KARLSRUHE (dpa/lsw) — Die Sommer­fe­ri­en sind noch nicht zu Ende, da ziehen Umwelt- und Klima­ex­per­ten schon Bilanz: Der Sommer 2022 war in Baden-Württem­berg rekord­ver­däch­tig. Doch das ist nicht unbedingt ein Grund zur Freude.

Ausge­dorr­te Äcker, einge­schränk­te Schiff­fahrt und Herbst­laub mitten im August: Der Sommer hat in diesem Jahr zwar gehal­ten, was er verspricht — viele Menschen und nicht zuletzt die Natur haben aber auch die Schat­ten­sei­ten gespürt.

Als heiß und deutlich zu trocken stufte die Landes­an­stalt für Umwelt Baden-Württem­berg (LUBW) den Sommer 2022 am Diens­tag ein. Er habe das Poten­zi­al, zum bislang heißes­ten im Südwes­ten zu werden, sagte LUBW-Präsi­dent Ulrich Maurer. Die Karls­ru­her Behör­de zählte schon 23 Hitze­ta­ge, an denen die Höchst­tem­pe­ra­tur im landes­wei­ten Mittel bei 30 Grad oder mehr lag. «Und wir sind ja noch nicht am Ende des Sommers», sagte Maurer. Im Rekord­jahr 2003 gab es 27 Hitzetage.

«Zur Hitze gesell­te sich zusätz­lich eine Niedrig­was­ser­si­tua­ti­on mit Pegel­stän­den, wie wir sie in der Vergan­gen­heit erst im Herbst nach lang anhal­ten­den Trocken­pe­ri­oden verzeich­net haben», sagte Maurer. Mit knapp 170 Milli­me­tern Nieder­schlag im Schnitt in den Monaten Juni, Juli und August (Stand 24. August) dürfte der Sommer zu den zehn trockens­ten in Baden-Württem­berg gehören. Im Dürre­jahr 2018 lag der Wert bei 164 Milli­me­tern und im Jahr 2003 bei 174 Millimetern.

«Um das ganz deutlich zu sagen: Es ist keine Ausnah­me­si­tua­ti­on», beton­te Maurer. Der Klima­wan­del sei da und nicht zu leugnen.

Mit 304 Zenti­me­tern lag der Spiegel des Boden­sees am Pegel Konstanz Mitte August auf einem so niedri­gen Niveau, wie es üblicher­wei­se erst Anfang Novem­ber erreicht wird. Das wirke sich auf den Oberrhein aus, erläu­ter­te der LUBW-Präsi­dent. Am Pegel Maxau in Karls­ru­he lag der Wasser­stand in der ersten August­wo­che bis zu 20 Zenti­me­ter niedri­ger als in den vergan­ge­nen 40 Jahren Anfang August.

Auch andere Flüsse sind betrof­fen: Am Montag wiesen laut der LUBW-Hochwas­ser­vor­her­sa­ge­zen­tra­le rund 60 Prozent der Pegel einen Wasser­stand auf, der unter dem niedrigs­ten Wasser­stand eines durch­schnitt­li­chen Jahres liegt. Das wird mittle­res Niedrig­was­ser genannt. Anfang August waren es sogar rund 80 Prozent.

Hinzu kommen steigen­de Wasser­tem­pe­ra­tu­ren. Mit jeweils etwas mehr als 23 Grad verzeich­ne­te die Landes­an­stalt für den Neckar bei Besig­heim (Landkreis Ludwigs­burg) die zweit­höchs­te bisher gemes­se­ne mittle­re Wasser­tem­pe­ra­tur und für den Rhein bei Karls­ru­he die dritt­höchs­te. In der Donau bei Ulm wurde den Angaben zufol­ge mit rund 20,8 Grad sogar die höchs­te mittle­re Wasser­tem­pe­ra­tur gemessen.

Bei den Grund­was­ser­stän­den werden sich die Auswir­kun­gen der Trocken­pe­ri­ode erst zeitlich verzö­gert zeigen, wie Thomas Gudera von der LUBW sagte. «Das Grund­was­ser hat ein langes Gedächt­nis.» So seien die Trocken­jah­re 2018 bis 2020 bis heute noch nicht ganz vergessen.

Zum Auffül­len der Grund­was­ser­vor­rä­te ist demnach das hydro­lo­gi­sche Winter­halb­jahr (Novem­ber bis April) wichtig. Dies trage drei Viertel zur Grund­was­ser­neu­bil­dung bei, sagte Gudera. Rund 55 Prozent der Nieder­schlä­ge fielen aber im Sommer. Und auch wenn künftig trocke­ne­re Sommer und feuch­te­re Winter erwar­tet werden, lassen Progno­sen nicht viel Gutes erwar­ten: Schon die Nieder­schlags­men­gen in den Wintern der vergan­ge­nen Jahre seien oft unter­durch­schnitt­lich gewesen.

«Alle Wasser­spar­maß­nah­men helfen», sagte LUBW-Präsi­dent Maurer. So sollten Verbrau­che­rin­nen und Verbrau­cher neben Gas auch auf das Wasser achten. Viele verzich­te­ten beispiels­wei­se schon darauf, ihren Garten zu wässern. Die Landes­re­gie­rung wieder­um stelle sich mit einem Master­plan Wasser­ver­sor­gung auf diese Situa­ti­on ein.

Die Folgen des Hitze­som­mers sehen nicht nur Bauern auf ihren Feldern anhand vertrock­ne­ter Pflan­zen, spüren nicht nur Kapitä­ne, die weniger Fracht laden können. Im Boden­see vermehr­ten sich Algen dank der massi­ven Sonnen­ein­strah­lung. Fischen werde es mitun­ter zu warm, sagte der Leiter des Insti­tuts für Seenfor­schung der LUBW, Harald Hetzen­au­er. Der Boden­see­strand­ra­sen mit teils stark gefähr­de­ten Arten sei zwar wechseln­de Wasser­stän­de gewöhnt, brauche sie sogar — dürfe aber auch nicht zu lange trocken stehen. Schilf hinge­gen zählte Hetzen­au­er zu den Gewin­nern: «Es kann weiter voranwachsen.»