DÜSSELDORF (dpa) — Rund 36 Prozent Rabatt bei Kaffee, 40 Prozent bei Cola und fast 50 Prozent bei Eiscreme: Mit Preis­ak­tio­nen bei Marken­ar­ti­keln versu­chen die Handels­ket­ten vor Ostern, die jüngs­te Welle von Preis­er­hö­hun­gen verges­sen zu machen.

Die Preise im Lebens­mit­tel­han­del steigen zurzeit so schnell wie lange nicht mehr. Viele Verbrau­cher müssen sich deshalb einschränken.

Doch vor dem Oster­fest versu­chen die großen Lebens­mit­tel­händ­ler, den Kunden mit einer Flut von Sonder­an­ge­bo­ten doch noch Lust aufs Einkau­fen zu machen. «Rabat­te sollen Ostern retten», titel­te bereits das Branchen­fach­blatt «Lebens­mit­tel Zeitung».

Rund 36 Prozent Preis­ab­schlag bei Kaffee, 40 Prozent Rabatt bei Cola und fast 50 Prozent bei Eiscreme: Wer die aktuel­len Prospek­te von Aldi, Lidl, Edeka, Rewe und Co. durch­blät­tert, findet Aktions­prei­se zuhauf. Aldi Nord schickt die «Preis­hel­den» in Schlacht um die Kunden­gunst. Das Schwes­ter­un­ter­neh­men Aldi Süd verspricht «Preise zum Augen­ma­chen» und Konkur­rent Lidl «Beste Preise zum Osterfest».

«Es scheint so, als wolle der Handel vor Ostern zeigen, was er kann, um die Kunden in die Läden zu holen», urteil­te der Lebens­mit­tel­ex­per­te Marco Sinn vom Markt­for­schungs­un­ter­neh­men IRI in der «Lebens­mit­tel Zeitung». «Das mag vielleicht den einen oder anderen Kunden von den zuletzt insge­samt stark gestie­ge­nen Preisen etwas ablenken.»

Umsät­ze stiegen in der Corona-Pandemie

Tatsäch­lich steht der Lebens­mit­tel­han­del zurzeit unter Druck wie lange nicht mehr. In der Corona-Pande­mie hatte der Lebens­mit­tel­han­del zu den Krisen­ge­win­nern gehört. Edeka, Rewe und Co. profi­tier­ten davon, dass die Menschen über lange Zeit nicht ausge­hen und kaum noch verrei­sen konnten. Statt­des­sen ließen es sich die Verbrau­che­rin­nen und Verbrau­cher zuhau­se gut gehen und griffen beim Einkauf gerne etwas tiefer in die Tasche, um sich zu verwöh­nen. Die Umsät­ze der Lebens­mit­tel­händ­ler schos­sen regel­recht durch die Decke.

Doch das ist Schnee von gestern. In den ersten zwei Monaten dieses Jahres lagen die Umsät­ze im Lebens­mit­tel­han­del nach den Zahlen des Markt­for­schers GfK bereits wieder um vier Prozent unter dem Vorjah­res­ni­veau. Und auch sonst mehrten sich die Signa­le, dass es zu einer «Zeiten­wen­de» beim Einkauf von Gütern des tägli­chen Bedarfs kommen könnte, sagte der GfK-Exper­te Robert Kecskes.

Bereits im Januar machten sich bei einer GfK-Umfra­ge unter 1000 Verbrau­chern 77 Prozent der Menschen Sorgen über einen Preis­an­stieg von Nahrungs­mit­teln und Geträn­ken. Und fast die Hälfte von ihnen gab an, dass die Preis­er­hö­hun­gen ihr Einkaufs­ver­hal­ten beein­flus­sen würden. Keckes ist überzeugt, dass die Antei­le angesichts des Ukrai­ne-Krieges mittler­wei­le noch höher liegen würden.

Kunden kaufen wieder günsti­ge­re Produkte

Tatsäch­lich gibt es inzwi­schen einige Signa­le, dass sich das Einkaufs­ver­hal­ten der Menschen in Deutsch­land gerade tiefgrei­fend verän­dern könnte. Zum ersten Mal seit Beginn der Pande­mie hätten die Menschen im Febru­ar wieder häufi­ger zu günsti­ge­ren Produk­ten gegrif­fen, berich­te­te Kecskes. Der Markt­an­teil der Eigen­mar­ken des Handels habe spürbar zugenom­men — zu Lasten der Marken­ar­ti­kel. Erstmals seit gerau­mer Zeit hätten außer­dem die Discoun­ter den Super­märk­ten im Febru­ar wieder in gerin­gem Ausmaß Markt­an­tei­le abgenommen.

Angesichts dieser Heraus­for­de­run­gen sei es gerade vor Ostern für die Handels­ket­ten eine vielver­spre­chen­de Strate­gie, auf Preis­ak­tio­nen bei Marken­ar­ti­keln zu setzen, meinte Kecskes. Denn neben Weihnach­ten sei Ostern der zweite zentra­le Feier­tag, an dem die Menschen beson­ders gern zu Marken­ar­ti­keln griffen. «Es wird nur ungern auf Handels­mar­ken ausge­wi­chen. Da muss der Handel einfach einiges an Sonder­an­ge­bo­ten bieten», sagte Kecskes.

Für die Verbrau­che­rin­nen und Verbrau­cher kann die aktuel­le Flut von Sonder­an­ge­bo­ten zumin­dest kurzfris­tig den Umgang mit der Flut von Preis­er­hö­hun­gen etwas erleich­tern. Doch am Ende stehen sie Kecskes zufol­ge dennoch vor einer großen Heraus­for­de­rung: «Die Menschen sind bereit, für ihre Lieblings­pro­duk­te etwas mehr zu bezah­len. Aber das muss anders­wo ausge­gli­chen werden. Das ist viel schwie­ri­ger geworden.»

Von Erich Reimann, dpa