FRIEDRICHSHAFEN — Auf die deutli­che Kritik aus der Region am drohen­den Aus für die Boden­see-Oberschwa­ben-Bahn hat sich das Verkehrs­mi­nis­te­ri­um geäußert. Von den in der Zeitung zitier­ten Aussa­gen zeigt sich BOB- Geschäfts­füh­rer Horst Schau­er­te „sehr überrascht“.

Das Verkehrs­mi­nis­te­ri­um hatte über die Medien darauf aufmerk­sam gemacht, dass die BOB ja auch mit einer Bieter­ge­mein­schaft auftre­ten könne. Eine Bewer­bung gemein­sam mit Partnern habe man selbst­ver­ständ­lich schon ins Auge gefasst, winkt BOB-Geschäfts­füh­rer Horst Schau­er­te ab: „Wir haben Gesprä­che mit mögli­chen Partnern schon frühzei­tig geführt, ein Ausschrei­bungs­team mit renom­mier­ten Spezia­lis­ten gebil­det und Perso­nal­res­sour­cen aufge­baut. Wir haben uns sorgfäl­tig auf das Szena­rio vorbe­rei­tet, das Verkehrs­mi­nis­ter Herrmann 2018 angekün­digt hatte: ein überschau­ba­res Ausschrei­bungs-Bündel für den Regio­nal­bahn-Verkehr Ulm – Boden­see.“ Aber ohne die Bedin­gun­gen einer Ausschrei­bung zu kennen, seien konkre­te Verhand­lun­gen natür­lich nicht möglich. „Wieso das Verkehrs­mi­nis­te­ri­um nun seinen eigenen Vorschlag nicht umsetzt, bleibt für mich ein Rätsel“, schüt­telt der BOB-Chef den Kopf.

Die Ausschrei­bung sei aber auch formal nicht korrekt, erklärt Schau­er­te: „Wir haben zwei Rügen aufgrund von Proble­men in der Ausschrei­bung an das Minis­te­ri­um senden müssen, die eine weite­re Durch­füh­rung eigent­lich verbie­ten und aus unserer Sicht einen Stopp der Ausschrei­bung notwen­dig machen – und das, bevor es richtig los geht.“ Die Antwor­ten auf die Rügen stehen noch aus.

Überra­schend ist für Schau­er­te auch, dass das allei­ni­ge Verga­be­kri­te­ri­um der Preis sein wird. „Damit wird nicht der beste, sondern ausschließ­lich der billigs­te Bieter künftig zwischen Aulen­dorf, Ravens­burg und Fried­richs­ha­fen fahren“, erklärt Schau­er­te. Die bekann­te Quali­tät der BOB werde „bewusst abgewählt“.

Die Entschei­dung, mit gebrauch­ten Trieb­wa­gen die ungewis­se Zeitspan­ne zwischen Elektri­fi­zie­rung und Neuaus­schrei­bung zu überbrü­cken, sei daher umso richti­ger gewesen. „Wir wussten, das unser derzei­ti­ger Vertrag nur bis maximal 2026 laufen würde. Trotz­dem waren wir bereit, über 6 Millio­nen Euro in gebrauch­te Trieb­wa­gen zu inves­tie­ren – mit allen bekann­ten Proble­men, die der Einsatz alter, gebrauch­ter Fahrzeu­ge mit sich bringt“, schil­dert der Geschäfts­füh­rer den derzei­ti­gen Betrieb. „Wir sind davon ausge­gan­gen, dass dieses Engage­ment erkannt und belohnt wird. Zu unserer großen Enttäu­schung wurde uns die Tür vor der Nase zugeschla­gen“, so Schauerte.

Auch an den engen Verga­be­fris­ten übt Schau­er­te Kritik: „Die extrem knappen Rückmel­de­fris­ten machen es uns fast unmög­lich, hier eine aussichts­rei­che Bewer­bung zu verfas­sen. Für die geplan­te Betriebs­auf­nah­me Richtung Boden­see im Dezem­ber 2026 würde es auch ausrei­chen, erst im nächs­ten oder übernächs­ten Jahr auszu­schrei­ben. Zumal ja die Züge gestellt werden.“ Der jetzi­ge Termin­plan, mutmaßt Schau­er­te, komme wohl von der frühen Betriebs­auf­nah­me der Verkehrs rund um Stutt­gart, die bereits im Dezem­ber 2023 erfol­gen soll. „Warum die BOB unter diesem Zeitplan leiden soll, der sie gar nicht betrifft, ist nicht nachvoll­zieh­bar.“ In der Ausschrei­bung wird ja nicht nur verlangt, dass der Gewin­ner die Eisen­bahn­ge­sell­schaft SWEG Stutt­gart GmbH kaufen und zusätz­lich eine weite­re Werkstatt neu bauen muss. „Wie soll das gehen, bis zum Ende der Bewer­bungs­frist im März 2023 den Kaufver­trag mit der SWEG zumin­dest solide vorzu­be­rei­ten und uns zusätz­lich Grund­stü­cke mit Baurecht für eine Werkstatt an der Strecke zu sichern?“