Mit einem bruta­len K.o. hat sich Robin Krasni­qi doch noch ans Ziel seiner Träume geboxt. Selbst der anfangs kriti­sche Henry Maske fand loben­de Worte für den neuen Halbschwergewichts-Champion.

«Ich wusste vorher, dass dieser Kampf mein Ende oder ein neuer Anfang sein wird. Ich bin sehr stolz. Ich bin ein Mann, der für große Aufga­ben geboren ist», sagte der neue Weltmeis­ter im Halbschwer­ge­wicht kurz nach Mitter­nacht. Sein Gegner Dominic Bösel musste sich da gerade ärztlich versor­gen lassen, nachdem der Favorit von Krasni­qi in der dritten Runde mit einer spekta­ku­lä­ren Rechten K.o. geschla­gen worden war.

Krasni­qis Geschich­te ist nun eines jener Box-Märchen, die es heutzu­ta­ge eigent­lich nicht mehr gibt. Als Notna­gel und Außen­sei­ter einge­kauft, sollte er Bösel bei dessen erster Titel­ver­tei­di­gung zwar Paroli bieten, aber letzt­lich vor keine großen Proble­me stellen. Schließ­lich war alles für die nächs­te Karrie­re-Stufe von Bösel vorbe­rei­tet worden: Die ARD übertrug erstmals seit sechs Jahren wieder einen WM-Kampf live, 2,5 Millio­nen Menschen schau­ten vor dem Fernse­her zu, und Über-Boxer Henry Maske analy­sier­te die Künste seines vermeint­li­chen Nachfolgers.

Dann erwisch­te Krasni­qi Bösel so hart am Kopf, dass dieser wie ein Baum zu Boden fiel. Er lag mit glasi­gen Augen im Ring, war kurzzei­tig völlig wegge­tre­ten. Und der ganze schöne Plan war futsch. «Ich bin erschro­cken. Mit so etwas rechnet man nicht. Ich bin sprach­los», meinte Bösel, der seinen IBO-Titel und die Interims-WM der WBA wieder los war. Ganz auf der Höhe des Gesche­hens war er da noch nicht, so dass er sich in ärztli­che Hände begab. Erst gegen 3.00 Uhr nachts kehrte Bösel ins Hotel zurück.

Krasni­qi feier­te da bereits mit seinen zahlrei­chen Fans unter den 2000 zugelas­se­nen Zuschau­ern. «Das ist der größte und schöns­te Tag in meinem Leben. Mir kann kein Geld der Welt dieses Gefühl geben», sagte der 33-Jähri­ge. Sein Leben an sich ist schon kein alltäg­li­ches. Krasni­qi wuchs in den Wirren des Kosovo-Krieges auf, floh mit seinen Geschwis­tern und der Mutter in den Wald, um nicht im Kugel­ha­gel zu sterben. Das Eltern­haus war nach der Rückkehr völlig zerstört. Der Vater war ein politisch Verfolg­ter, hatte das Land da längst verlas­sen müssen.

Mit 17 Jahren holte ihn der Vater, der in München einen Obst- und Gemüse­han­del betreibt, nach Deutsch­land. Verängs­tigt und ohne Sprach­kennt­nis­se begann Krasni­qi am 6. Novem­ber 2004 sein neues Leben. Im Boxen fand er seine Berufung. Doch zum großen Wurf reich­te es lange nicht. 2013 vergab er seine erste WM-Chance gegen Nathan Clever­ly, 2015 eine weite­re gegen Jürgen Brähmer. Krasni­qi galt als einer, der in großen Kämpfen nicht ablieferte.

Das hat sich nun schlag­ar­tig geändert. «Wenn er diesen Moment genug genos­sen hat, ist er mit Sicher­heit dazu bereit, das Ganze zu wieder­ho­len», befand Ex-Weltmeis­ter Maske. Vor dem Kampf hatte auch er Zweifel geäußert, ob Krasni­qi seine bishe­ri­gen Nieder­la­gen ausblen­den kann. Konnte er. Und seine Lebens­ge­schich­te spiel­te dabei eine große Rolle. «Ich habe so viele Höhen und Tiefen erlebt, ich habe geweint und oft gehört, es sei mit mir zu Ende», sagte Krasni­qi. «Aber ich habe immer an mich geglaubt und bin meinen Zielen treu geblieben.»

Sein neues Ziel wird nun sein, die WM-Titel erfolg­reich zu vertei­di­gen. Der Gegner dürfte klar sein: Bösel hat sich einen Rückkampf vertrag­lich zusichern lassen. Und auch bei der ARD, dürften sie dem Boxen angesichts der Quote und des Spekta­kels eine weite­re Chance geben.