BAD WALDSEE — Eine Gruppe von Forschern hat – geför­dert von der Deutschen Forschungs­ge­mein­schaft (DFG) – damit begon­nen, den Stadt­see zu unter­su­chen. In einem Workshop, der am vergan­ge­nen Donners­tag vor einem öffent­li­chen Vortrag zum Stadt­see­pro­jekt statt­fand, stell­ten unter­schied­li­che Fachrich­tun­gen ihre Arbeit vor: Histo­ri­ker forschen im Stadt­ar­chiv, Dendro­lo­gen des Landes­am­tes für Denkmal­schutz unter­su­chen alte in Bad Waldsee verbau­te Hölzer, und andere Wissen­schaft­ler nehmen aus dem Stadt­see entnom­me­ne Bohrker­ne unter die Lupe. 

In diesen Sediment­ker­nen, die aus dem Seegrund gewon­nen wurden, zeigen sich gewis­ser­ma­ßen die „Fußab­drü­cke“ von allem, was in den letzten Jahrtau­sen­den in den See einge­tra­gen wurde. Die beson­ders feine Schich­tung der Sedimen­te im Stadt­see ist in Europa einzig­ar­tig: Hier können die Forscher jahres­ge­nau ablesen.

Das Projekt verfolgt mehre­re Ziele: Erstens wird die Stadt­ge­schich­te näher erforscht, denn die Proben zeigen, ob am Ufer des Sees zum Beispiel geschmie­det und gefärbt wurde, welche Pflan­zen angebaut wurden und welche Tiere gehal­ten wurden. Damit wird auch das zweite Ziel erfüllt: Die Erfor­schung von mittel­al­ter­li­chem und frühneu­zeit­li­chem Wirtschafts­le­ben in Oberschwa­ben. Drittens sollen die Forschun­gen Ergeb­nis­se bringen, die weltweit genutzt werden können: So soll die Frage geklärt werden, inwie­fern der Mensch in frühe­ren Zeiten seine Umwelt prägte. Diese Erkennt­nis­se sollen unter anderem in Model­len zur Klima­for­schung einge­setzt werden. Das Projekt arbei­tet in enger Koope­ra­ti­on mit dem Stadt­ar­chiv und dessen Leiter Micha­el Tassi­lo Wild. 

Die unter­schied­lichs­ten Fachrich­tun­gen verwen­den ihre jeweils eigenen Metho­den, um am Ende ein größe­res Ganzes zu erschaf­fen. Manches klingt dabei wie Science-Fiction: Beispiels­wei­se haben Biolo­gen noch leben­de Eier von Wasser­flö­hen gefun­den, die wieder ausge­brü­tet werden. So erwachen Kleinst­le­be­we­sen zum Leben, die seit 700 Jahren auf dem Grund des Stadt­sees ruhen, um mit ihren heuti­gen Artge­nos­sen genetisch vergli­chen zu werden. Das Forschungs­pro­jekt ist auf die nächs­ten Jahre hin ausge­legt. Dabei ist es auch ein erklär­tes Ziel der Forscher­grup­pe, die Ergeb­nis­se der Bevöl­ke­rung zu vermit­teln: Wenn die Pande­mie wieder abklingt, stehen also weite­re Veran­stal­tun­gen zu diesem Thema an.