, als Verst­ap­pen zum Reifen­wech­sel reinfuhr.

Und dann das: 4,2 Sekun­den. Nicht selten wechselt die Red-Bull-Crew die vier Räder in unter zwei Sekun­den. Der Merce­des-Komman­do­stand und auch Hamil­ton wussten, dass das die entschei­den­de Phase des Rennens sein könnte. Auch ein 2,7‑Sekunden-Reifenwechsel brach­te aus Merce­des-Sicht nicht die erhoff­te Wirkung. Hamil­ton blieb hinter Verst­ap­pen, verkürz­te aber den Rückstand. Ein Fehler von Verst­ap­pen und der Brite wäre wieder vorn. Der Red-Bull-Hoffnungs­trä­ger machte keinen Fehler, klagte aber über die Reifen. Als Hamil­ton nahezu dran war, bog er Richtung Box ab. Wieder auf der Strecke, rief er roboter­gleich Topzei­ten in seinem Dienst­wa­gen ab.

Red Bull wagte es und ließ Verst­ap­pen draußen: Ein-Stopp-Strate­gie. Rund 21 Sekun­den Vorsprung bei noch gut 20 Runden. Die Hamil­ton-Jagd war eröff­net. Einmal mehr fuhr der Rekord­pi­lot der Königs­klas­se in einer eigenen Liga. Teilwei­se zwei Sekun­den in einer Runde machte er gut. «Ich werde am Ende des Rennens keine Reifen mehr übrig haben», funkte er angesichts der aggres­si­ven Strate­gie. Bei Verst­ap­pen werde es noch weniger sein, kam die Antwort vom Komman­do­stand. In der 60. Runde musste der Nieder­län­der Hamil­ton vorbei ziehen lassen, die Entschei­dung war gefal­len, um wenigs­tens noch einen Zusatz­punkt zu ergat­tern, ließ er sich noch mal die weichen Reifen aufziehen.chen Reifen aufziehen.

Von Thomas Wolfer und Jens Marx, dpa