185 deutsche Schau­spie­le­rin­nen und Schau­spie­ler outen sich als lesbisch, schwul, bisexu­ell, queer, nicht-binär oder trans. Mit einem gemein­sa­men Manifest fordern sie Veränderungen.

MÜNCHEN (dpa) — Mit einem media­len Massen-Coming-out und einem Manifest im Magazin der «Süddeut­schen Zeitung» wünschen sich 185 Schau­spie­le­rin­nen und Schau­spie­ler eine öffent­li­che Debat­te über Queer­sein und Diversität.

«Bisher konnten wir in unserem Beruf mit unserem Privat­le­ben nicht offen umgehen, ohne dabei beruf­li­che Konse­quen­zen zu fürch­ten», heißt es in dem Beitrag. Zu oft sei ihnen geraten worden, die eigene sexuel­le Orien­tie­rung geheim zu halten. «Das ist jetzt vorbei.»

Zu den Unter­zeich­nern, die sich unter dem Motto «Wir sind hier und wir sind viele» als lesbisch, schwul, bisexu­ell, queer, nicht-binär oder trans* outen, gehören Karin Hanczew­ski, Eva Meckbach, Betti­na Hoppe, Ulrich Matthes, Jaecki Schwarz, Maximi­li­an Mundt, Mehmet Sözer, Godehard Giese, Mark Wasch­ke, Niels Bormann, Rainer Selli­en, Udo Samel und Mavie Hörbi­ger sowie Maren Kroymann, Ulrike Folkerts, Matthi­as Freihof, Georg Uecker, Jochen Schropp, Jannik Schüm­ann, Pierre Sanous­si-Bliss und Gustav Peter Wöhler. Aus Medien und Politik gab es Anerken­nung für die Aktion namens #Actout (auf Deutsch in etwa «etwas ausleben»).

Die ARD-Talke­rin Anne Will twitter­te: «Das ist stark.» Der Aktivist und Filme­ma­cher Rosa von Praun­heim, der vor 30 Jahren Alfred Biolek und Hape Kerke­ling in einer Talkshow gegen deren Willen outete, verlink­te den Artikel freudig bei Facebook mit der Regenbogenflagge.

Diver­si­tät sei in Deutsch­land längst geleb­te Reali­tät, schrei­ben die Künst­ler. Die Vielfalt der Gesell­schaft solle auch in Film und Fernse­hen abgebil­det werden. Das Publi­kum sei bereit dafür. Die Erfah­run­gen der letzten Jahre etwa bei Strea­ming­diens­ten zeigten dies: «Es gibt weitaus mehr Geschich­ten und Perspek­ti­ven als nur die des hetero­se­xu­el­len weißen Mittel­stan­des, die angeschaut und gefei­ert werden.»

In einem Inter­view fordern sechs der 185 Unter­zeich­ner ihre Branche und die Gesell­schaft auf, Diver­si­tät noch stärker sicht­bar zu machen. Sie kriti­sie­ren die Männer- und Frauen­bil­der, die in TV und Kino vermit­telt werden. Lesbi­sche Schau­spie­le­rin­nen fürch­te­ten, aus «dem Pool der für Männer begeh­rens­wer­ten Frauen oder Frauen­rol­len» heraus­zu­fal­len und nicht mehr besetzt zu werden, sagt die als Dresd­ner «Tatort»-Kommissarin bekann­te Karin Hanczewski.

Den Künst­lern geht es darum, als Minder­heit sicht­bar zu sein. In der Familie oder im Freun­des­kreis hätten sie ein Coming-out hinter sich, sagt Godehard Giese. «Aber wir sind mit unserer sexuel­len Identi­tät in der Öffent­lich­keit nicht sicht­bar. Es wird immer angenom­men, man gehöre zur Norm.» Sein Kolle­ge Jonathan Berlin bezeich­net es als «Akt der Selbst­lie­be», sich zu outen. Als Jugend­li­chem hätten ihm Vorbil­der gefehlt, «um damit freier umgehen zu können».

Hanczew­ski kriti­siert, dass ihr in ihrem Beruf gesagt worden sei, sie solle sich nicht outen. Auch sie spricht von «Befrei­ung» und fügt an: «Ich hatte immer den utopi­schen Wunsch, dass es, wenn ich mich mal oute, eine politisch-gesell­schaft­li­che Relevanz hat. Als Einzel­per­son müsste ich schon wahnsin­nig bekannt sein, damit das irgend­was verän­dert.» In der Gruppe könnten sie aber etwas verändern.