BERLIN/FRIEDRICHSHAFEN — Im Rahmen der Unter­stüt­ze­rin­nen und Unter­stüt­zer „Offen­si­ve pro B31neu“ präsen­tier­ten Bernd Saible, Sprecher der Verkehrs­in­itia­ti­ven pro B31neu, sieben Bürger­meis­te­rin­nen und Bürger­meis­ter der Region, Karl Meger­le als Vertre­ter der Winzer und Obstbau­ern sowie der Verbands­di­rek­tor des Regio­nal­ver­ban­des Boden­see-Oberschwa­ben, Dr. Wolfgang Heine, am vergan­ge­nen Montag – 18.03.2024 im Bundes­ver­kehrs­mi­nis­te­ri­um in Berlin Aspek­te, Proble­me sowie Forde­run­gen und Argumen­te für eine forcier­te Planung und Reali­sie­rung der B31neu. 

Der Parla­men­ta­ri­sche Staats­se­kre­tär Micha­el Theurer stell­te sich den Forde­run­gen und beant­wor­te­te zahlrei­che Fragen. Theurer: „Die Dring­lich­keit des Baus der B31 zeigt sich deutlich in der regio­na­len Geschlos­sen­heit und dem sehr hohen Nutzen-Kosten-Verhält­nis. Die Staupro­ble­ma­tik kenne ich aus eigener Erfah­rung vor Ort. Unsere Fachab­tei­lung beglei­tet den Prozess inten­siv. Die Zustän­dig­keit für die gesam­te Planung und opera­ti­ve Umset­zung der Maßnah­me obliegt aller­dings dem Land Baden-Württem­berg, welche im Auftrag des Bundes die Bundes­fern­stra­ßen betreuen.“

In seinen einlei­ten­den Bemer­kun­gen gab Bernd Saible an, dass man in den Initia­ti­ven pro B31neu die ideolo­gie­freie und sachori­en­tier­te Verkehrs- und Mobili­täts­po­li­tik des BMDV schät­ze. Trotz massi­vem Gegen­wind in einer emotio­nal angeheiz­ten Diskus­si­on über Indivi­du­al­ver­kehr, Autos und die Verkehrs­in­fra­struk­tur Straße, habe man im Minis­te­ri­um diesen wichti­gen Mobili­täts­sek­tor im Blick. Als Verkehrs­in­itia­ti­ven Pro B31neu wende man sich deshalb im Hinblick auf die B31neu an Staats­se­kre­tär Micha­el Theurer und alle politi­schen Entschei­der. Man befürch­te – wie es in der über 60-jähri­gen Histo­rie der B31-Planun­gen immer wieder der Fall war –, angesichts der aktuel­len gesell­schaft­li­chen Mobili­täts­dis­kus­si­on ein erneu­tes Schei­tern des B31neu-Projekts. 

Man hoffe in dieser Phase der Planung deshalb auf eine massi­ve Unter­stüt­zung und eine forcier­te Reali­sie­rung der längst überfäl­li­gen Verkehrsinfrastruktur.

Im Namen der anwesen­den Mitglie­der des Bundes­ta­ges, Benja­min Stras­ser (FDP), Thomas Bareiß (CDU) und Heike Engel­hardt (SPD) beton­te MdB Volker Mayer-Lay (CDU) aus dem Boden­see­kreis, dass die Engstel­le unter anderem in Hagnau überre­gio­na­le Bekannt­heit erlangt habe. „Minimal­lö­sun­gen helfen nicht mehr weiter – Lkws, Transit­ver­kehr, Touris­mus erfor­dern eine leistungs­fä­hi­ge Straße, sonst gibt es Ausweich­ver­keh­re auf Nebenstraßen.“

Bürger­meis­ter Volker Frede war mit der Weinho­heit aus Hagnau angereist. „Die B 31 beein­träch­tigt das Leben unserer Einwoh­ner, der Verkehr quält sich durch die ganze Region.“ Er stell­te dar, dass nicht Hagnau, sondern die nicht leistungs­fä­hi­ge Straße das Problem sei. Und auch der nächs­te Planungs­ab­schnitt westlich von Meers­burg müsse zügig angegan­gen werden. Jedes Jahr, in dem die Menschen länger mit dieser überlas­te­ten Straße leben müssten, sei ein Jahr zu viel. Alle Gemein­den und Bürger­meis­ter, der Kreis­tag und die Regio­nal­ver­samm­lung haben sich auf einen Kompro­miss geeinigt – das sei historisch.

Robert Scherer – Bürger­meis­ter von Meers­burg – warb für den schma­le­ren Straßen­quer­schnitt Q21 (21 Meter Breite ohne Stand­strei­fen im Vergleich zum üblichen Querschnitt Q28) als Kompro­miss. Die B 33 bei Allens­bach sei ein Beispiel dafür, dass so etwas geht. Die Forschungs­ge­sell­schaft für Straßen- und Verkehrs­we­sen (FGSV) empfeh­le, weniger Fläche zu versiegeln. 

