WIESBADEN (dpa) — Die Menschen in Deutsch­land müssen einen weite­ren Preis­sprung verkraf­ten: Die Infla­ti­on überspringt die 5‑Pro­zent-Marke. Vor allem vorüber­ge­hen­de Fakto­ren infol­ge der Corona-Krise heizen die Teuerung an.

Die Infla­ti­on in Deutsch­land hat im Novem­ber erstmals seit rund 29 Jahren wieder die Fünf-Prozent-Marke erreicht. Die Verbrau­cher­prei­se erhöh­ten sich gegen­über dem Vorjah­res­mo­nat um 5,2 Prozent, wie das Statis­ti­sche Bundes­amt in einer ersten Schät­zung mitteilte.

Eine Fünf vor dem Komma hatte die Wiesba­de­ner Behör­de zuletzt im Septem­ber 1992 mit damals 5,0 Prozent gemes­sen. Im Oktober des laufen­den Jahres hatte die Rate noch bei 4,5 Prozent gelegen. Gegen­über dem Vormo­nat Oktober sanken die Verbrau­cher­prei­se im Novem­ber den vorläu­fi­gen Daten zufol­ge um 0,2 Prozent.

Steigen­de Energiepreise

Eine höhere Infla­ti­on schwächt die Kaufkraft von Verbrau­chern, weil sie sich für einen Euro dann weniger kaufen können als zuvor. Beson­ders tief mussten die Menschen in Deutsch­land im Novem­ber erneut für Energie in die Tasche greifen. Haushalts­en­er­gie verteu­er­te sich inner­halb eines Jahres um 22,1 Prozent. Der Anstieg beschleu­nig­te sich damit. Im Oktober waren die Energie­prei­se gegen­über dem Vorjahr um 18,6 Prozent gestie­gen und im Septem­ber um 14,3 Prozent.

Die Infla­ti­on wird seit Monaten angeheizt von steigen­den Energie­prei­sen im Zuge der weltwei­ten Konjunk­tur­er­ho­lung nach der Corona-Krise 2020. Zudem schlägt die Rücknah­me der tempo­rä­ren Mehrwert­steu­er­sen­kung inzwi­schen voll durch. Seit Januar 2021 gelten wieder die regulä­ren Mehrwert­steu­er­sät­ze, Waren und Dienst­leis­tun­gen werden also tenden­zi­ell wieder teurer. Hinzu kommen Materi­al­man­gel und Liefer­eng­päs­se sowie die Einfüh­rung der CO2-Abgabe Anfang 2021.

Progno­se für 2022

Ökono­men rechnen damit, dass die Infla­ti­ons­ra­te zu Beginn des kommen­den Jahres wieder sinkt, vor allem weil der Sonder­ef­fekt aus der Mehrwert­steu­er­sen­kung entfällt. Der Sachver­stän­di­gen­rat zur Begut­ach­tung der gesamt­wirt­schaft­li­chen Entwick­lung prognos­ti­zier­te jüngst für 2022 einen Rückgang der Teuerungs­ra­te auf 2,6 Prozent.

Die Infla­ti­on ist ein wichti­ger Gradmes­ser für die Geldpo­li­tik der Europäi­schen Zentral­bank (EZB). Die Noten­bank strebt für den Währungs­raum der 19 Länder eine jährli­che Teuerungs­ra­te von 2 Prozent an und ist zumin­dest zeitwei­se bereit, ein modera­tes Über- oder Unter­schrei­ten dieser Marke zu akzep­tie­ren. Aus Sicht der Noten­bank ist der jetzi­ge Anstieg der Infla­ti­on in Deutsch­land und im Euroraum vorübergehend.

«Wir gehen davon aus, dass im Novem­ber der Höhepunkt der Infla­ti­ons­ent­wick­lung erreicht ist und dass die Infla­ti­on im kommen­den Jahr wieder allmäh­lich zurück­ge­hen wird, und zwar in Richtung unseres Infla­ti­ons­ziels von zwei Prozent», sagte EZB-Direk­to­ri­ums­mit­glied Isabel Schna­bel im ZDF-«Morgenmagazin».