BERLIN (dpa) — Seit genau zwei Jahren plagt sich Deutsch­land mit dem Corona­vi­rus herum. Die Menschen haben viele Einschrän­kun­gen hinneh­men müssen. Ein Abflau­en der Pande­mie ist noch nicht in Sicht.

Exakt zwei Jahre nach dem ersten bestä­tig­ten Corona-Fall in Deutsch­land befin­det sich die Zahl der Neuin­fek­tio­nen auf einem Rekordniveau.

Dem Robert Koch-Insti­tut wurden nach Angaben vom Donners­tag­mor­gen binnen eines Tages 203.136 Neuin­fek­tio­nen übermit­telt, so viele wie nie zuvor. Die Sieben-Tages-Inzidenz, also die Anste­ckun­gen je 100.000 Einwoh­ner und Woche, kletter­te auf den Rekord­wert von 1017,4.

Am 27. Januar 2020 war bei einem Mann aus Bayern erstmals das Corona­vi­rus hierzu­lan­de bestä­tigt wurden. Seitdem wurden mehr als neun Millio­nen Infek­tio­nen regis­triert, mehr als 117.000 starben an oder unter Betei­li­gung einer Infek­ti­on. Seit Ende Dezem­ber 2020 werden Impfun­gen gegen das Corona­vi­rus vorge­nom­men. Gut drei Viertel der Bevöl­ke­rung haben mindes­tens eine Dosis erhal­ten, gering­fü­gig weniger haben den vollstän­di­gen Grund­schutz und gut die Hälfte eine Auffrischungsimpfung.

Omikron lässt Infek­ti­ons­zah­len explodieren

Die hochin­fek­tiö­se Omikron-Varian­te, die aber meist zu milde­ren Krank­heits­ver­läu­fen führt, hat in den vergan­ge­nen Wochen die Infek­ti­ons­zah­len explo­die­ren lassen. Das führt nun auch zu Perso­nal­eng­päs­sen in der medizi­ni­schen Versor­gung. «Je stärker die Inziden­zen steigen, desto mehr Praxen werden auch vorüber­ge­hend krank­heits­be­dingt schlie­ßen müssen», sagte der Bundes­vor­sit­zen­de des Deutschen Hausärz­te­ver­ban­des, Ulrich Weigeldt, den Zeitun­gen der Funke Medien­grup­pe. Der Chef der Kassen­ärzt­li­chen Bundes­ver­ei­ni­gung, Andre­as Gassen, beton­te in den Funke-Zeitun­gen ebenfalls, medizi­ni­sches Perso­nal könne knapp werden. «Die Quaran­tä­ne wird zum Problem werden in den kommen­den Wochen», sagte Gassen.

Heftig debat­tiert wird, ob es eine allge­mei­ne Impfpflicht in Deutsch­land geben soll. Im Bundes­tag berie­ten dazu am Mittwoch die Abgeord­ne­ten in einer «Orien­tie­rungs­de­bat­te» frei von Frakti­ons­zwän­gen. Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach vertei­dig­te die Impfpflicht am Mittwoch­abend im ZDF-«heute journal» und beton­te, es hande­le sich um eine ethische Debat­te. Deshalb sprach Lauter­bach im Parla­ment auch nicht als Minis­ter, sondern als Abgeord­ne­ter. Ein Impfre­gis­ter hält Lauter­bach nicht für nötig und hinder­lich, da eine Einfüh­rung zu lange dauern würde.

Natio­na­les Impfregister

Dagegen fordert der Deutsche Städte- und Gemein­de­bund die Einfüh­rung eines solches Regis­ters. «Um eine allge­mei­ne Impfpflicht wirkungs­voll umset­zen zu können, braucht es daher eine belast­ba­re und einfach nutzba­re Daten­ba­sis», sagte Haupt­ge­schäfts­füh­rer Gerd Lands­berg dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land. «Der einfachs­te und beste Weg, dieses Ziel zu errei­chen, ist ein natio­na­les Impfre­gis­ter, in dem die Infor­ma­tio­nen zum Corona-Impfsta­tus und zu weite­ren Impfun­gen gespei­chert werden», beton­te Lands­berg. Lauter­bach hielt dem im ZDF entge­gen, die Kontrol­le eines Impfnach­wei­ses könne am Arbeits­platz oder bei der Nutzung bestimm­ter Verkehrs­mit­tel erbracht werden oder auch bei Arztbe­su­chen. Es könnte auch einfach spora­di­sche Kontrol­len geben wie in Österreich.

Der saarlän­di­sche Minis­ter­prä­si­dent Tobias Hans räumte ein, dass viele Menschen nach zwei Jahren Einschrän­kun­gen «pande­mie­mü­de» seien. «Dass die Kritik an einzel­nen Maßnah­men oder der Corona-Strate­gie als Ganzem zunimmt, ist deshalb auch völlig nachvoll­zieh­bar und damit müssen die politi­schen Entschei­dungs­trä­ger auch leben: Denn es gab und gibt in dieser Situa­ti­on auch nie die eine perfek­te Lösung, die für nieman­den Nachtei­le hat», sagte Hans der «Rheini­schen Post». Insge­samt sei es aber recht gut gelun­gen, «die persön­li­che Freiheit jedes einzel­nen und die berech­tig­ten Inter­es­sen der Wirtschaft mit dem Schutz unserer Gesund­heit in der Corona-Pande­mie umsich­tig in Einklang zu bringen».

Der nieder­säch­si­sche Minis­ter­prä­si­dent Stephan Weil gestand ebenfalls zu: «Natür­lich sind viele Menschen nach zwei Jahren Pande­mie auch erschöpft.» Der SPD-Politi­ker fügte aber in der «Rheini­schen Post» mit Blick auf sein Bundes­land hinzu: «Dennoch erleben wir nach wie vor viel Zustim­mung für unseren vorsich­ti­gen und zugleich verhält­nis­mä­ßi­gen Kurs in Niedersachsen.»