RAVENSBURG – Das Adipositaszentrum am Westallgäu-Klinikum in Wangen verzeichnet für das Jahr 2020 einen Rekord an operativen Eingrif-fen. Nachdem in den vergangenen Jahren eine ständige Fallsteigerung zu verzeichnen war, wur-den erstmals 100 Adipositas-Operationen inner-halb eines Jahres durchgeführt. Im Adipositaszent-rum kümmern sich Ärzte sowie Experten für Er-nährung, Bewegung und Verhalten um Überge-wichtige.
Derzeit ist mehr als jeder zweite Bundesbürger übergewichtig. Jeder fünfte gilt sogar als fettleibig. Ab einem BodyMassIndex (BMI) von 30 spricht man von Adipositas, einer Krankheit. „Übergewicht und Adipositas sind ernsthafte Erkrankungen“, sagt Dr. Franz Immler, der Leiter des Adipositas-zentrums.
Für einen Teil der betroffenen Menschen ist ein sogenannter „bariatrischer Eingriff“, für den das Westallgäu-Klinikum einen überregionalen Ruf genießt, die einzige Möglichkeit für eine langfristig deutliche und anhaltende Gewichtsabnahme. Das Westallgäu-Klinikum verfügt mit Chefarzt Dr. Imm-ler und Oberarzt Wolfgang Schmid über zwei er-fahrene Operateure auf diesem Gebiet. 2017 wur-de das Adipositaszentrum am Westallgäu-Klinikum erstmals als „Kompetenzzentrum für Adipositas-chirurgie“ zertifiziert. Im Dezember 2020 bestand es nun die Rezertifizierung.
Die Indikation zu einer Adipositas-OP besteht bei einem extremen Übergewicht mit einem BMI über 40 oder wesentlichen Folgeerkrankungen. Außer-dem muss nachgewiesen werden, dass konserva-tive Maßnahmen zur Gewichtsreduktion ausge-schöpft sind. Es werden unterschiedliche operative Verfahren angewandt. Die Entscheidung für die jeweils indizierte OP wird im Gespräch mit dem Patienten erarbeitet. Dazu ist die Expertise des Operateurs nötig. Ebenfalls muss die Begleitung durch Ernährungsspezialisten, durch auf die Krankheit ausgebildete Pflegekräfte und durch ein ganzes Team von Fachärzten gegeben sein.
Neue Patienten können sich zu einer Infoveran-staltung zu den verschiedenen Verfahren und zum Ablauf der Behandlung anmelden. Anschließend finden Einzelgespräche mit einem der Operateure des Zentrums statt. 2020 konnten 225 Erstgesprä-che mit Betroffenen geführt werden, 2019 waren es mit 150 noch deutlich weniger gewesen. „Für 2021 deutet sich bereits ein Zuwachs an Patienten an“, weiß Koordinatorin des Adipositaszentrums Petra Metzger. Dies zeigt die Größenordnung des Problems der Adipositas in unserer Gesellschaft auf.
Menschen mit krankhaftem Übergewicht haben am Adipositaszentrum in Wangen zusätzlich zu den operativen auch konservative Möglichkeiten, ihr Gewicht für eine bessere Lebensqualität und Gesundheit zu reduzieren.
Für die Therapie ist letztlich eine Lebensstilverän-derung mit geändertem Essverhalten und mehr Bewegung das Ziel. So etwas umzusetzen, ist im normalen Tagesablauf extrem schwierig und nur durch ein längerfristiges Programm möglich.
Das Adipositaszentrum in Wangen bietet deshalb ein speziell entwickeltes Programm mit dem Na-men „Leicht in Form“ zur Gewichtsreduktion an.
Dieses Programm wurde 2015 zum ersten Mal aufgelegt. Von der Weltgesundheitsorganisation ist „Adipositas“ als eine Krankheit eingestuft. „Ent-sprechend müssen die Menschen damit umge-hen“, sagt Diätassistentin Tamara Blatter. Sie ko-ordiniert „Leicht in Form“. „Unser Programm ist anspruchsvoll. Aber der Erfolg zeigt, dass wir rich-tig liegen“, betont Blatter. Wer mitmachen möchte, muss vor allem eines mitbringen: die Bereitschaft, sich 29 Wochen lang auf ein Abnehmprogramm einzulassen. Von den oftmals angebotenen Schnellkursen hält Blatter wenig. „Es geht um Be-wegung, es geht um Ernährung und es geht um Verhalten. Um für sich persönlich neue Einstellun-gen zu entwickeln, soll und muss man sich die Zeit nehmen.“