Versi­che­rer leben von Beiträ­gen — und davon, dass der Versi­che­rungs­fall nicht oder nur in einigen Fällen eintritt. Corona trifft hinge­gen ganze Branchen, etwa die Gastro­no­mie. Nun fordern auch Wiesn-Wirte Versicherungsleistungen.

Sieben Wiesn-Wirte verkla­gen ihre Versi­che­rung auf Zahlung ihrer Kosten für das abgesag­te Oktober­fest. Die ersten Klagen seien unter­wegs zum Landge­richt München I, teilten die Wirte am Diens­tag mit. Insge­samt geht es um einen Millionenbetrag.
 

«Die Klage­sum­me liegt pro Zelt im Schnitt im mittle­ren sechs­stel­li­gen Bereich», sagte Sebas­ti­an Kuffler vom Weinzelt. Die Ausga­ben für die Wiesn summier­ten sich aus Mieten über Personal‑, Büro- und Lager­kos­ten — und den teuren Versi­che­rungs­prä­mi­en. Diesen Belas­tun­gen stünden wegen der Corona-Pande­mie keine Einnah­men gegenüber.

Neben Kuffler haben Wirte­spre­cher Peter Insel­kam­mer vom Armbrust­schüt­zen­zelt, Chris­ti­an und Micha­el Schot­ten­ha­mel von der gleich­na­mi­gen Festhal­le, Eduard Reinbold vom Schüt­zen-Festzelt, Arabel­la Schörg­hu­ber vom Paula­ner-Zelt, Hans Stadt­mül­ler von der Fischer Vroni sowie Ricky Stein­berg vom Hofbräu Festzelt Klagen gegen die Deutsche Sport und Enter­tain­ment Versi­che­rungs­ge­mein­schaft (DSE) angekün­digt. Das Landge­richt München I bestä­tig­te den Eingang von Klagen zunächst nicht — üblicher­wei­se geschieht dies erst, nachdem Klagen den Beklag­ten zugestellt sind.

«Die uns zuste­hen­de Summe ist das Geld, das dringend nötig ist, um unsere Betrie­be während der Krise weiter betrei­ben und dadurch Arbeits­plät­ze erhal­ten zu können», begrün­de­te Micha­el F. Schot­ten­ha­mel den Schritt. «Das ist genau so, als wenn einem das Haus abbrennt und die Versi­che­rung nicht für den Schaden aufkom­men will.»

Allein die Prämi­en hätten jährlich bei 20 000 bis 60 000 Euro gelegen, sagte Kuffler. «Über Jahre haben wir enorm hohe Prämi­en gezahlt, und dann sollen wir auf den Ausfall­kos­ten sitzen bleiben. Das kann nicht sein, deshalb gehen wir vor Gericht.»

Obwohl eine Epide­mie als Versi­che­rungs­fall verein­bart sei, habe die DSE bisher nichts bezahlt. «Ich habe gedacht: Gut, wir haben eine Versi­che­rung. Ich war blauäu­gig», sagte Kuffler. Seit Septem­ber habe man versucht, die Ausfäl­le ersetzt zu bekom­men, in den Verhand­lun­gen sei aber keine gütli­che Einigung erreicht worden. Bei der Versi­che­rung hieß es dazu am Diens­tag, zu laufen­den Verfah­ren gebe es aus Daten­schutz­grün­den und zum Schutz der Kunden keine Auskunft.

Bereits vor knapp 20 Jahren nach den Anschlä­gen vom 11. Septem­ber 2001 hatten mehre­re Wiesn-Wirte eine Ausfall-Versi­che­rung abgeschlos­sen. Damals habe Terror als Grund im Vorder­grund gestanden.

Wegen des Lockdowns und der damit verbun­de­nen Schlie­ßung gastro­no­mi­scher Betrie­be hatten bundes­weit bereits hunder­te Wirte gegen zahlungs­un­wil­li­ge Versi­che­run­gen geklagt — inklu­si­ve Chris­ti­an Schot­ten­ha­mel, der nun in der Corona-Pande­mie zum zweiten Mal gegen eine Versi­che­rung vor Gericht zieht. Bei dieser Klage­wel­le ging es aller­dings um eine andere Art von Policen, nämlich für den Fall der Betriebs­schlie­ßung nach Infektionsschutzgesetz.

Im Oktober hatten sich Allianz und Schot­ten­ha­mel außer­ge­richt­lich geeinigt; der Wirt des durch den alljähr­lich im Fernse­hen übertra­ge­nen Stark­bier­an­stichs auf dem Münch­ner Nockher­berg hatte mit dem größten deutschen Versi­che­rungs­kon­zern um gut 1,1 Millio­nen Euro gestrit­ten. Wie viel die Allianz am Ende zahlte, blieb offen.