BERLIN — Als direkt gewähl­ter Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­ter wird Axel Müller immer wieder gefragt, wie der aktuel­le Stand für die dringend erfor­der­li­che B30-Ortsum­fah­rung in Enzis­reu­te und Gaisbeu­ren ist.

„Zu Zeiten der Großen Koali­ti­on konnte ich hier immer beden­ken­los Entwar­nung geben und auf den von Bund, Land und Kommu­ne verein­bar­ten Zeitplan verwei­sen“, so Müller.

Dieser Zeitplan ergibt sich aus dem zentra­len Planungs­in­stru­ment für Autobahn- und Schnell­stra­ßen­pro­jek­te, dem Bundes­ver­kehrs­we­ge­plan 2030 (BVWP). Dieser wurde im Jahr 2016 per Bundes­ge­setz festge­legt und beschreibt, welche Verkehrs­pro­jek­te der Bund reali­sie­ren möchte. Die B30- Umfah­rung ist als Projekt in diesem Plan enthal­ten. Damit haben das Land Baden-Württem­berg und das nachge­ord­ne­te Regie­rungs­prä­si­di­um Tübin­gen den gesetz­li­chen Auftrag, das Projekt zu planen und umzuset­zen. In der entspre­chen­den Umset­zungs­kon­zep­ti­on des grün geführ­ten baden-württem­ber­gi­schen Verkehrs­mi­nis­te­ri­ums aus dem Jahr 2018 wurde das Projekt in die Katego­rie „Planungs­be­ginn bis 2025“ einge­stuft. In einer weite­ren Konkre­ti­sie­rung der perso­nel­len Kapazi­tä­ten im Regie­rungs­prä­si­di­um Tübin­gen ist daraus dann – erfreu­li­cher­wei­se – ein avisier­ter Planungs­be­ginn im 2. Halbjahr 2022 geworden.

„Ich wollte mich direkt am ersten Tag des 2. Halbjah­res 2022 bei Bundes­ver­kehrs­mi­nis­ter Wissing (FDP) und Landes­ver­kehrs­mi­nis­ter Hermann (Bündnis90/Die Grünen) bzgl. dieses Zeitplans noch einmal versi­chern. Daher habe ich mich am 30.6.22. posta­lisch an beide Minis­ter gewandt“, so Müller.

Weil es in den letzten Monaten – seit Veröf­fent­li­chung des Koali­ti­ons­ver­tra­ges der Berli­ner Ampel-Regie­rung – einige Unruhe und Sorgen gab, dass die Reali­sie­rung der Umfah­rung auf den Sankt-Nimmer­leins­tag verscho­ben wird, können die Reaktio­nen auf das Schrei­ben des direkt gewähl­ten Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­ten nicht beruhi­gen. Während das Landes­mi­nis­te­ri­um den Zeitplan erst einmal bestä­tigt, ist das Ausblei­ben einer Antwort aus Berlin – zwei Monate nach Versand des Briefes – besorgniserregend.

Der BVWP muss alle fünf Jahre im Rahmen der Bedarfs­plan­über­prü­fung (BPÜ) kontrol­liert werden. Im Koali­ti­ons­ver­trag der Berli­ner Ampel­ko­ali­ti­on wurde daher verein­bart: „Wir streben einen neuen Infra­struk­tur­kon­sens bei den Bundes­ver­kehrs­we­gen an. Dazu werden wir paral­lel zur laufen­den Bedarfs­plan­über­prü­fung einen Dialog­pro­zess mit Verkehrs‑, Umwelt‑, Wirtschafts- und Verbrau­cher­schutz­ver­bän­den starten mit dem Ziel einer Verstän­di­gung über die Priori­tä­ten bei der Umset­zung des gelten­den Bundes­ver­kehrs­we­ge­plan.“ (Koali­ti­ons­ver­trag 2021 bis 2025, S. 48)

Die weite­re Vorge­hens­wei­se für die Überprü­fung des BVWP wurde nun vom Bundes­ver­kehrs­mi­nis­te­ri­um vorge­stellt (https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/G/verkehrsprognose-2040.html). Danach wurden Verkehrs­pro­gno­sen für das Jahr 2040 (VP 2040) und für 2050 in Auftrag gegeben, die die Basis für die Überprü­fung bilden sollen. Die Progno­sen geben Aufschluss darüber, wie sich der Verkehr entwi­ckeln wird. Daraus werden dann die Projek­te herge­lei­tet, die umgesetzt werden müssen, um diesen Verkehr zu bewältigen.

Bisher hat das Bundes­ver­kehrs­mi­nis­te­ri­um (beispiels­wei­se in Bundes­tags­druck­sa­che 20/2903 von 25. Juli 2022) stets darauf hinge­wie­sen, dass im Rahmen der BPÜ keine Einzel­pro­jek­te sondern nur der Plan als Ganzes geprüft wird: “Die verkehrs­trä­ger­über­grei­fen­de BPÜ fokus­siert sich auf die Gesamt­pla­ne­be­ne bzw. auf die Bedarfs­plä­ne als Ganzes. Mit Ausnah­me der 15 expli­zit im BVWP 2030 (Gesamt­plan) genann­ten Straßen­pro­jek­te findet keine erneu­te Bewer­tung der enthal­te­nen einzel­nen Projek­te statt.“

Die am 29. August 2022 auf der Homepage des Bundes­mi­nis­te­ri­ums aktua­li­sier­ten Äußerun­gen lassen daran nun ernste Zweifel zu. Dort heißt es: „Im Ergeb­nis wird die BPÜ Hinwei­se dazu geben, ob weiter­hin ein verkehr­li­cher Bedarf für die in den drei Bedarfs­plä­nen enthal­te­nen Projek­te im Sinne des darin festge­leg­ten Ausbau­um­fangs besteht bzw. ob es grund­sätz­lich eines größe­ren bzw. anderen Ausbau­um­fangs bedarf.“

„Die Sorgen einer Öffnung der Büchse der Pando­ra durch die Hinter­tür sind damit zurück und größer denn je“, so Müller. Er könne sich des Eindrucks nicht erweh­ren, dass hier zur Beruhi­gung der Bürge­rin­nen und Bürger von Seiten des Landes­ver­kehrs­mi­nis­te­ri­ums zwar eine Planung begon­nen werde, im Hinter­grund jedoch bereits damit gerech­net und daran gearbei­tet werde, dass niemals ein Bagger rolle.

„Ich forde­re die Ampel-Abgeord­ne­ten aus dem Wahlkreis Ravens­burg daher auf, sich auch weiter­hin – und ohne jedwe­de verkehrs- und klima­po­li­ti­sche Einschrän­kung – für die Ortsum­fah­run­gen in Bad Waldsee und damit für unsere Heimat einzu­set­zen und sich auch öffent­lich dazu zu beken­nen“, so Müller.