Micha­el Jordan oder LeBron James — nicht nur in den USA ist das eine Glaubens­fra­ge. James nervt die Kritik an seiner Lebens­leis­tung, das merkt man unmit­tel­bar nach dem NBA-Titel­ge­winn mit den Los Angeles Lakers. Viel wichti­ger ist dem Basket­ball-Super­star aber was anderes.

Zehn Jahre nach dem bislang letzten Titel der Los Angeles Lakers führte er das glamou­rö­ses­te Team in der stärks­ten Basket­ball-Liga der Welt am Sonntag zur 17. Meister­schaft, das 106:93 gegen die Miami Heat war eine Macht­de­mons­tra­ti­on. Neben den Boston Celtics sind die Lakers nun Rekord­meis­ter. Persön­lich holte James den vierten NBA-Titel. Zum vierten Mal war er der wertvolls­te Spieler der Final­se­rie. Mit drei verschie­de­nen Teams hatte das noch niemand geschafft.

Womög­lich fühlte sich James mit der Zigar­re und der Meister-Mütze auf dem Kopf also ein kleines bissschen so, wie es sein Trainer Frank Vogel Minuten zuvor formu­liert hatte: «Er ist der größte Spieler, den das Basket­ball-Univer­sum jemals gesehen hat.»

LeBron James oder Micha­el Jordan — für viele Fans und Profis in der NBA ist die Debat­te um den größten Basket­bal­ler der Geschich­te eine Glaubens­fra­ge, die sich angeregt debat­tie­ren, aber nicht abschlie­ßend beant­wor­ten lässt. Jordan hat sechs Meister­schaf­ten geholt und die Liga mit den Chica­go Bulls in den 1990er-Jahren dominiert. James dagegen prägt die NBA bereits über einen viel länge­ren Zeitraum — mit seinen zehn Teilnah­men an einem NBA-Finale kann Jordan nicht mithal­ten. Auch auf 260 Spiele in den Playoffs kommt Jordan nicht ansatz­wei­se. James ist damit seit Sonntag Rekord­hal­ter und hat mehr Minuten in der wichtigs­ten Saison­pha­se gespielt als viele Profis im Verlauf ihrer Karrie­ren überhaupt jemals in der NBA-Hauptrunde.

James spielt die Bedeu­tung dieses Vergleichs oft herun­ter. Die laten­te Kritik, das Infra­ge­stel­len seiner eigenen Größe aber fuchsen ihn dann doch. Nachdem er den Pokal für den Finals-MVP in die Hand genom­men hatte, sagte er in seiner Rede: «Wir wollen einfach Respekt. Rob (Pelin­ka, Lakers-Manager) will Respekt. Coach Vogel will Respekt. Unsere Organi­sa­ti­on will Respekt, Laker-Nation will Respekt. Und ich will auch verdamm­ten Respekt.»

Zum 28. Mal gelang ihm gegen die Heat in den Playoffs ein Triple-Double aus zweistel­li­gen Werten in den wichtigs­ten Statis­tik-Katego­rien, 28 Punkte, 15 Rebounds und 10 Assists verbuch­te er. In den Playoffs hat nur Magic Johnson mehr, in einer Final-Serie niemand. James holte zwei Titel mit den Miami Heat, einen mit den Cleve­land Cavaliers in seinem Heimat­staat Ohio — und nun einen mit den Lakers, die zwar Tradi­ti­on und Glamour hatten, aber seit 2010 nicht mal mehr ins Finale der Western Confe­rence gekom­men waren. «Das Gefühl, etwas bewei­sen zu müssen, hat mich angetrie­ben die vergan­ge­nen einein­halb Jahre. Es gab immer etwas Zweifel», sagte er.

In seinem ersten Jahr in Los Angeles verletz­te sich der Famili­en­va­ter, nach acht Jahren als Dauer­gast in einer Final-Serie verpass­te James mit seinem Team auch deswe­gen die Playoffs komplett. Doch der Kümme­rer, wie ihn seine Kolle­gen beschrei­ben, wuchte­te gemein­sam mit seinem Kumpel Antho­ny Davis die ganze Gruppe erst in den Status eines Favori­ten, dann zum besten Team des Westens und schließ­lich gegen die starken Heat um einen lange überra­gen­den Jimmy Butler zum Titel. «Frank Sinatra würde sagen: I did it my way», erklär­te James schon vor der ersten Begeg­nung mit Miami.

Dieser — sein — Weg, der auch das Nutzen seiner Platt­form für sozia­le Gerech­tig­keit beinhal­tet, der Appel­le gegen Rassis­mus einschließt und das engagier­te Bemühen, Menschen zum Wählen zu animie­ren, ist ihm ohnehin das Wichtigs­te. «Basket­ball als Spiel wird mich überle­ben», sagte er zuletzt. Es werde neue Spieler geben, neue Stars. Das könne er nicht beein­flus­sen. «Wie ich mich bewege, wie ich laufe, was ich predi­ge, worüber ich rede und wie ich die nächs­te Genera­ti­on inspi­rie­re, das ist das, was mir am meisten bedeutet.»