BERLIN (dpa) — Am Donners­tag­vor­mit­tag wird es mancher­orts im Land sehr laut werden. An anderen Orten bleibt es wohl still. Der Probe­alarm soll Bund, Länder und Kommu­nen helfen heraus­zu­fin­den, wo es Lücken im Warn-Netz gibt.

Wer ein relativ neues Smart­phone besitzt und mehre­re Warn-Apps instal­liert hat, könnte an diesem Donners­tag um 11.00 Uhr aufschre­cken, wenn es gleich mehrfach klingelt, trötet und piepst. Wer ein sehr altes Handy hat oder gar kein Mobil­te­le­fon, wer sich in einer ländli­chen Region ohne Warnsi­re­nen aufhält und weder Radio noch Fernse­her einge­schal­tet hat, bekommt dagegen vielleicht gar nichts mit vom zweiten bundes­wei­ten Warntag. Die wichtigs­ten Fragen und Antwor­ten zum Probealarm:

Was bedeu­tet die Warnung?

Das Bundes­amt für Bevöl­ke­rungs­schutz und Katastro­phen­hil­fe (BBK) löst um 11.00 Uhr in ganz Deutsch­land einen Probe­alarm der höchs­ten Warnstu­fe 1 aus. Da es sich nur um einen Test handelt, müssen die Menschen, die diese Warnung empfan­gen, nichts tun. Um 11.45 Uhr kommt dann die Entwarnung.

Wann wird im Ernst­fall die Warnstu­fe 1 ausgelöst?

Mit der höchs­ten Warnstu­fe wird die Bevöl­ke­rung in einer bestimm­ten Region nur dann alarmiert, wenn akute Gefahr droht, etwa durch hochgif­ti­ges Gas, das nach einem Unfall in einer Indus­trie­an­la­ge austritt, oder durch eine Sturm­flut. Warnstu­fe 2 bedeu­tet, es droht eine ernste Gefahr, beispiels­wei­se durch abbre­chen­de Äste oder herum­flie­gen­de Dachschin­deln bei einem sehr starken Sturm. Warnstu­fe 3 weist auf ein Ereig­nis hin, das den norma­len Tages­ab­lauf beein­träch­ti­gen kann, wie etwa Glättegefahr.

Auf welchem Weg wird gewarnt?

Auf verschie­de­nen Kanälen: Die Warnungs­mit­tei­lung kommt über Radio und Fernse­hen, über Warn-Apps wie NINA oder Katwarn. Sie wird auf Stadt­in­for­ma­ti­ons­ta­feln zu lesen sein. Zusätz­lich werden Sirenen, Lautspre­cher­wa­gen, die Infosys­te­me der Deutschen Bahn und erstmals auch das Cell-Broad­cast-Verfah­ren genutzt.

Wie funktio­niert Cell Broadcast?

Dabei geht eine Benach­rich­ti­gung an jedes Handy, das zu diesem Zeitpunkt einge­schal­tet ist, Empfang hat und mit einer aktuel­len Software läuft. Das geschieht automa­tisch. Niemand muss sich anmel­den. Die Nachricht hat maximal 500 Zeichen. Grafi­ken können nicht verschickt werden. Ohne die erfor­der­li­chen Updates funktio­niert Cell Broada­st aller­dings nicht. Auch bei etlichen älteren Model­len wird keine Warnmit­tei­lung ankom­men. Cell Broad­cast hat den Vorteil, das man gleich­zei­tig alle Handys ansteu­ern kann, deren Besit­zer sich zum Zeitpunkt der Warnung in einer bestimm­ten Funkzel­le aufhal­ten — und zwar ohne dass die warnen­de Behör­de dafür die Nummer und ihre Besit­zer kennen muss. In Griechen­land wird das beispiels­wei­se schon länger genutzt, etwa um die Bewoh­ner einer Region vor akuter Gefahr zu warnen, wenn sich in ihrer Nähe ein Waldbrand ausbreitet.

Wer löst am Warntag den Probe­alarm aus?

