RAVENSBURG – Abitur, und was dann? Für Schüler, die kurz vor ihrem Schul­ab­schluss stehen, stellt sich die nicht ganz einfa­che Frage der Berufs­fin­dung. Studie­ren – und wenn ja, was? Eine duale Ausbil­dung machen, ins Ausland gehen oder vielleicht zuerst ein Freiwil­li­gen­jahr absol­vie­ren? Rund 50 Abitu­ri­en­tin­nen und Abitu­ri­en­ten aus Ravens­bur­ger Schulen nutzten die Chance, bei einer Veran­stal­tung von Rotary Club Ravens­burg und Albert Einstein Gymna­si­um Ravens­burg in der Kanti­ne durch Tipps, Infor­ma­tio­nen und Fakten sowie in direk­ten Gesprä­chen mit regio­na­len Wirtschafts­ver­tre­tern wichti­ge Entschei­dungs­hil­fen zu erhalten. 

Diese Infover­an­stal­tung des Rotary Club zur Berufs­fin­dung sei mittler­wei­le Tradi­ti­on, berich­te­te Club-Präsi­den­tin Gudrun Lohr-Kapfer, die sich über das große Inter­es­se freute. „Ihr habt die Wahl, eine unend­li­che Wahl“, sagte Rotary-Vorstands­mit­glied Rechts­an­walt Dr. Jan Schöll, bei dem die Organi­sa­ti­on der Veran­stal­tung lag. Er verwies auf aktuell mehr als 20.900 Studi­en­gän­ge sowie rund 300 Ausbil­dungs­mög­lich­kei­ten in Deutsch­land. Schöll riet den Abitu­ri­en­ten zu einer Berufs­fin­dung in drei Phasen – Entdeckungs‑, Planungs- und Handlungs­pha­se. „Sprecht mit anderen, seid neugie­rig, beschränkt euch nicht auf das, was ihr kennt, geht auch mal andere Wege“, so sein Appell. 

Simone Peckhaus, Group Direc­tor Human Resour­ces bei der Ravens­bur­ger AG, gab den jungen Zuhörern fünf Fragen mit auf den Weg, wie sie Licht in den Berufs­fin­dungs­ne­bel bringen können: Worin bin ich richtig gut? Was macht mir Spaß und Freude? Was möchte ich studie­ren oder wie möchte ich meinen Beruf erler­nen? Welchen Stellen­wert hat Arbeit in meinem Leben? und – als Reali­täts­check zum Schluss: Ist das, was ich gerne machen möchte, auch zukunfts­fä­hig? „Ihr werdet, wenn ihr euch die Fragen beant­wor­tet habt, alle etwas finden und in dem Beruf zufrie­den sein“, sagte sie und hatte einen weite­ren Tipp parat: Das Leben sollte nie gerade verlau­fen. „Auch wenn ihr später etwas anderes machen möchtet, euch steht alles offen.“