Der Bürger­meis­ter von Immenstaad, Johan­nes Henne, beton­te den „histo­ri­schen Kompro­miss“, eine leistungs­fä­hi­ge Straße mit vier Fahrstrei­fen zu befür­wor­ten. Die Region mit einer Milli­on Übernach­tungs­gäs­ten, hoher Lebens­qua­li­tät und Attrak­ti­vi­tät erfor­de­re eine Infra­struk­tur. 20.000 Einwoh­ner fahren täglich zur Arbeit, machen ihre Erledi­gun­gen, deshalb bestehe Handlungsbedarf.

Dieter Stauber, Bürger­meis­ter aus Fried­richs­ha­fen, erinner­te daran, dass nur eine leistungs­fä­hi­ge B 31 und B 30 zusam­men die Bünde­lungs­funk­ti­on der Verkeh­re überneh­men und damit zu einer Entlas­tung des Hinter­lan­des beitra­gen könnten. Stauber – selbst frühe­rer Sprecher der Initia­ti­ve „Pro B 31“ in Fried­richs­ha­fen – versi­cher­te, dass Fried­richs­ha­fen solida­risch mit den Kommu­nen entlang der geplan­ten Ausbau­stre­cke sei. „Fried­richs­ha­fen hat seine Umgehung, aber im Moment kippen wir Immenstaad den Verkehr vor die Füße, das ist kein Dauer­zu­stand!“ Als großer Wirtschafts‑, Indus­trie- und Messe-Stand­ort sei man auf eine gute Anbin­dung angewiesen.

Fragen zum Lärmschutz und mögli­chen Schutz­bau­ten wie Unter­tun­ne­l­un­gen, Galerien und Lärmschutz­wän­den brach­te Bürger­meis­ter Daniel Hess aus Stetten mit. Er befürch­tet, dass aufgrund stren­ge­rer Umwelt­auf­la­gen die Planun­gen immer näher an die Wohnbe­bau­ung heran­rü­cken. Seine Bitte dazu: „Stellen Sie das Schutz­gut Mensch in den Vordergrund!“

Für die flächen­k­leins­te Gemein­de im Boden­see­kreis sprach Bürger­meis­te­rin Jacque­line Alber­ti aus Daisen­dorf. Die B 31 verläuft zwar nur über etwa 500 Meter auf ihrer Gemar­kung, dennoch sind auch ihre Bürger betrof­fen, indem sie jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit im Stau stünden. Dafür brauche es Lösun­gen. Auch die Bürger­meis­ter seien betrof­fen, welche seit vielen Jahren im politi­schen Begleit­kreis zusam­men­ar­bei­ten. Zu Beginn habe jeder Bürger­meis­ter gefühlt die Straße möglichst weit weg von seiner eigenen Gemein­de haben wollen. Der Druck in der Region sei jedoch so groß, dass alle betrof­fe­nen Bürger­meis­ter sich gemein­sam mit Landkreis und Regio­nal­ver­band auf einen Kompro­miss geeinigt haben. Viele Bürger verstün­den nicht, warum die Bürger­meis­ter nicht die Trasse im Inter­es­se der eigenen Gemein­de selbst bestim­men. Ihre Kolle­gen würden quasi zu „Punching­bäl­len“ (Boxbir­nen), welche den Unmut der Bürger­schaft zu spüren bekom­men. Sie appel­lier­te an Staats­se­kre­tär Theurer: „Geben Sie endlich Gas, damit auch meine Kolle­gen wieder ihrer norma­len Tätig­keit nachge­hen können.“ 

Obwohl – im Gegen­satz zur frühe­ren Trassen­va­ri­an­te 7.5, bei dem die Markdor­fer Teilge­mein­de Itten­dorf stark betrof­fen gewesen wäre – mit der aktuel­len Planung nicht so stark tangiert sei, lobte Bürger­meis­ter Georg Riedmann die Solida­ri­tät. Man habe sich bereits zu einem Vorge­spräch mit dem Planungs­team der vom Land beauf­trag­ten DEGES ausge­tauscht. Er forder­te einen halbwegs belast­ba­ren Zeitho­ri­zont. Die Bürger wollten wissen, wann die Planfest­stel­lung begin­ne. Zur notwen­di­gen Vierspu­rig­keit gab er zu beden­ken, dass nach dem zugrun­de liegen­den Bünde­lungs­ge­dan­ken zwischen Meers­burg und Friedrichshafen/B30 auch noch der überre­gio­na­le Verkehr der B33 auf dieser Trasse geführt werden soll. 

