BAD WALDSEE — „Mir geht es richtig gut, ich bin sehr glücklich und zufrieden“ – und das sieht man Traudl Walter auch an. Was man ihr aber nicht ansieht ist, dass sie vergangenen Freitag ihren 90. Geburtstag gefeiert hat – bei bester Gesundheit – mit ihrer Familie sowie Freunden und Vereinsvertreter, die ihr in ihrem wunderschönen Garten nach und nach gratulierten. Im Namen von Bürgermeister Matthias Henne überbrachten Johanna Hess und Brigitte Göppel die herzlichsten Glückwünsche sowie eine Glückwunschkarte, zwei Citybus-Gutscheine und einen Geschenkkorb. Anlässlich des 90. Geburtstags überreichte Johanna Hess zudem eine Urkunde von Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
Traudl Walter ist in Hohenelbe im Riesengebirge, im ehemaligen Sudentenland, mit zwei jüngeren Geschwistern aufgewachsen. Der Vater war Schlossgärtner; Traudl Walter wuchs sozusagen im Schlosspark auf, bis der Krieg zu Ende war. Dann wurde sie mit gerade mal 14 Jahren von ihrer Familie getrennt und für ein Jahr zur Zwangsarbeit auf einen tschechischen Bauernhof verschleppt. „Die Milch der Kühe hat mich am Leben erhalten, wir mussten nur arbeiten und haben fast nichts zu essen bekommen“, erinnert sich die Jubilarin an die schlimmste Zeit ihres Lebens zurück. Auch wussten ihre Eltern nicht, wo sie war und wie es ihr ging. Nach einem Jahr wurde sie von der Polizei zur Aussiedelung abgeholt. In Bayern fand die Familie Quartier in Berchtesgaden auf dem Obersalzberg, da es dort leere Barackenlager gab.
Da in Bayern zu dieser Zeit sehr viele Vertriebene lebten, gab es kaum Arbeit und so nahm Traudl Walter ein Angebot an und verpflichtete sich für drei Jahre in England in einer Weberei zu arbeiten. Aufgrund der extremen Lautstärke hat sie hier einen Hörschaden davongetragen. Nach zwei Jahren konnte sie wieder nach Deutschland zu ihrer Familie zurückkehren, die mittlerweile in Bad Waldsee wohnte. Hier fand sie bei der Firma Körtge und Bruns einen Arbeitsplatz, wo sie als Buchhalterin 15 Jahre arbeitete. Dann hat sie geheiratet und drei Töchtern das Leben geschenkt.
Auf ihre drei Töchter, Brigitte, Karin und Ingrid ist die immer noch unglaublich lebenslustige Frau sehr stolz und hierfür auch sehr dankbar. Auch auf ihre zwei Enkeltöchter und die beiden Enkelsöhne ist sie „mega“-stolz; mit strahlenden Augen schwärmt sie von ihnen.
1997 ist ihr Mann gestorben. Damals hätte sie sich nicht träumen lassen, dass sie nochmals einen Partner findet. Dieses für sie kleine Wunder passierte im Alter von 85 Jahren, beim Schwimmen im Maxibad. Bis „Corona“ ging sie dort jeden Sonntag um 7 Uhr für mindestens eine Stunde zum Schwimmen. Gemeinsam mit ihrem neuen Partner reiste sie mehrfach nach Teneriffa und gemeinsam genießen sie Zeit in den Bergen oder im Garten. Fit hält sie auch die tägliche Haus- und Gartenarbeit. „Ich brauch keinen Rollator, ich halte mich am Schubkarren fest“, scherzte Traudl Walter an ihrem 90. Geburtstag und zeigt auf ihren wunderschönen und blühenden großen Garten, den sie mit großer Leidenschaft immer noch selber pflegt. Diese Leidenschaft hat sie sicherlich von ihrem Vater geerbt. Bis vor wenigen Jahren hat sie auch noch das Gemüse selber angebaut, mit dem sie Jahrzehnte lang ihre Familie mit gesundem Essen vorsorgt hatte.
Auch in verschiedenen Vereinen war und ist Traudl Walter seit Jahrzehnten aktiv, dazu gehören der Turnverein (TG), und der Narrenclub Achstein, für den sie über viele Jahre hinweg als Fotografin tätig war, die Ski- und Bergsteigerzunft und natürlich der Gartenbauverein Bad Waldsee sowie der Bezirksverband für Obstbau, Garten und dem sie sich viele Jahre aktiv in der Vorstandschaft engagiert hat.