Wie unter­schied­lich erfolg­rei­che Bildungs­ver­läu­fe sein können, wurde in dem Podiums­ge­spräch mit Simone Peckhaus, Marc Hamma (Geschäfts­füh­rer der gleich­na­mi­gen Bäcke­rei), Polizei­prä­si­dent Uwe Stürmer, Allge­mein­arzt Dr. Tobias Preiß­ho­fen und Rotary-Club-Präsi­den­tin Gudrun Lohr-Kapfer deutlich. Die Modera­ti­on übernahm Eike Schön­au, Direc­tor Employ­er Branding & Talent Acqui­si­ti­on bei Vetter Pharma, der eigenen Angaben zufol­ge bereits mehr als 2000 Perso­nal­ein­stel­lun­gen vorge­nom­men hat. Sie sei nach ihrem Schul­ab­schluss zunächst eher orien­tie­rungs­los gewesen, sagte Simone Peckhaus. Ihre Neugier und positi­ve Lebens­ein­stel­lung hätten ihr aber auch nach einem Ausbil­dungs­ab­bruch weiter­ge­hol­fen. Marc Hamma berich­te­te, dass sein Werde­gang durch den tradi­ti­ons­rei­chen Famili­en­be­trieb „schon ein bisschen vorge­ge­ben gewesen“ sei. Er führt das mittel­stän­di­sche Unter­neh­men gemein­sam mit seiner Schwes­ter und ist für den Produk­ti­ons­be­reich zustän­dig. „Ich bin ein Genera­list, kann alles ein bisschen – auch schnel­le Entschei­dun­gen treffen“, so seine Selbst­ein­schät­zung. Uwe Stürmer sollte, wenn es nach dem Wunsch seiner Mutter gegan­gen wäre, eine Bankleh­re absol­vie­ren. „Ich habe aber gemacht, was ich wollte, und bin zur Polizei gegan­gen.“ Er habe seine eigene Entschei­dung nie bereut, so Stürmer. Ganz zielstre­big seinen Berufs­wunsch verfolgt hat auch der Allge­mein­me­di­zi­ner Dr. Tobias Preiß­ho­fen – „obwohl man mir Ende der 1990er Jahre prophe­zeit hatte, dass ich als Medizi­ner keinen Job bekom­men würde“. Bei ihr sei alles anders gekom­men, als sie gedacht hatte, berich­te­te Gudrun Lohr-Kapfer von ihrem Karrie­re­weg. Ihren Wunsch zu studie­ren konnte sie erst nach einer von ihrem Vater angeord­ne­ten Lehre durch­set­zen. Eigent­lich habe sie vorge­habt, nach ihrem Studi­um der Volks­wirt­schafts­leh­re mit Wahlpflicht­fach Jura und Zusatz­fach Arbeits­päd­ago­gik zu einer Behör­de oder einem Fachver­band zu gehen, statt­des­sen sei sie auf Bitten ihres Vaters als Gesell­schaf­te­rin in das Famili­en­un­ter­neh­men einge­tre­ten. „Ich habe durch einen Verkauf unseres Unter­neh­mens 18 Jahre lang Konzern­erfah­run­gen gesam­melt“, berich­te­te sie. Später sei es ihr gelun­gen, das Famili­en­un­ter­neh­men zurück­zu­kau­fen und noch zehn Jahre lang erfolg­reich zu leiten. 

„Suchen Sie das Gespräch mit anderen Menschen, infor­mie­ren Sie sich gut, bleiben Sie neugie­rig und machen Sie das, was Ihnen Spaß macht und worin Sie gut sind“, appel­lier­ten die Podiums­teil­neh­mer an ihre jungen Zuhörer. Begeis­te­rung, Durch­set­zungs­ver­mö­gen und Willens­stär­ke seien wichti­ge Voraus­set­zun­gen für einen erfolg­rei­chen Berufs­weg. Und: „Hören Sie auf Ihre innere Stimme.“

Diese Einschät­zun­gen teilten auch die fünf jungen Podiums­teil­neh­mer, die von ihren unter­schied­li­chen Bildungs­we­gen nach dem Abitur – Auslands­auf­ent­halt, Prakti­kum, Studi­en­ori­en­tie­rungs­jahr, Studi­um, duale Ausbil­dung im Handwerk – berich­te­ten. „Infor­miert euch und überlegt gut, was ihr könnt und was ihr möchtet“, so ihr Appell.

Eike Schön­au hatte abschlie­ßend für die Abitu­ri­en­ten noch den Tipp parat, eine Feedback-SMS an Menschen, „die euch gut kennen“, zu senden, um zu erfah­ren, „wo andere eure Stärken und Talen­te sehen“. Danach hatten die Schüler die Möglich­keit, mit erfolg­rei­chen Vertre­tern aus Bildung und Wirtschaft direkt und persön­lich ins Gespräch zu kommen.