In den vergan­ge­nen drei Jahren hat es im Südwes­ten deutlich zu wenig gereg­net. Die Folge: Niedri­ge Wasser­stän­de in den Flüssen und ein niedri­ger Grund­was­ser­stand. Was kann das für Folgen haben?

Denn bereits 2018 und 2019 habe es zu wenig Nieder­schlag gegeben, sagte Bergdolt. Und 2020 war die Lage bislang nicht besser: Von April bis Juli fielen im Südwes­ten nach Angaben der LUBW nur rund 57 Prozent des Nieder­schlags, der im langjäh­ri­gen Mittel für diesen Zeitraum üblich ist. Die Folge: «Wenn es lange nicht regnet, werden die Bäche vom Grund­was­ser gespeist.» Und wenn dieser Zustand über mehre­re Jahre anhält, ist der Grund­was­ser­spei­cher nicht mehr ausrei­chend gefüllt.

Aber ist dieser Zustand im Sommer nicht normal? «Das kommt darauf an, was man als normal bezeich­net», sagte der Referats­lei­ter für Fließ­ge­wäs­ser Ökolo­gie. Tatsäch­lich werde es so langsam zur Norma­li­tät, dass an vielen Flüssen im Südwes­ten die Normal­wer­te für den niedrigs­ten Stand im Jahr unter­schrit­ten würden. «Aus meiner Sicht ist das ein eindeu­ti­ger Hinweis, dass sich da auch was ändert in Folge des Klimawandels.»

Doch gegen die rückläu­fi­gen Wasser­stän­de etwas zu unter­neh­men, ist gar nicht so leicht: «Man kann da nur sehr begrenzt einschrei­ten», sagte Bergdolt. «Wo soll man das Wasser denn herbe­kom­men?» Im Gegen­teil: Gerade lange trocke­ne Phasen bedeu­te­ten auch, dass der Wasser­be­darf in der Bevöl­ke­rung und in der Landwirt­schaft steige. «Die wirksams­te Maßnah­me aus meiner Sicht wäre es, dass man den Klima­wan­del ernst nimmt und versucht, ihn zu begren­zen.» Techni­sche Maßnah­men seien beispiels­wei­se Rückhal­te­be­cken oder aufge­stau­te Seen. Das könne man aber nur dort machen, wo auch Flächen zur Verfü­gung stünden.

Grund­sätz­lich gelte: «Alles, was verhin­dert, dass Grund­was­ser neu gebil­det wird, ist verschär­fend.» Als Beispiel nennt der Exper­te die Flächen­ver­sie­ge­lung. Das gelte auch für kleine Berei­che — etwa bei Stein­gär­ten, die auch noch eine Folie unter­legt haben, damit kein Unkraut hindurch wachse. Auch Pools, die sich viele Menschen nicht nur während der Corona-Krise in den Garten gestellt hätten, schluck­ten schnell mal ein paar tausend Liter. Rasen­be­wäs­se­rung sei ebenfalls ein gutes Beispiel: «Klar ist ein grüner Rasen etwas Schönes, aber er ist halt nicht lebens­not­wen­dig. Das ist alles Wasser, das dem Grund­was­ser verlo­ren geht.»

Folgen der Entwick­lung könne es in zahlrei­chen Berei­chen geben, sagte Bergdolt. So könne ein langfris­tig zu niedri­ger Wasser­stand etwa die Ökolo­gie der Flüsse belas­ten. «Ein Fisch kann bis zu einem gewis­sen Maß auswei­chen, aber je weniger Wasser da ist, umso kleiner wird der verfüg­ba­re Raum für die Fische und Klein­le­be­we­sen im Gewäs­ser.» In der Landwirt­schaft werde ebenfalls ein erhöh­ter Wasser­be­darf erwar­tet. Und Kraft­wer­ke könnten betrof­fen sein, weil sie große Mengen Kühlwas­ser brauchen. Zudem könne die Schiff­fahrt leiden.

Hinzu kommen vermut­lich auch Auswir­kun­gen auf die Wasser­ver­sor­gung. Bereits jetzt schlie­ßen sich nach Bergdolts Angaben Regio­nen zu Verbün­den zusam­men, um Knapp­heit gegen­sei­tig ausglei­chen zu können. Manche warnen auch schon davor: Das Landrats­amt in Tübin­gen bat Mitte August um «größte Zurück­hal­tung» bei Wasser­ent­nah­men aus Flüssen und Bächen. Die Wasser­stän­de seien in vielen Flüssen und Bächen auf kriti­sche Werte gesun­ken, hieß es bei der Behör­de. Und der Enzkreis verkün­de­te ein Wasser­ent­nah­me-Verbot bis Mitte Oktober.

Um Städte und Gemein­den für mögli­che Heraus­for­de­run­gen bei der Trink­was­ser­ver­sor­gung zu rüsten, entwi­ckelt die Landes­re­gie­rung einen «Master­plan Wasser­ver­sor­gung Baden-Württem­berg». «Darin soll die zukünf­ti­ge Entwick­lung der Wasser­res­sour­cen der prognos­ti­zier­ten Entwick­lung des Trink­was­ser­be­darfs gegen­über­ge­stellt werden», sagte ein Sprecher des Umwelt­mi­nis­te­ri­ums, das den Plan gemein­sam mit dem Verbrau­cher­schutz­mi­nis­te­ri­um vorbereitet.

Dafür würden unter anderem die mittle­ren und minima­len Grund­was­ser­stän­de erhoben und mithil­fe von Klima­mo­del­len eine Progno­se bis 2050 erstellt. Zudem würden die Bevöl­ke­rungs­ent­wick­lung und der zukünf­ti­ge Trink­was­ser­be­darf abgeschätzt — um den Kommu­nen Handlun­gen zu empfeh­len. Wann genau diese vorlä­gen, sei derzeit aber noch nicht absehbar.