LEUTKIRCH — Am 13.12.2021 bricht in Sachen Bahnfah­ren im Württem­ber­gi­schen Allgäu eine neue Zeitrech­nung an: Mit der Elektri­fi­zie­rung der Strecke München / Lindau und mit der Schaf­fung eines siche­ren und zuver­läs­si­gen Stunden­takts, umstei­ge­frei­en Verbin­dun­gen, sowie dem Einsatz moder­ner neuer Züge, gewinnt die Allgäu­bahn enorm an Attraktivität. 

Die Bürger­meis­ter der an der Bahnstre­cke liegen­den Städte und Gemein­den haben sich kürzlich in Kißlegg getrof­fen, um auf diese sehr erfreu­li­che Entwick­lung gemein­sam hinzu­wei­sen. Bürger­meis­ter Thomas Kellen­ber­ger aus Aitrach, Bürger­meis­ter Dieter Kratten­ma­cher aus Kißlegg, Oberbür­ger­meis­ter Hans-Jörg Henle aus Leutkirch und Oberbür­ger­meis­ter Micha­el Lang aus Wangen, sowie der Landtags­ab­ge­ord­ne­te Raimund Haser (CDU) und der frühe­re bayeri­sche Landwirt­schafts­mi­nis­ter und langjäh­ri­ge Memmin­ger CSU-Landtags­ab­ge­ord­ne­te Josef Miller möchten sich in diesem Rahmen für das gelun­ge­ne „Jahrhun­dert-Projekt“ bedan­ken. Raimund Haser und insbe­son­de­re Josef Miller tragen einen großen Anteil an dieser positi­ven Entwicklung.

„Es ist wirklich ein Jahrhun­dert­pro­jekt, dass unsere Region nun fester Teil des inter­na­tio­na­len Bahnnet­zes gewor­den ist. Wir freuen uns auf das leistungs­star­ke und attrak­ti­ve Zugan­ge­bot von Go-Ahead“, so Kißleggs Bürger­meis­ter Dieter Krattenmacher.

Leutkirchs OB Hans-Jörg Henle verwies auf die Klima­freund­lich­keit der elektri­fi­zier­ten Bahnli­nie und lobte das insge­samt gute und erfolg­rei­che Mitein­an­der der Länder, der Deutschen Bahn und der Kommu­nen: „nur dadurch konnten die vielen Millio­nen in Klima­schutz, Lärmschutz und Sicher­heit unserer Bahnli­nie ermög­licht werden.“ 

„Mit der Aktion heute bedan­ken wir uns auch beim Land Baden-Württem­berg und beim Freistaat Bayern für das künftig großar­ti­ge Zugan­ge­bot“ beton­te OB Micha­el Lang aus Wangen. 

Elektri­fi­zie­rung als Mammutprojekt

Die jetzt bestehen­de Elektri­fi­zie­rung besteht genau genom­men aus zwei Projek­ten: Ende der 1990er Jahre wurde beschlos­sen die Strecke so zu ertüch­ti­gen, dass die Diesel­zü­ge schnel­ler fahren können — „Neige­tech­nik­aus­bau“. Die Elektri­fi­zie­rung selbst kam erst 2006 bis 2008 in Fahrt, als von der Schweiz ein Kredit in Aussicht gestellt wurde, damit der Euroci­ty schnel­ler von Zürich nach München kommt. Die anfäng­li­chen Annah­men der Kosten mussten mehrmals nach oben korri­giert werden. Auch hat sich gezeigt, dass der baden-württem­ber­gi­sche Teil der Allgäu­bahn in vieler­lei Hinsicht veral­tet war. Alte Brücken und zu viele unsiche­re Bahnque­run­gen, alte Gleise und veral­te­te Sicher­heits­tech­nik mussten erneu­ert werden. Dies bedeu­te­te auch, dass die Städte und Gemein­den und der Landkreis viele Millio­nen Euro für die kommu­na­len Straßen aufwen­den mussten um die Brücken und Bahnüber­gän­ge zu erneu­ern bzw. zu beseitigen. 