Für den Winzer­ver­ein Hagnau sprach Karl Meger­le die Sorgen und Nöte der etwa 40 Weinbau- und Obstbau­be­trie­be an. Es hande­le sich um Sonder­kul­tu­ren, bei denen die Landwir­te als Grund­stücks­be­sit­zer betrof­fen seien. Er mahnte eine frühzei­ti­ge Einbe­zie­hung bei der Planung an. Grund­stücks­käu­fe oder Flurbe­rei­ni­gun­gen durch das Land lösten nicht das Problem. Die jungen Winzer und Obstbau­er benötig­ten vielmehr Ausgleichs­flä­chen, um weiter­ma­chen zu können. Zum Schutz der sensi­blen Kultur­land­schaft dürfe man sich nicht scheu­en, auch entspre­chen­de Bauwer­ke zu bauen. Je besser man die Menschen mitneh­me, desto höher sei die Akzeptanz. 

Dr. Wolfgang Heine – Verbands­di­rek­tor des Regio­nal­ver­ban­des – stell­te fest, dass die B 31 bereits im letzten Bundes­ver­kehrs­we­ge­plan im vordring­li­chen Bedarf gestan­den habe. Reali­siert worden seien nur die beiden Randstü­cke Überlin­gen und Fried­richs­ha­fen, beim Zwischen­stück wurde mit der Planung begon­nen. Er fragte: „Wann ist der point of no return erreicht, damit die Planung beim nächs­ten BVWP nicht wieder gestoppt wird?“

Nach den Präsen­ta­tio­nen übergab Bernd Saible die Voten Pro B31neu der über 6.500 Unter­stüt­ze­rin­nen und Unter­stüt­zer dem parla­men­ta­ri­schen Staats­se­kre­tär Micha­el Theurer. Sie sollten den politi­schen Entschei­dern im Minis­te­ri­um in Sachen B31neu den Rücken stärken und demons­trie­ren, wie viele Menschen sich nach einer leistungs­fä­hi­gen Lösung der Verkehrs­pro­ble­me auf der B31 zwischen Überlin­gen und Fried­richs­ha­fen sehnen. 

Bevor Staats­se­kre­tär Theurer die Unter­schrif­ten entge­gen­nahm und sich von der anwesen­den Weinkö­ni­gin die Vorzü­ge des regio­na­len Weins schil­dern ließ, ging er auf einige Fragen ein. Zunächst beglück­wünsch­te er aber die Anwesen­den für das beein­dru­cken­de Beispiel regio­na­ler Geschlos­sen­heit. Dies sei eine der zentra­len Voraus­set­zun­gen, dass das Projekt gelin­ge. Schon als Schüler habe er sich für den Bau einer Straße einge­setzt. Die Geneh­mi­gungs­zei­ten in Deutsch­land seien zu lang. Punkte wie Biodi­ver­si­tät und Arten­schutz seien wichtig. Die Zeit, die verlo­ren wurde, könne man nicht mehr aufho­len. Schon 2006 sei man so weit gewesen, dass eine Linien­be­stim­mung zwischen Fried­richs­ha­fen und Überlin­gen angestan­den habe. Zur Wahrheit gehöre aber auch: „Wir haben mehr Wünsche als wir erfül­len können. Straßen werden dort gebaut, wo Menschen die Straße auch haben möchten.“ Mit der Vorzugs­va­ri­an­te B1 sei man nun gut voran­ge­kom­men. Zustän­dig sei nun das Land Baden-Württem­berg. Die Erfah­run­gen mit der DEGES waren bisher positiv. 

Auch Herr Hellin­ger von der Straßen­bau­ver­wal­tung – Abtei­lung Bundes­fern­stra­ßen – mit Sitz in Bonn nahm per Video Stellung. Er trat Befürch­tun­gen entge­gen, dass alle Gutach­ten neu erstellt werden müssten. Aktua­li­sie­run­gen seien aller­dings notwen­dig. Ziel sei die Vorzugs­va­ri­an­te, wobei es aktuell fachlich auf eine 28 Meter breite Trasse (Q28) hinaus­lau­fe. Unfall­sta­tis­ti­ken belegen leider, dass schma­le Bundes­stra­ße ohne Stand­strei­fen gefähr­lich wären, auch für Mitar­bei­ter der Straßen­bau­ver­wal­tung und für Lenker von Pannen­fahr­zeu­gen. Die Richt­li­ni­en seien heute verbind­li­cher als früher und die gericht­li­che Kontrol­le ausgeprägter. 

Staat­s­e­kre­tär Theurer führte weiter aus: „Es muss rechts­feh­ler­frei abgewo­gen werden. Eingrif­fe in die Natur müssen ausge­gli­chen werden. Eventu­ell einge­spar­tes Geld für einen gerin­ge­ren Straßen­quer­schnitt kann nicht einfach für mehr Lärmschutz verwen­det werden, da es hierfür genaue gesetz­li­che Vorga­ben gibt.“

Alle Betei­lig­ten waren sich einig, dass der regio­na­le Konsens nun in die Tat umgesetzt werden müsse. Abwei­chun­gen könne es nur geben, wenn dies aus recht­li­chen Gründen zwingend notwen­dig sei. Dann soll es aber eine Rückkop­pe­lung zu den Bürger­meis­tern vor Ort geben.