Die DFB-Elf geht wieder mit einem «richti­gen Rückschlag» in eine länge­re Pause. Bundes­trai­ner Löw warnt, dem Team keine gute EM zuzutrau­en. Bei der Zusam­men­stel­lung des Kaders weicht er bei aus.

DUISBURG (dpa) — Fragen an Bundes­trai­ner Joachim Löw in der Presse­kon­fe­renz nach dem 1:2 der deutschen Fußball-Natio­nal­mann­schaft in der WM-Quali­fi­ka­ti­on gegen Nordma­ze­do­ni­en am Mittwochabend.

Frage: Wie fällt Ihre erste Einschät­zung dieses Abends aus?

Joachim Löw: Auf jeden Fall sind wir riesig enttäuscht nach der bitte­ren Nieder­la­ge. Wir haben nicht so zu unserem Spiel gefun­den wie in den ersten beiden Spielen, als wir viele gute Ansät­ze hatten. Das war ein richti­ger Rückschlag. Es gibt Gründe dafür. Wir haben nicht dieses Tempo­spiel gehabt, nicht diese schnel­len Ballpas­sa­gen. Wir sind viel mit dem Ball gelau­fen. Wir hatten im Vorwärts­gang viele Abspiel­feh­ler und haben keine Mittel gefun­den gegen die tiefstehen­den Mazedo­ni­er. Wir sind dann in einige Konter gelau­fen und haben bei der Zuord­nung im Sechzeh­ner keinen Zugriff gehabt. Bei den Gegen­to­ren waren wir zumin­dest in Gleichzahl.

Frage: Und dazu kam wieder eine mangel­haf­te Chancenwertung.

Wir haben in der ersten Halbzeit einige Chancen vorne liegen­ge­las­sen. Wir hatten auch nach dem 1:1 eine riesi­ge Chance, wo wir Zwei gegen Eins waren mit Ilkay Gündo­gan und Timo Werner. Ich habe das Gefühl gehabt, dass das so ein bisschen einen Knacks gab für die Mannschaft, dass wir diese Chance ausge­las­sen haben.

Frage: In die lange Winter­pau­se mussten Sie das 0:6 gegen Spani­en mitschlep­pen. Jetzt gehen Sie wieder in eine zweimo­na­ti­ge Pause mit einem Rückschlag. Was bedeu­tet das?

Wir gehen zum zweiten Mal in eine länge­re Pause mit einer bitte­ren Nieder­la­ge, die wir verar­bei­ten müssen. Aber es ist wichtig, dass jetzt jeder für sich — alle Spieler, natür­lich auch die Trainer — Verant­wor­tung übernimmt und sich Gedan­ken macht, was wir besser machen können. Auf keinen Fall dürfen wir jetzt völlig den Glauben verlie­ren an die Stärke, die die Mannschaft hat. Auf keinen Fall dürfen wir auch das Gefühl verlie­ren, dass wir in der Lage sind, ein sehr gutes Turnier zu spielen. Das habe ich eben auch den Spielern gesagt. Es nützt jetzt nichts, irgend­wel­che Alibis zu suchen. Jeder in der Mannschaft muss sich Gedan­ken machen, okay, was können wir verbes­sern. Und dann gehen wir die Dinge in der Vorbe­rei­tung an. Und wenn wir etwas Zeit haben, dann werden wir schon auch Konstanz reinbrin­gen und die richti­gen Dinge anpacken.

Frage: Sie hatten im Vorfeld gesagt, dass diese drei Länder­spie­le auch zeigen müssten, was die Mannschaft noch braucht. Konkret gefragt: Braucht Sie jetzt doch Thomas Müller und Mats Hummels bei der EM?

Die Frage ist jetzt heute nicht zu beant­wor­ten aufgrund des einen Spiels. Die Frage ist ja auch nicht gestellt worden nach den letzten beiden Spielen. Wir haben gesagt, dass die Entschei­dung insge­samt dann im Mai fällt.

