WEINGARTEN — Über die künfti­ge Entwick­lung deutscher Innen­städ­te tausch­ten sich regio­na­le Exper­tin­nen und Exper­ten im Rahmen des Handels­fo­rums der Indus­trie- und Handels­kam­mer Boden­see-Oberschwa­ben (IHK) Mitte März in Weingar­ten aus. Im Mittel­punkt standen die aktuel­len Heraus­for­de­run­gen für die Innen­städ­te der Region.

Klima­wan­del, die Mobili­täts­wen­de, verän­der­te Ansprü­che der Kundin­nen und Kunden und steigen­de Unsicher­heit beim Konsum – die Heraus­for­de­run­gen sind groß, vor denen die Innen­städ­te in der Region und die Geschäf­te, die sie leben­dig machen, stehen. „Es war noch nie so komplex“, fasste IHK-Haupt­ge­schäfts­füh­rer Dr. Sönke Voss die Lage in seinem Grußwort zum Handels­fo­rum der IHK prägnant zusam­men. Auch Stefan Zimmer, Vorsit­zen­der des IHK-Handels­aus­schus­ses und Inhaber eines Modehau­ses in Fried­richs­ha­fen, bestä­tig­te dies und forder­te stimmi­ge Gesamt­kon­zep­te, um die Innen­städ­te leben­dig und besuchs­wert zu erhalten.

Wie komplex die Heraus­for­de­run­gen für den Handel und die Innen­städ­te sind, zeigt die aktuel­le Deutsch­land­stu­die Innen­stadt, die die Cima Beratung + Manage­ment GmbH aus München im Auftrag unter anderem der deutschen IHKs durch­führ­te. Präsen­tiert wurden die Ergeb­nis­se von Jan Vorholt, Partner und zustän­di­ger Projekt­lei­ter für die Umfra­ge bei der Cima Beratung + Manage­ment GmbH. Die zentra­le Botschaft: „Die Innen­stadt bedarf einer Neuaus­rich­tung.“ Die Ansprü­che an die Innen­städ­te hätten sich funda­men­tal verän­dert und neue Instru­men­te, Akteu­re und Allian­zen seien gefragt. Eine Fokus­sie­rung auf „nur Einkaufs­mög­lich­kei­ten“ sei nicht mehr ausrei­chend. Vielmehr seien klima­ge­recht gestal­te­te Zonen zum Ausru­hen und Verwei­len, aber auch Gastro­no­mie in Form von Bäcke­rei­en, Cafés, und mit regio­na­ler Küche gefragt. Die Umfra­ge­er­geb­nis­se zeigten Vorholt zufol­ge auch, dass ein größe­rer Mix von Angebo­ten in der Innen­stadt gewünscht sei. „Das können zum Beispiel Bildungs­ein­rich­tun­gen, Gesund­heits­dienst­leis­tun­gen oder Co-Working Spaces sein.“

Eine mögli­che Maßnah­me, wie die Städte von einem Einkaufs- zu einem Erleb­nis­ort werden konnten, zeigte Astrid Hamm vom Bundes­ver­band Gebäu­de­grün e. V. auf: Dach- und Fassa­den­be­grü­nun­gen beispiels­wei­se könnten neue Lebens­räu­me im Siedlungs­be­reich schaf­fen und als Alter­na­ti­ve zu Bäumen dienen. „Urbanes Grün steigert die Attrak­ti­vi­tät unserer Städte und verbes­sert die Lebens- und Aufent­halts­qua­li­tät, insbe­son­de­re wenn es um inner­städ­ti­sche Klima­an­pas­sung geht.“ Auch Treff­punk­te für junge Menschen dürfe man nicht aus den Augen verlie­ren, ergänz­te Josef Roell, Innen­stadt­be­ra­ter der IHKs Ulm und Bodensee-Oberschwaben.

Doch auch die klassi­schen Stand­ort­fak­to­ren spielen nach wie vor eine Rolle, mit Blick auf die Mobili­täts­wen­de auch und gerade die Erreich­bar­keit der Geschäf­te mit den verschie­de­nen Verkehrs­trä­gern sowie Parkmög­lich­kei­ten, wie Simon Bittel, Geschäfts­füh­rer der Amica Parfü­me­rie­ket­te beton­te: Kosten­güns­ti­ge Parkmög­lich­kei­ten nahe der Innen­stadt wirken sich direkt auf die Kunden­fre­quenz aus, berich­te­te er aus eigener Erfah­rung mit seinen insge­samt 25 Stand­or­ten in ganz Baden-Württem­berg. „Je schwie­ri­ger es ist, in die Stadt zu kommen, und je länger es dauert, desto weniger Menschen kommen in unser Geschäft.“ Er mahnte zugleich, neue Ideen und Konzep­te für die Innen­städ­te nicht ohne die Geschäf­te vor Ort anzuge­hen: „Eine passen­de Nachfol­ge zu finden, ist nahezu unmög­lich, wenn ein Geschäft erst mal weg ist.“

Abschlie­ßend fasst Bernhard Natter­mann, Referent für Handel bei der in Baden-Württem­berg zu diesem Thema feder­füh­ren­den IHK Boden­see-Oberschwa­ben, die vielfäl­ti­gen Heraus­for­de­run­gen zusam­men: „Alle Innen­stadt­pla­nun­gen erfor­dern ein Zusam­men­spiel sehr vieler Akteu­re und müssen sich an den wirtschaft­li­chen Anfor­de­run­gen orien­tie­ren. Der Einzel­han­del bleibt auch in Zukunft ein wichti­ger Akteur.“ Die IHK werde die Städte beim anste­hen­den Wandel unter­stüt­zen: „Wir haben mit dem Innen­stadt­be­ra­ter gemein­sam mit der IHK Ulm ein tolles Angebot für Städte und Kommu­nen. Die Heraus­for­de­run­gen sind komplex und wir beraten mit viel Erfah­rung und einem offenen Ohr für die verschie­de­nen Inter­es­sen dabei, zugleich nachhal­ti­ge, attrak­ti­ve und wirtschafts­star­ke Zentren in den Städten mit hoher Aufent­halts­qua­li­tät zu schaffen.“