BERLIN/HANNOVER (dpa) — «Wir können es in die Tonne hauen»: Das miese Weihnachts­ge­schäft frustriert die Einzel­händ­ler in Deutsch­land. Viele finden: Ohne ein Ende der Zugangs­be­schrän­kun­gen werde es nicht besser.

Für den deutschen Einzel­han­del mit Laden­ge­schäf­ten ist das Weihnachts­ge­schäft bislang schlecht gelau­fen. Daran ändert auch nichts, dass am letzten Samstag vor Heilig­abend etwas mehr Besucher in die Einkaufs­stra­ßen strömten.

Jene Händler, die nur Geimpf­te und Genese (2G) hinein­las­sen dürfen, rechnen mit einem Drittel weniger Umsatz als im Vergleichs­zeit­raum 2019 vor der Corona-Pande­mie. Das ergab eine Trend­um­fra­ge des Handels­ver­bands Deutsch­land (HDE) bei 1000 Unter­neh­men. Im Advent 2020 hatte ein Lockdown ab 16. Dezem­ber den Geschen­ke­kauf im statio­nä­ren Handel abgewürgt.

«Das diesjäh­ri­ge Weihnachts­ge­schäft ist eine herbe Enttäu­schung für viele Händle­rin­nen und Händler. 2G setzt ihnen seit Wochen zu, und das in der für gewöhn­lich umsatz­stärks­ten Zeit des Jahres», fasste HDE-Haupt­ge­schäfts­füh­rer Stefan Genth die Branchen­la­ge zusam­men. Viele Händler stünden erneut am Rand ihrer Existenz, etwa die Hälfte von ihnen sieht sich laut Umfra­ge vom Aus bedroht, wenn der Zugang zu ihren Filia­len weiter­hin beschränkt werde. Gut läuft es dagegen im Online-Handel, zudem sind Lebens­mit­tel­märk­te und Droge­rien nicht betrof­fen vom Zugangs­ver­bot für Ungeimpfte.

Wieder mehr Kunden in Niedersachsen

Der HDE forder­te abermals eine Abkehr von der 2G-Corona-Regel. «Unver­hält­nis­mä­ßi­ge Zutritts­be­schrän­kun­gen darf es nicht länger geben», verlang­te Genth. Das nieder­säch­si­sche Oberver­wal­tungs­ge­richt habe gerade erst bestä­tigt, dass 2G im Handel unver­hält­nis­mä­ßig sei und keinen wirksa­men Beitrag zur Eindäm­mung der Pande­mie leiste. «An diesen Regelun­gen in anderen Bundes­län­dern festzu­hal­ten, ist inakzep­ta­bel. Es braucht eine bundes­weit einheit­li­che und verhält­nis­mä­ßi­ge Lösung», fügte der HDE-Geschäfts­füh­rer hinzu.

In Nieder­sach­sen machte sich die geänder­te Regel am Samstag offen­kun­dig bemerk­bar. «Wir hatten eine deutlich verstärk­te Kunden­fre­quenz in den größe­ren Städten», sagte Mark Alexan­der Krack, Haupt­ge­schäfts­füh­rer des Handels­ver­bands Nieder­sach­sen-Bremen, am Sonntag. Aller­dings liege der Umsatz noch 25 bis 28 Prozent unter dem Wert vom vierten Advents­sams­tag 2019. Die Menschen seien mit klaren Kaufwün­schen gekom­men und hätten häufig größe­re Summen ausge­ge­ben. Positi­ve Rückmel­dun­gen gab es nach Worten von Krack unter anderem aus Hanno­ver, Braun­schweig, Lüneburg, Olden­burg, Osnabrück und Emden.

Das Oberver­wal­tungs­ge­richt Lüneburg hatte am Donners­tag die 2G-Regel für den Einzel­han­del gekippt, die in Nieder­sach­sen erst fünf Tage zuvor in Kraft getre­ten war. In Nachbar­län­dern dürfen dagegen nur Geimpf­te und Genese­ne in viele Geschäf­te. Ab Diens­tag soll in Nieder­sach­sen eine FFP2-Masken­pflicht im gesam­ten Einzel­han­del gelten. Das kündig­te die Landes­re­gie­rung am Samstag als Reakti­on auf die Gerichts­ent­schei­dung an. Eine medizi­ni­sche Maske reicht dann nicht mehr.

2G wird in Berlin und Branden­burg geprüft

In vielen Einkaufs­stra­ßen in Deutsch­land war am Samstag etwas mehr los als an den vorhe­ri­gen Wochen­en­den. Unterm Strich zeigte sich der Handel aber in allen Regio­nen unzufrie­den. «Das Weihnachts­ge­schäft ist gelau­fen, wir können es in die Tonne hauen, es gibt für uns keine Besche­rung in diesem Jahr», sagte der Sprecher des Handels­ver­bands Bayern, Bernd Ohlmann, am Sonntag. «Auch dieser Samstag hat wie befürch­tet keinen Durch­bruch gebracht.»

In Sachsen sprach der Verband von einer «einzi­gen Enttäu­schung und Katastro­phe». Frustriert ist auch der Handel in Berlin und Branden­burg: «Die 2G-Regelung lässt die Frequen­zen sinken», sagte Günter Päts, Vize-Haupt­ge­schäfts­füh­rer des regio­na­len Handels­ver­bands. Daran habe sich auch am vierten Advents­sams­tag nichts geändert.

In Berlin läuft gegen die 2G-Regel eine Klage. Das Verwal­tungs­ge­richt bestä­tig­te das Eilver­fah­ren am Wochen­en­de und kündig­te für kommen­de Woche eine Entschei­dung an. In Branden­burg will der Handel nach Angaben des Verbands nächs­te Woche vor Gericht ziehen.

Von Bernd Röder, dpa