FRIEDRICHSHAFEN — Seit Juli ist das Archiv der Luftschiff­bau Zeppe­lin GmbH nicht nur räumlich, sondern auch formal Bestand­teil des Zeppe­lin Museums. Nach 26 Jahren unter einem gemein­sa­men Dach sind die beiden Insti­tu­tio­nen mit ihren weltweit einzig­ar­ti­gen Sammlun­gen zur Bewah­rung der Zeppe­lin-Geschich­te Fried­richs­ha­fens nun vereint. Für die Städti­sche Kunst- und Technik­samm­lung ein bedeu­ten­der Wertzuwachs.

Noch heute prägen Zeppe­li­ne das Stadt­bild Fried­richs­ha­fens. Die von Graf von Zeppe­lin und seinen Ingenieu­ren entwi­ckel­ten Luftschif­fe üben seit jeher eine große Faszi­na­ti­on auf Groß und Klein aus. Am Ort ihrer Entste­hungs­ge­schich­te erinnert nicht nur das Zeppe­lin Museum an diese heraus­ra­gen­den Leistun­gen, sondern auch das Archiv der Luftschiff­bau Zeppe­lin GmbH, kurz Zeppe­lin Archiv. Dass die Stadt ihren Wohlstand den Unter­neh­men verdankt, die aus der Luftschiff­bau Zeppe­lin GmbH hervor­ge­gan­gen sind und Fried­richs­ha­fen zu einem der wichtigs­ten Indus­trie­stand­or­te in Süddeutsch­land gemacht haben, zeigen seine Archi­va­li­en: Als weltweit größte Sammlung zur Geschich­te der Zeppe­lin-Luftschiff­fahrt umfasst das Zeppe­lin Archiv Unter­la­gen aus dem Nachlass des Grafen von Zeppe­lin, aus der Geschich­te des 1908 gegrün­de­ten Unter­neh­mens und seiner Tochterbetriebe.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Zeppe­lin-Konzern aufge­löst und das Vermö­gen der Zeppe­lin-Stiftung auf die Stadt Fried­richs­ha­fen übertra­gen. Das Zeppe­lin Museum ging in die städti­sche Träger­schaft über, das Zeppe­lin Archiv verblieb beim Unter­neh­men. 1996 zogen Museum und Unter­neh­mens­ar­chiv gemein­sam in den ehema­li­gen Hafen­bahn­hof, um die Sammlungs­be­stän­de räumlich zu verei­ni­gen. So sollte eine zentra­le Forschungs­ein­rich­tung zur Geschich­te und Technik des Zeppe­lin­schen Starr­luft­schiff­baus und der damit verbun­de­nen Unter­neh­men entste­hen. Den Kernbe­stand des Zeppe­lin Archivs bilden Akten, Graphi­ken, Model­le, Bücher sowie Film- und Fotoma­te­ri­al zur Zeppe­lin-Geschich­te, Planun­ter­la­gen und eine umfas­sen­de Biblio­thek zur Luftschiff­fahrt sowie eine Objekt­samm­lung, die von der Postkar­te bis zum Luftschiff­pro­pel­ler alles enthält, was in Zusam­men­hang zur Luftschiff- oder Unter­neh­mens­ge­schich­te steht.

Für Claudia Emmert, Direk­to­rin des Zeppe­lin Museums, ist die forma­le Zusam­men­le­gung eine wichti­ge Erwei­te­rung: „Mit dem Übergang des Archivs in das Zeppe­lin Museum verfü­gen wir jetzt über weite­re wertvol­le Bestän­de, aus denen wir Ideen, Infor­ma­tio­nen und Expona­te für unsere Ausstel­lun­gen schöp­fen können. Diese Bestän­de als Teil der musea­len Sammlun­gen zu wissen, ist für mich von großer Bedeu­tung, da das Zeppe­lin Archiv eine Fülle an Themen der Kultur- und Indus­trie­ge­schich­te sowie der Stadt­ge­schich­te Fried­richs­ha­fen abdeckt.“ Die Bestän­de des Archivs werden nun Teil der Städti­schen Kunst- und Technik­samm­lung, welcher dadurch ein bedeu­ten­der Wertzu­wachs zuteil­wird. „Die Stadt Fried­richs­ha­fen verfügt nun auch über weltweit heraus­ra­gen­de Archi­va­li­en im Bereich der Luftschiff­fahrt. Ich gratu­lie­re unserem Gesell­schaf­ter zu diesem wertvol­len Sammlungs­zu­wachs“, so Emmert weiter.

