MENLO PARK (dpa) — Nach dem Streit über die neuen Nutzungs­re­geln geht Whats­App in die Offen­si­ve. Der Chatdienst legt eine Werbe­kam­pa­gne auf, die seine Verschlüs­se­lung in den Vorder­grund bringt.

Whats­App bekräf­tigt nach der Kontro­ver­se um seine neuen Nutzungs­re­geln das Festhal­ten an Komplett-Verschlüs­se­lung und stellt neue Funktio­nen zum Schutz der Privat­sphä­re in Aussicht.

Dazu gehört die Möglich­keit, Nachrich­ten zu verschi­cken, die vom Empfän­ger nur einmal angese­hen werden können. Das könne zum Beispiel nützlich sein, wenn man Famili­en­mit­glie­dern ein Passwort schicken müsse, sagte Whats­App-Chef Will Cathcart.

Auch wird man einstel­len können, dass Chats nach einer bestimm­ten Zeit von allei­ne verschwin­den. «Die Menschen wollen insge­samt nicht, dass ihre Nachrich­ten für immer erhal­ten bleiben», beton­te Cathcart. «Wenn wir uns unter­hal­ten, haben wir kein Aufnah­me­ge­rät dabei. Insofern ist es seltsam, dass digita­le Chat-Platt­for­men die für immer speichern.»

Kampa­gne bewirbt Ende-zu-Ende-Verschlüsselung

Die zu Facebook gehören­de Firma startet eine Anzei­gen­kam­pa­gne zum Daten­schutz in Deutsch­land und Großbri­tan­ni­en, die zu ihren wichtigs­ten Märkten gehören. Die kurzen Werbe­vi­de­os heben hervor, dass bei Whats­App verschick­te Inhal­te dank der sogenann­ten Ende-zu-Ende-Verschlüs­se­lung grund­sätz­lich nur für die betei­lig­ten Nutzer im Klartext sicht­bar sind.

Whats­App hat mehr als zwei Milli­ar­den Nutzer. Der Dienst hatte in den vergan­ge­nen Monaten nach der Ankün­di­gung neuer Nutzungs­re­geln aber mit Kritik und einer Abwan­de­rung von Nutzern zu kämpfen. Auslö­ser war die Einschät­zung, dass mit dem Mitte Mai in Kraft getre­te­nen Update mehr Daten mit der Konzern­mut­ter Facebook geteilt werden sollen. Whats­App wies dies als Missver­ständ­nis zurück und beton­te wieder­holt, dass die Ende-zu-Ende-Verschlüs­se­lung, mit der auch der Dienst selbst keinen Zugang zu Inhal­ten habe, nicht aufge­weicht werde.

Viele Nutzer haben bereits zugestimmt

Whats­App-Chef Cathcart räumte Fehler bei der Ankün­di­gung der neuen Regeln ein. «Wir müssen klar kommu­ni­zie­ren, was wir machen und warum.» Dies habe Whats­App verpasst. «Wir wurden erst klarer, als wir die Verwir­rung sahen. Das geht auf unsere Kappe», sagte Cathcart. Eine Werbe­kam­pa­gne für Ende-zu-Ende-Verschlüs­se­lung habe Whats­App zwar schon vorher geplant. Aber nach der Kontro­ver­se der vergan­ge­nen Monate habe Whats­App noch mehr Gründe, darüber zu sprechen.

Inzwi­schen habe ein überwie­gen­der Großteil der Nutzer, die bereits nach ihrer Zustim­mung zu den neuen Regeln gefragt wurden, sie akzep­tiert, sagte Cathcart. Genaue Zahlen nannte er nicht. Ursprüng­lich sollten Nutzer, die den neuen Regeln nicht zustim­men, mit der Zeit den Zugriff auf Grund­funk­tio­nen verlie­ren. Inzwi­schen drohen ihnen keine Konse­quen­zen mehr. Nur die neuen Funktio­nen zur Kommu­ni­ka­ti­on mit Unter­neh­men wird man ledig­lich nach Zustim­mung zum Update nutzen können. Whats­App zufol­ge waren sie der zentra­le Grund für die Änderung der Nutzungsbedingungen.

Whats­App-Chef fordert Standards für Unternehmen

Cathcart kriti­sier­te, dass einige Regie­run­gen versuch­ten, die Verschlüs­se­lung in Chatdiens­ten aufzu­wei­chen. «Ich hoffe, dass Regie­run­gen mit der Zeit einse­hen, dass die wichtigs­te Rolle, die sie spielen können, ist, für mehr Sicher­heit zu sorgen» — zum Beispiel, indem sie Standards für Unter­neh­men vorge­ben. Whats­App argumen­tie­re bei Regie­run­gen, dass Ende-zu-Ende-Verschlüs­se­lung die Sicher­heit der Bürger schüt­zen helfe. Facebook halte weiter­hin an dem Plan fest, die Komplett-Verschlüs­se­lung als nächs­ten Schritt auch in seinen zweiten Chatdienst Messen­ger zu bringen, sagte Cathcart.

In mehre­ren Ländern laufen Versu­che von Regie­run­gen und Behör­den, die Komplett-Verschlüs­se­lung in Chatdiens­ten wie Whats­App auszu­he­beln. Auch in Deutsch­land gibt es einen Gesetz­ent­wurf, mit dem dem Verfas­sungs­schutz die Quellen-Telekom­mu­ni­ka­ti­ons­über­wa­chung such in verschlüs­sel­ten Chatdiens­ten ermög­licht werden soll.

Bei klassi­schen SMS-Nachrich­ten ist es schon lange so, dass Telekom­mu­ni­ka­ti­ons­an­bie­ter Behör­den die Überwa­chung ermög­li­chen müssen. Für die verschlüs­sel­ten Chatdiens­te gilt das bisher nicht. Sicher­heits­be­hör­den kriti­sie­ren, dadurch kämen sie nicht an die Kommu­ni­ka­ti­on von Krimi­nel­len oder Extre­mis­ten heran. Jüngst gelang inter­na­tio­na­len Polizei­be­hör­den aber ein großer Schlag gegen das organi­sier­te Verbre­chen ausge­rech­net mit Hilfe einer Chat-App. Den Ermitt­lern war es gelun­gen, ihre angeb­li­che abgesi­cher­te App als Kommu­ni­ka­ti­ons­weg in krimi­nel­len Kreisen zu etablieren.