Frage: Hatten Sie vielleicht ein Trugbild der Mannschaft vor Augen von der eigenen Leistung nach den beiden Siegen gegen Island und Rumänien?

Nein, nein, das war kein Trugbild. Jeder hat gesehen, dass die Mannschaft in beiden Spielen einige Dinge gut umgesetzt hat. Es gab eine besse­re Organi­sa­ti­on, es war ein schnel­ler Spiel­auf­bau da. Es war dominant gegen Rumäni­en und auch gegen Island. Die Ansät­ze waren gut. Aber es war kein Grund, zufrie­den zu sein. Die Basis ist wichtig, dass wir das stabi­li­sie­ren. Das ist uns heute nicht gelun­gen. Wir haben keine Lösun­gen gefun­den. Das müssen wir jetzt so hinneh­men und akzep­tie­ren und die richti­gen Schlüs­se ziehen.

Frage: Wie sehen Ihre Oster­ta­ge aus? Werden Sie am Samstag beim Bundes­li­ga-Topspiel Leipzig gegen Bayern sein?

Nein, ich bin einge­plant nächs­te Woche beim Champi­ons-League-Spiel Bayern gegen Paris Saint-Germain.

Frage: Wir hatten schon oft das Thema Chancen­ver­wer­tung. Heute hatte man das Gefühl, dass die Spieler fast Angst hatten vor dem Tor. Immer wieder gab es noch einen Querpass im Straf­raum. Worauf führen Sie das zurück?

Für die Chancen­aus­wer­tung unter der Druck­si­tua­ti­on des Spiels gibt es kein Patent­re­zept. Das kann man schon auch trainie­ren, aber nicht unter diesen Wettkampf­be­din­gun­gen. Wir waren zu zöger­lich im Abschluss, wir haben zu viel klein, klein gespielt. Ich hätte mir gewünscht, dass man aus 16 Metern, aus 18 Metern den Abschluss konse­quent sucht. Dass der Timo Werner so eine Großchan­ce vergibt, da macht er sich selbst wahrschein­lich die größten Vorwür­fe. In solchen Situa­tio­nen hat der Timo in der Vergan­gen­heit schon bewie­sen, dass er sie auch richtig löst und Tore erzielt. Das wäre das 2:1 für uns gewesen. Das war auf jeden Fall ein Dämpfer. Die Chancen­aus­wer­tung müssen wir aufzei­gen, die müssen wir im Training forcieren.

Frage: Sie müssen am 1. Juni den 23-Mann-Kader für die EM benen­nen. Die Erkennt­nis­se der letzten beiden Testspie­le gegen Dänemark am 2. Juni und Lettland am 7. Juni können Sie also nicht berück­sich­ti­gen. Wie drama­tisch sehen Sie das?

Der Termin ist bekannt. Wir müssen mal abwar­ten, wie viele Spieler am Ende insge­samt nominiert werden können. Es gibt bei der UEFA die Diskus­si­on, dass zwei oder drei Spieler mehr nominiert werden können aufgrund der ganzen Situa­ti­on (mit Corona). Ich glaube, dass die Entschei­dung erst Mitte April fällt. Und dann werden wir den Kader nominie­ren. Ich denke nicht, dass wir dann mehr Spieler mitneh­men in die Vorbe­rei­tung, weil die zwei Spiele danach sind.

Frage: Herr Löw, es ist die letzte Gelegen­heit, vor der Nominie­rung die Frage zu stellen: Wären Müller und Hummels nach den Erkennt­nis­sen dieses Spiels nicht wichtig für diese Mannschaft, die keinen Plan gehabt hat, das Spiel herumzureißen?

Ein Plan war schon vorhan­den. Das Spiel herum­zu­rei­ßen hat heute nicht funktio­niert. Nochmals meine Antwort: Wir werden uns die nächs­ten Tage und Wochen inten­siv Gedan­ken machen und alles nochmal überprü­fen und dann die Entschei­dung treffen, wenn der Kader bekannt­ge­ge­ben wird. Vorher gilt es für uns, einige Dinge abzuar­bei­ten und uns Gedan­ken zu machen.