Raimund Haser ist es hier zu verdan­ken, der er als neuer Landtags­ab­ge­ord­ne­ter und mit der Vorbe­rei­tung durch seinen Vorgän­ger Paul Loche­rer geschafft hat, eine wesent­lich besse­re Landes­för­de­rung für diese kommu­na­len Projek­te durch­zu­set­zen. Damit wurde es für die Kommu­nen in Baden-Württem­berg ermög­licht, ihren Anteil an den Straßen- und Brücken­pro­jek­ten zu schultern. 

Wieder­ein­füh­rung Stundentakt

Ende 2004 wurde der bis dahin prakti­zier­te „Allgäu-Schwa­ben-Stunden­takt“ von Baden-Württem­berg in einen „Zwei-Stunden-Takt“ halbiert. Dies hatte zur Folge, dass fast alle früher durch­gän­gi­gen Züge von Lindau nach München oder Augsburg über das bayeri­sche Allgäu gelenkt wurden und die Anschlüs­se in Hergatz und Memmin­gen beispiels­wei­se nach Ulm nicht mehr funktio­nier­ten. Es fuhr auf Württem­ber­ger Seite also nur noch alle zwei Stunden ein Zug. Im Jahr 2006 gründe­ten die betrof­fe­nen Städte und Gemein­den deshalb die „Initia­ti­ve Allgäu­bahn“ und forder­ten wieder einen Stunden­takt. Sukzes­si­ve hat das Land Baden-Württem­berg dann wieder ein paar Züge mehr fahren lassen und Ende 2011 war dann wieder ein annähern­der Stunden­takt werktags da. 

Rund um die Elektri­fi­zie­rung wurden dann von allen betrof­fe­nen Städten und Gemein­den für einen siche­ren und zuver­läs­si­gen Stunden­takt an sieben Tagen die Woche gekämpft. Durch neuer­li­che politi­sche Aktio­nen und unter großer Mithil­fe von Raimund Haser und der bayeri­schen Seite, ist es dann gelun­gen, dass künftig nicht nur an 365 Tagen jede Stunde ein Zug fährt, sondern dass es zwischen Leutkirch-Kißlegg und Wangen sogar mehrfach halbstünd­lich eine Zugver­bin­dung gibt.

Eindrück­lich wird das am Bahnhof in Kißlegg: So fahren künftig statt 57 nun 75 Züge täglich im Bahnhof ab. Jede zweite Stunde fährt sogar ein Zug ohne Umstei­gen zu müssen von Lindau nach München. Es wird also ab 13.12. möglich sein von allen Bahnhö­fen im württem­ber­gi­schen Allgäu in unter zwei Stunden nach München zu kommen.

Josef Miller als treiben­de Kraft

Die Württem­ber­gi­sche Allgäu­bahn sollte bereits 1975 elektri­fi­ziert werden. Von München aus gelang der Ausbau aber nur bis Gelten­dorf — wegen der S‑Bahn. Es war in Bayern lange umstrit­ten, ob die künfti­ge Haupt­bahn über Buchloe-Kempten-Immenstadt nach Lindau oder von Buchloe über Memmin­gen und das Württem­ber­gi­sche Allgäu nach Lindau gehen sollte. Dank des unabläs­si­gen Einsat­zes von Staats­mi­nis­ter Josef Miller, der aus Memmin­gen kommt, und des frühe­ren Memmin­ger OB Dr. Ivo Holzin­ger konnten alle Stellen überzeugt werden, dass die Strecken­füh­rung über Memmin­gen geeig­ne­ter ist. 

Josef Miller, der einst für den Stimm­kreis Memmin­gen im Landtag saß, hat die politi­sche Diskus­si­on um die Trassen­füh­rung und Elektri­fi­zie­rung von Anfang an mitbe­glei­tet. Über vier Jahrzehn­te hat er für das Projekt gekämpft und das Vorha­ben mit vielen Unter­stüt­zern schließ­lich erfolg­reich zur Umset­zung gebracht. 

Im vergan­ge­nen Jahr hat Josef Miller ein Buch über die Elektri­fi­zie­rung der Bahnstre­cke zwischen München und Lindau geschrie­ben und heraus­ge­ge­ben. Inzwi­schen ist eine ergänz­te Neuauf­la­ge von „München – Lindau unter Strom“ erschie­nen, die im Buchhan­del erhält­lich ist.