RAVENSBURG (dpa/lsw) — So wie vieles in Deutsch­land, sind auch verkaufs­of­fe­ne Sonnta­ge klar geregelt. In Baden-Württem­berg sind maximal drei im Jahr erlaubt. Geöff­net wird erst nach den Gottes­diens­ten. Und einen Anlass muss es auch geben. Doch lohnt sich der Aufwand in Zeiten von Infla­ti­on noch?

Trotz Infla­ti­on und gestie­ge­ner Betriebs­kos­ten halten Kommu­nen und Handels­ver­band Baden-Württem­berg (HBW) an verkaufs­of­fe­nen Sonnta­gen fest. «Die Sonnta­ge helfen dem statio­nä­ren Einzel­han­del, der durch Corona sehr leiden musste», sagte HBW-Geschäfts­füh­re­rin Sabine Hagmann der Deutschen Presse-Agentur. Bei den Öffnun­gen gehe es aktuell auch darum, die Menschen wieder weg vom Inter­net-Shop zurück in die Innen­städ­te zu holen. Die Einkaufs­mei­len seien noch weit unter dem Niveau vom Jahr 2019 besucht.

«Wir sind im Einzel­han­del auch noch unter den Umsät­zen, die wir vor der Pande­mie erwirt­schaf­tet hatten, obwohl wir aufgrund der Infla­ti­on und der höheren Preise deutlich höher sein müssten», erklär­te Hagmann. Und wegen der Infla­ti­on gebe es auch noch eine Konsum­zu­rück­hal­tung. «Die spüren wir nach wie vor.»

Auf der anderen Seite seien die Betriebs­kos­ten gestie­gen. Viele Händler würden mit den Umsät­zen deshalb nicht mehr klarkom­men. Die Folgen seien schon sicht­bar, sagte Hagmann mit Blick auf Insol­ven­zen großer Ketten. Deshalb müsse man alles dafür tun, um das Geschäft in den Innen­städ­ten anzukurbeln.

«Die Umsät­ze, die an einem verkaufs­of­fe­nen Sonntag erwirt­schaf­tet werden, nehmen die Händler zusätz­lich ein.» Dabei gebe es vor allem Spontan­käu­fe. Die verkaufs­of­fe­nen Sonnta­ge würden auch nicht mit den Inter­es­sen der Kirchen kolli­die­ren, weil es erst um 13 Uhr losge­hen dürfe. «Fünf Stunden darf man nur aufma­chen.» Und Arbeit­neh­mer würden sich über Zuschlä­ge freuen. «Es ist eigent­lich eine Win-Win-Situation.»

In Baden-Württem­berg seien drei verkaufs­of­fe­ne Sonnta­ge im Jahr erlaubt. In den meisten anderen Bundes­län­dern seien es vier. Laut baden-württem­ber­gi­schem Wirtschafts­mi­nis­te­ri­um gibt es keine Pläne, daran etwas zu ändern. Erlaubt ist die Laden­öff­nung an Sonnta­gen für Kommu­nen demnach nur, wenn es auch einen Anlass gibt wie ein Fest, eine Messe oder einen Markt.

Für manche Kommu­nen seien die Sonnta­ge trotz­dem unattrak­tiv, weil danach aufge­räumt werden müsse und davor Organi­sa­ti­ons­ar­beit anfal­le, sagt Hagmann. In Freiburg etwa verzich­tet man laut Stadt auf die Sonder­la­den­öff­nun­gen, in der Stutt­gar­ter Innen­stadt gibt es laut einem Sprecher seit 2006 keinen verkaufs­of­fe­nen Sonntag mehr. Ulm, Heidel­berg und Karls­ru­he dagegen halten weiter an dem Konzept fest.

«Verkaufs­of­fe­ne Sonnta­ge lohnen sich aus Sicht der Wirtschafts­för­de­rung sowohl für den Einkaufs­stand­ort im Gesam­ten als auch die Geschäf­te im Einzel­nen», erklär­te ein Sprecher der Stadt Heidel­berg. Aus Karls­ru­he hieß es, dass die Besucher­fre­quen­zen für die die gute Akzep­tanz sprächen. In Ravens­burg dagegen hatte sich der Gemein­de­rat Ende Febru­ar entschie­den, auf einen dritten verkaufs­of­fe­nen Sonntag zu verzich­ten. Den hatte es 2022 gegeben, um den Handel nach der Pande­mie zu stärken.

Auch in anderen Kommu­nen werde immer wieder darüber debat­tiert, erklär­te Hagmann. Es gebe Gemein­de­rä­te, die nicht verstün­den, dass ein Handels­un­ter­neh­men nur am Markt sei, um auch eine gewis­se Rendi­te zu erwirt­schaf­ten. Sonst müsste das Geschäft schlie­ßen und Mitar­bei­ter müssten entlas­sen werden. «Der Handel — das sind keine Wohlfahrts­un­ter­neh­men, die über Jahre vielleicht negativ abschlie­ßen können, das verste­hen manche Gemein­de­rä­te bei aller Wertschät­zung noch nicht.»