Seit dem Einzug in das ehema­li­ge Hafen­bahn­hofs­ge­bäu­de betreut und leitet Barba­ra Waibel das Zeppe­lin Archiv. War es auf dem Werft­ge­län­de des Konzerns für Inter­es­sier­te und Forscher*innen nur einge­schränkt öffent­lich nutzbar – „man musste Besucher*innen an der Pforte abholen, es gab nur einen Platz und man saß zwischen den Regalen voller Akten, es war beengt und versteckt“, so Waibel – konnte man mit dem Umzug neue Struk­tu­ren zur breite­ren Öffnung und besse­ren Nutzbar­keit für die Forschung und die Ausstel­lun­gen am Zeppe­lin Museum schaf­fen. Mit dem jetzi­gen forma­len Übergang an das Museum erwei­tern sich diese Möglich­kei­ten: „Da wir jetzt im Museum arbei­ten, gibt es die Beschrän­kun­gen nicht mehr, die man hatte, weil man zu einer anderen Firma gehör­te. Man kann sich jetzt noch inten­si­ver in die Museums­ar­beit einbrin­gen. Gleich­zei­tig bleibt das Archiv durch die Zusam­men­ar­beit mit dem Museum leben­dig“, erklärt Chris­ti­ne Buecher, Wissen­schaft­li­che Mitar­bei­te­rin im Archiv. 

Wie stark Biblio­thek und Archiv eine zentra­le Anlauf­stel­le für Belan­ge rund um die Fried­richs­ha­fe­ner Luftfahrt­ge­schich­te sind, zeigt sich anhand der archi­tek­to­ni­schen, kultur­his­to­ri­schen, luftfahrt­tech­ni­schen aber auch recht­li­chen Frage­stel­lun­gen, die seine Quellen beant­wor­ten: „Es ist toll, wenn Besucher*innen ins Museum kommen, die etwas mitbrin­gen oder Fragen zu ihren Vorfah­ren haben und sie dann im Archiv Antwor­ten finden. Die Infor­ma­tio­nen gehen hier Hand in Hand“, so Barba­ra Waibel. „Mir liegt das Archiv daher sehr am Herzen. Ich empfin­de es als ein tolles Archiv und deshalb auch als Privi­leg, in diesem beson­de­ren Archiv arbei­ten zu können. Man steht mit der ganzen Welt in Kontakt und ich bin immer wieder erstaunt, in wie vielen unter­schied­li­chen Aspek­ten man einen Zeppe­lin-Bezug herstel­len kann.“

Das Archiv umfasst derzeit einen Bestand von rund 800 Laufme­tern, darun­ter etwa 20.000 verzeich­ne­te Fotomo­ti­ve, Nachläs­se, Zeitungs­ar­ti­kel sowie eine Sammlung mit zahlrei­chen Objek­ten aus dem ehema­li­gen Zeppe­lin-Werks­mu­se­um von 1938. Hinzu­kommt der Biblio­theks­be­stand mit rund 13.000 teils selte­nen Buchti­teln und Zeitschrif­ten zum Thema Luftschiff­fahrt, die stellen­wei­se aus der ehema­li­gen Werks­bi­blio­thek der Luftschiff­bau Zeppe­lin GmbH oder aus der Handbi­blio­thek des Grafen Zeppe­lin mit seinen origi­na­len Randno­ti­zen stammen. Sie alle können recher­chiert, bestellt und im Lesesaal einge­se­hen werden. Für die Mitarbeiter*innen des Zeppe­lin Museums sind sie eine unver­zicht­ba­re Quellen- und Materi­al­grund­la­ge für Publi­ka­tio­nen, Ausstel­lun­gen, Führun­gen, museums­päd­ago­gi­sche Angebo­te, Flyer, Plaka­te oder Produk­te für den Museumsshop.

Eines dieser Produk­te ist der jährlich erschei­nen­de Zeppe­lin-Kalen­der. 2023 nimmt er die Luftschif­fe der Deutschen Luftschif­fahrts AG (DELAG) und ihre Fahrten von 1910 bis 1914 motivisch auf. Die DELAG war nicht nur das erste Luftver­kehrs­un­ter­neh­men der Welt, sie betrieb auch den ersten Passa­gier­ver­kehr mit Zeppe­lin-Luftschif­fen. Als „wohli­ges Dahin­schwe­ben“ beschrieb der Schrift­stel­ler Hermann Hesse 1911 seine Fahrt mit dem Zeppe­lin. Dieses „wohli­ge Dahin­schwe­ben“ soll mit dem Zeppe­lin-Kalen­der 2023 beim Betrach­ten der zwölf Motive aus dem Fundus des Zeppe­lin Archivs nachemp­fun­den werden. Erhält­lich ist der Kalen­der ab dem 15. August 2022 im Museums­shop vor Ort und online.