OFFENBACH (dpa) — Der diesjäh­ri­ge Winter ist deutlich zu warm — schon wieder. «Der Klima­wan­del lässt nicht locker», sagen die Meteo­ro­lo­gen. Zum Jahres­wech­sel gab es sogar einen Rekord.

Höchst­wer­te an Silves­ter, Schnee­man­gel und überdurch­schnitt­li­che Tempe­ra­tu­ren: Der diesjäh­ri­ge Winter in Deutsch­land fiel Meteo­ro­lo­gen zufol­ge erneut deutlich zu warm aus. «Deutsch­land erleb­te damit den zwölf­ten zu warmen Winter in Folge. Der Klima­wan­del lässt nicht locker», sagte Uwe Kirsche vom Deutschen Wetter­dienst (DWD) am Montag in Offen­bach. Der DWD bezieht seine vorläu­fi­ge Winter-Bilanz auf die ersten Auswer­tun­gen der bundes­weit rund 2000 Messstationen.

Die durch­schnitt­li­che Tempe­ra­tur lag demnach bei 2,9 Grad und damit 2,7 Grad über dem Wert der inter­na­tio­nal gülti­gen Referenz­pe­ri­ode 1961 bis 1990. Im Vergleich zur aktuel­len und wärme­ren Vergleichs­pe­ri­ode 1991 bis 2020 waren es demnach 1,5 Grad mehr.

Es habe kaum Flach­land­win­ter gegeben, hieß es. «Winter­freun­de kamen ledig­lich im höheren Bergland auf ihre Kosten.» Und der Jahres­wech­sel brach­te sogar Rekord­tem­pe­ra­tu­ren. So wurde zu Silves­ter an der oberbaye­ri­schen Stati­on Wielen­bach ein frühlings­haf­ter Höchst­wert von 20,8 Grad gemes­sen. «Wir hatten im Winter schon höhere Tempe­ra­tu­ren, aber zum Jahres­wech­sel war es noch nie so warm seit Beginn der Messun­gen 1881», sagte DWD-Exper­te Andre­as Friedrich.

Der tiefs­te Wert wurde in diesem Winter ebenfalls in Bayern gemes­sen, und zwar in Heiners­reuth-Vollhof bei Bayreuth, wo die Thermo­me­ter am 18. Dezem­ber minus 19,3 Grad anzeigten.

Alpen­vor­land am sonnigsten

Die Sonne schien laut den Meteo­ro­lo­gen recht durch­schnitt­lich. Mit rund 160 Stunden lag die Sonnen­schein­dau­er im Winter etwa fünf Prozent über dem Sollwert von 153 Stunden des Zeitraums 1961 bis 1990. Im Vergleich zur Periode 1991 bis 2020 (170 Stunden) gab es ein Minus von rund 6 Prozent. Das Alpen­vor­land war mit über 240 Stunden das sonnigs­te Gebiet. In den Mittel­ge­bir­gen und im Nordos­ten zeigte sich die Sonne gebiets­wei­se selte­ner als 120 Stunden.

Und wie stand es um den Nieder­schlag? Insge­samt waren die diesjäh­ri­gen Winter­mo­na­te den Angaben zufol­ge leicht zu trocken. So fielen im Durch­schnitt rund 170 Liter pro Quadrat­me­ter. Im Schwarz­wald, Harz und Sauer­land fielen örtlich über 500 Liter pro Quadrat­me­ter. Im westli­chen Sauer­land erreich­te Wipper­fürth-Garde­weg am 12. Januar mit 71,9 Liter pro Quadrat­me­ter den bundes­weit höchs­ten Tages­nie­der­schlag des Winters. Zum Vergleich: In der Oberrhei­ni­schen Tiefebe­ne wurden lokal im gesam­ten Winter keine 70 Liter pro Quadrat­me­ter erfasst.

Wie viel Schnee in den vergan­ge­nen drei Monaten gefal­len ist, erhebt der DWD nicht. Aber man könne sicher sagen, dass es einen Schnee­man­gel gegeben habe, sagte Meteo­ro­lo­ge Friedrich.

«Ein zu milder Winter allein macht noch keinen Klima­wan­del. Wohl aber der zwölf­te zu warme Winter in Folge», erklär­te Peter Hoffmann vom Potsdam-Insti­tut für Klima­fol­gen­for­schung. Diese Tendenz habe sich in den vergan­ge­nen Jahren verstärkt abgezeich­net und lasse sich ohne den menschen­ge­mach­ten Klima­wan­del nicht erklären.

«Die Kammla­gen der Mittel­ge­bir­ge, die bislang noch als schnee­si­cher galten, werden immer öfter infol­ge von zu milden Witte­rungs­be­din­gun­gen mit Schnee­man­gel konfron­tiert», sagte der Wissen­schaft­ler. Diese Entwick­lung stelle nicht nur die Winter­tou­ris­mus-Betrei­ber vor existen­zi­el­le Heraus­for­de­run­gen, sondern auch die natür­li­chen Wasser­kreis­läu­fe. «Die Folgen sind weitrei­chen­der — Fluss­pe­gel können bereits früh im Jahr durch zu wenig Schmelz­was­ser­ein­trag Niedrig­was­ser führen, vor allem wenn zudem erneut der Regen im Frühjahr über Wochen ausbleibt.»

Wetter-Exper­ten hierzu­lan­de orien­tie­ren sich am meteo­ro­lo­gi­schen Winter, der vom 1. Dezem­ber bis zum 28. Febru­ar dauert. Auch aus statis­ti­schen Gründen berech­nen die Forscher ihre Daten in ganzen Monaten. Der astro­no­mi­sche oder auch kalen­da­ri­sche Frühlings­an­fang ist in diesem Jahr am 20. März. Zu diesem Zeitpunkt steht die Sonne senkrecht über dem Äquator und wandert fortan nach Norden.

Von Jenny Tobien, dpa