BAD SAULGAU — Wie in jedem Jahr besuchen Vertreter der Verwaltung und des Gemeinderats einzelne in Bad Saulgau ansässige Betriebe im Rahmen der Sommertour. Zum Auftakt der Tour waren Bürgermeisterin Doris Schröter und Wirtschaftsförderin Ilona Boos gemeinsam mit den Gemeinderäten Franz Östermann (FFW), Gerlinde Frühbauer (SPD), Wolfgang Lohmiller (Grüne) und Anton Baumgartner (CDU) beim Fahrradgeschäft Neudörffer.
Der Betrieb besteht schon seit 157 Jahren und fünf Generationen — und auch die nächste Generation steht bereits in den Startlöchern. Neudörffers Sohn absolviert derzeit eine Ausbildung zum Zweiradmechatroniker in Emmendingen und wird in einigen Jahren in die Fußstapfen seines Vaters treten.
Neudörffer zeigt seinen Gästen zuerst den Hauptverkaufsraum, in dem er Fahrradzubehör und E‑Bikes anbietet, die bereits 50 % des Absatzes der Erwachsenenräder ausmachen. Auf die derzeitigen Lieferengpässe scheint Neudörffer bestens vorbereitet. Im Gebäude lagern auf drei Etagen verschiedene Fahrräder von E‑Bikes über Mountainbikes bis hin zu Kinderfahrrädern. Die bis zu 17.000 Schritte, die er daher pro Tag laufe um seinen Kunden passende Bikes aus den Lagern im Obergeschoss zu holen, seien für ihn ein „kleines Fitnessprogramm“.
Das es in der Branche derzeit an vielen Stellen Lieferprobleme gebe, sei allerding kaum verwunderlich. „Ein Fahrrad ist Multi-Kulti“, weiß Neudörffer. So kommen Motoren aus Ungarn und Sattel aus Italien. Ein komplett in Deutschland produziertes Fahrrad gebe es einfach nicht. Dennoch findet er es positiv, dass ein Großteil der Produktion in Europa stattfinde.
Gegenüber dem Bahnhof liegt Neudörffers zweiter Standort, die Fahrrad-Werkstatt. Auch hier hat die Digitalisierung Einzug gehalten. Die Kunden können hier ihr Fahrrad vorbeibringen. Anhand eines Strichcodes am Rahmen werden dann alle nötigen Informationen über das Fahrrad ermittelt. Danach kommt es zur Reparatur in die große Werkstatthalle. Ist das Fahrrad wieder fahrbereit, erhält der Kunde eine Benachrichtigung per SMS und kann sein Fahrrad bei Neudörffer abholen. In seiner Werkstatt gibt es drei Reparaturplätze. Insgesamt beschäftigt Neudörffer 12 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Neben dem klassischen Verkauf und der Reparatur bietet Neudörffer auch Leasingmodelle an – und könnte sich vorstellen, mit der Stadt eine Kooperation zu starten, um Leihfahrräder beispielsweise für Touristen und Gäste verfügbar zu machen. Und ganz grundsätzlich könne noch viel getan werden, um die Leute weg vom Auto hin zum Fahrrad zu bekommen. Er sieht Bad Saulgau dennoch auf einem guten Weg, auch wenn es aus seiner Sicht vor allem an Parkmöglichkeiten für Fahrräder fehle.
Noch am selben Tag stand die zweite Station der Sommertour 2022 an – die Bäckerei und Konditorei Bochtler in Riedlingen, die in Bad Saulgau gleich zwei Filialen betreibt.
Die Bäckerei Konditorei Bochtler wurde 1955 vom Vater und Großvater der 3 Geschäftsführer in Riedlingen gegründet und ist ein echtes Familienunternehmen. Neben dem Hauptsitz in der Neuen Unlinger Straße in Riedlingen führen die Bochtlers noch weitere Filialen in der Riedlinger Innenstadt, Mengen, sowie in Bad Saulgau in der Kaiserstraße und in der Friedrichsstraße. Mit ihren Filialen verfügt die Bäckerei über ein Einzugsgebiet von 30.000 – 40.000 Menschen.
Bäckermeister Michael Bochtler führte die Gruppe zunächst durch die Backstube. Seine Führung begann er im Lager der Bäckerei und ging dabei auf Thema der Zurückverfolgbarkeit der Rohstoffe ein. Er legt großen Wert auf regionale Produkte, jedoch sei dies nicht einfach, da viel mittlerweile aus China oder Afrika importiert werde – selbst bei Rohstoffen, die man eigentlich in Deutschland oder Europa verorten würde. Neben seinem Rohstofflager unterhält die Bäckerei übrigens ein gesondertes Mehllager. Dort lagern mehrere Tonnen Mehl verschiedener Typen. Denn je nach Backware werde ein anderes Mehl benötigt, so der Bäckermeister.
Weiter ging die Führung dann in der Backstube. Dort zeigte der Bäckermeister unter anderem die Maschinen zur Teigherstellung, sowie weitere Geräte, wie z.B. eine Maschine die den Teig auf die genauen, immer gleichen Portionen abwiegt. Echte Handarbeit sind hingegen weiterhin die Brezeln. „An der Form der Brezel kann ich deshalb sogar erkennen, welcher meiner Mitarbeiter am Werk war“, schmunzelt Michael Bochtler. Gemeinsam von der Bäckerei, als auch der Konditorei genutzt werden übrigens die Backöfen. Die dabei entstehende Abwärme wird als Heizung anderer Bereiche des Betriebs genutzt.
Im Gespräch mit den städtischen Vertretern berichten die Brüder über einen Azubi-Mangel der Branche. Ausschlaggebend dafür seien die Arbeitszeiten als Bäcker. Bei der Bäckerei Bochtler wird der erste Teig bereits um 1 Uhr morgens gemacht. Dementsprechend früh beginnen die Arbeitszeiten der Riedlinger Bäcker.
Die Konditorei, die von Michael Bochtlers Bruder Konditormeister Frank Bochtler geleitet wird, führt 18 verschiedenen Torten, sowie eine kleine Auswahl an Kuchen. Daneben produziert die Konditorei auch Pralinen und im Sommer auch Eis.
Um sich während den unsicheren Zeiten der Corona-Einschränkungen ein drittes Standbein aufzubauen, sind die Brüder kreativ geworden. Die Bäckerei bietet seitdem Tiefkühlbackwaren für Gastronomen und Caterer an und die Konditorei hat ihre eigene Eismarke BOTIQUA geschaffen. Erhältlich sind unter anderem Sorten wie Schwarzwälder-Kirsch-Torte oder Käsekuchen sowie ein besonderes Schokoeis, das nicht aus Schokolade, sondern direkt aus Kakao hergestellt wird.
Das Thema Nachhaltigkeit spielt bei der Bäckerei und Konditorei Bochtler eine große Rolle. Nicht verkaufte Produkte werden bei ihnen zu Brösel und anderen Nebenprodukten weiterverarbeitet und an die Tafelläden der 3 Donaustädte gespendet. Sinnlos weggeworfen werde bei ihnen also nichts. Auch beim Thema Energie setzen sie auf Nachhaltigkeit und betreiben auf ihrem Dach eine Photovoltaikanlage mit 99kW.