Die Warnun­gen über die NINA-App, die Cell-Broad­cast-Nachrich­ten und die Warnun­gen über die Signal­ta­feln in den Städten werden vom Bundes­amt für Bevöl­ke­rungs­schutz und Katastro­phen­hil­fe (BBK) in Bonn direkt ausge­löst. Bei den Warnhin­wei­sen, die über Radio, Fernseh­sen­der und bei der Deutschen Bahn kommen, geht vom BBK jeweils eine Infor­ma­ti­on an die Verant­wort­li­chen dort, die dann selbst veran­las­sen, dass die Test-Warnung im Programm angesagt wird bezie­hungs­wei­se als Mittei­lung an die Fahrgäs­te geht. Die Sirenen sollen zwar eines Tages auch direkt angeschlos­sen werden, so dass das BBK diese im Fall einer bundes­wei­ten Gefahr selbst ansteu­ern könnte. Momen­tan ist es aber noch so, dass die Sirenen von der jewei­li­gen Leitstel­le der Feuer­wehr ausge­löst werden müssen.

Und im Ernstfall?

Das hängt davon ab, welches Gebiet betrof­fen ist und wovon die Gefahr ausgeht. Generell gilt: im Kriegs­fall trägt das BBK in Abstim­mung mit anderen Einrich­tun­gen des Bundes die Verant­wor­tung. Um den Katastro­phen­schutz in Friedens­zei­ten kümmern sich die Länder und Kommu­nen. In der baden-württem­ber­gi­schen Gemein­de Murr warnte die Leitstel­le des Landkrei­ses Ludwigs­burg beispiels­wei­se Ende Novem­ber vor einer vorüber­ge­hen­den Trink­was­ser­ver­schmut­zung. Über die NINA-Warnapp wurde den Einwoh­nern empfoh­len, das Wasser abzuko­chen. Die NINA-App haben rund 13 Millio­nen Menschen herun­ter­ge­la­den. Wie viele Bürge­rin­nen und Bürger die App aber bis heute auf dem Smart­phone haben und nutzen, ist nicht bekannt.

Wird in meiner Nachbar­schaft eine Sirene heulen?

Vielleicht. Das hängt davon ab, ob es in der Nähe noch oder wieder eine funkti­ons­tüch­ti­ge Sirene gibt. Das BBK bemüht sich zwar, ein sogenann­tes Warnmit­tel­ka­tas­ter zu erstel­len — also eine Karte, auf der alle Sirenen und in Zukunft auch andere Warnmit­tel verzeich­net sind. Doch abgeschlos­sen ist dieser Prozess noch nicht. Bekannt ist aber, dass die Länder dem Bund, der die Instal­la­ti­on und Repara­tur von Sirenen finan­zi­ell fördert, bislang rund 35.000 Sirenen gemel­det haben. Nach dem Kalten Krieg war man vieler­orts der Meinung, Sirenen würden nicht mehr gebraucht. Durch den russi­schen Angriffs­krieg in der Ukrai­ne und mit Blick auf durch den Klima­wan­del verur­sach­te Stark­wet­ter­er­eig­nis­se hat hier jedoch ein Umden­ken stattgefunden.

Was soll man tun, wenn die Sirene heult?

Wer den Zweiten Weltkrieg als Kind noch miter­lebt hat, erinnert sich wahrschein­lich noch daran, wie die Menschen bei Sirenen­ge­heul in die Luftschutz­bun­ker flüch­te­ten. In manchen Dörfern denkt die Bevöl­ke­rung aber, wenn die Sirene ertönt, nur an die Feuer­wehr, die damit ihre Leute zusam­men­trom­melt. Wer jung und in Berlin aufge­wach­sen ist, wo es bis vor kurzem gar keine Sirenen mehr gab, dürfte den Klang gar nicht kennen. Daran wird sich auch diese Woche nichts ändern. Die Verwal­tung der Haupt­stadt teilt mit: «Die Sirenen, die aktuell in Berlin errich­tet werden, können zum Warntag noch nicht angesteu­ert werden.» Im Ernst­fall sollte man sich, wenn per Sirene gewarnt wird, aktiv um Infor­ma­tio­nen bemühen — beispiels­wei­se das Radio einschalten.

Was ist der Sinn des Warntages?

Die Verant­wort­li­chen für den Bevöl­ke­rungs­schutz wollen heraus­fin­den, wie gut der Warn-Mix funktio­niert, über den auf den verschie­de­nen Kanälen möglichst alle Menschen erreicht werden sollen. Präzi­se Warnun­gen seien wichtig, damit sich Menschen auch selbst schüt­zen können, sagt BBK-Präsi­dent Ralph Tiesler. Es gehe nicht darum, Panik zu verbrei­ten, sondern handlungs­fä­hig zu bleiben. Dazu gehöre im Ernst­fall auch, Nachbarn, Freun­de und Verwand­te zu informieren.

Von Anne-Beatri­ce Clasmann, dpa