MONTALCINO (dpa) — Emanu­el Buchmann kommt beim Giro d’Ita­lia immer besser in Form und darf vom Podium träumen. Auf der harten Etappe in der Toska­na macht der Kletter­spe­zia­list einen Sprung. Ein Wunder­kind ist der große Verlierer.

Als Emanu­el Buchmann attackier­te, konnte nur noch das Rosa Trikot folgen. Mit einer bären­star­ken Leistung auf den staubi­gen Schot­ter­pis­ten der Toska­na hat der deutsche Hoffnungs­trä­ger beim Giro d’Ita­lia seine Ambitio­nen auf eine Podiums­plat­zie­rung eindrucks­voll untermauert.

Buchmann spreng­te mit einer beherz­ten Attacke auf der kniff­li­gen elften Etappe am Mittwoch von Perugia nach Montal­ci­no die Spitzen­grup­pe, aus der nur der kolum­bia­ni­sche Topfa­vo­rit und Gesamt-Erste Egan Bernal folgen konnte. Damit machte Radpro­fi Buchmann einen großen Sprung in der Gesamt­wer­tung auf den sechs­ten Platz.

«Ich habe mich von Anfang an gut gefühlt. Es war ein sehr hartes Rennen. Wir sind immer Vollgas gefah­ren. Ich bin immer vorne gewesen. Am letzten Berg habe ich die anderen Fahrer angeschaut und gesehen, dass jeder kaputt war. Ich habe mir gedacht, ich versu­che es mal», sagte Buchmann ganz nüchtern und fügte hinzu: «Das war ein richtig gutes Rennen. So können wir weiter­ma­chen.» Den Tages­sieg sicher­te sich der Schwei­zer Radpro­fi Mauro Schmid vor dem italie­ni­schen Mitaus­rei­ßer Alessan­dro Covi.

Für Wunder­kind Remco Evene­p­oel ist dagegen der Traum von einem Coup beim Giro d’Ita­lia wohl geplatzt. Evene­p­oel — in seiner belgi­schen Heimat als neuer Eddy Merckx gefei­ert — war der große Verlie­rer des Tages. Nach 162 Kilome­tern, davon 35 über die Schot­ter­pas­sa­gen aus dem Einta­ges­ren­nen Strade Bianche, verlor der 21-Jähri­ge über zwei Minuten auf Bernal und rutsch­te auf den siebten Platz ab.

Buchmann fuhr dagegen ein starkes Rennen und präsen­tier­te sich jeder­zeit auf Augen­hö­he mit Bernal, der nach seinem Tour-de-France-Sieg 2019 dem nächs­ten Gewinn einer großen Rundfahrt entge­gen­steu­ert. Bernal liegt in der Gesamt­wer­tung nun 45 Sekun­den vor dem Russen Alexan­der Wlasow und zeigte sich verblüfft über Buchmann: «Das Tempo war hart, als Buchmann gegan­gen ist. Ich habe per Funk nachge­fragt, wo er in der Gesamt­wer­tung steht.» Nach der hefti­gen Etappe vom Mittwoch beträgt Buchmanns Rückstand 1:50 Minuten auf Bernal.

Damit kommt für den Tour-de-France-Vierten das Podium immer näher. In der Geschich­te der Itali­en-Rundfahrt ist dies noch keinem Deutschen gelun­gen. Buchmanns Plan scheint jeden­falls aufzu­ge­hen. Im Höhen­trai­nings­la­ger hatte sich der gebür­ti­ge Ravens­bur­ger extra für die schwe­re letzte Woche vorbe­rei­tet. Womög­lich kommt es dann zum großen Schlag­ab­tausch mit Bernal.

Einer größe­ren Ausrei­ßer­grup­pe, die mit der Gesamt­wer­tung nichts zu tun hatte, gehör­te lange Zeit auch Bahnrad-Spezia­list Roger Kluge an. In der Schluss­pha­se musste der Giro-Etappen­sie­ger von 2016 aber abrei­ßen lassen. Am Ende wurde er Siebter. Die Ausrei­ßer­grup­pe hatte sich kurz nach dem Start in Perugia vom Feld abgesetzt und zwischen­zeit­lich einen Vorsprung von fast 15 Minuten herausgefahren.

Am Donners­tag folgt die zwölf­te Etappe über 212 Kilome­ter von Siena nach Bagno di Romagna. Jeweils zwei Berge der zweiten und dritten Katego­rie sollten die Topfa­vo­ri­ten auf den Gesamt­sieg vor keine große Proble­me stellen, die Sprin­ter dürften aber kaum mithalten.

Von Stefan Tabel­ing, dpa